Sie ist die grosse Nummer an der Fussball-WM und trifft auch gegen Frankreich doppelt. Politisch inkorrekt ist sie obendrauf, damit kommen viele nicht klar. Die WM wird trotzdem zur Showbühne für Megan Rapinoe – und Donald Trump weiss die Vorkommnisse für sich zu nutzen.
«I'm not going to the fucking White House» (leicht abgeschwächt zu deutsch: «Ich werde nicht in das beschissene Weisse Haus gehen») – sagt US-Captain Megan Rapinoe angesprochen auf eine mögliche Einladung von Präsident Trump ins Weisse Haus, sollten die Amerikanerinnen Weltmeisterinnen werden. Die Aussage war nicht sonderlich geschickt, da mit dem F-Wort gespickt. Aber im Kern ist ihre Botschaft klar: 'Ich lasse mich nicht verbiegen.'
Rapinoe fordert gleiche Rechte für alle. Steht für Schwule und Lesben ein, will, dass Frauen – nicht nur im Fussball – die selben Chancen haben und für Gleiches gleich belohnt werden. Sie verurteilt Polizeigewalt und Rassismus. Und sie nutzt ihre Bekanntheit, um sich gegen die US-Administration, welche für sie in allen Punkten das Gegenteil dessen verkörpert, was ihr wichtig ist, aufzulehnen.
«Sei stolz auf die Fahne, die du trägst»
Präsident Trump wiederum lässt den Angriff nicht auf sich sitzen und kontert via Twitter: «Megan sollte erst GEWINNEN, bevor sie REDET.» Und er ergänzt: «Bring den Job zu Ende. Wir haben Megan oder das Team noch nicht eingeladen, aber jetzt lade ich das TEAM ein, egal ob es gewinnt oder verliert». Rapinoe solle «unser Land, das Weisse Haus oder die Flagge nicht missachten, insbesondere weil so viel für sie und das Team getan wurde. «Sei stolz auf die Fahne, die du trägst. Die USA machen es grossartig!»
Damit hat Trump teilweise auch recht. Die USA machen es an der WM tatsächlich grossartig, schalteten im Viertelfinal am Freitagabend Gastgeber Frankreich aus. Frau des Spiels: Megan Rapinoe mit zwei Treffern.
Die 33-Jährige macht das, was Sportler in solchen Situationen immer tun sollten: Auf dem Platz antworten. Dabei fliegt der Mittelfeldspielerin gerade in der Heimat wegen ihrer Positionen und öffentlicher Äusserungen einiges um die Ohren. Wer es wagt, sich gegen die patriotischen Werte und Pflichten zu stellen, etwa beim Abspielen der amerikanischen Nationalhymne demonstrativ nicht strammsteht, dem sind Ablehnung und Hass gewiss. Da spielt es keine Rolle, wer gerade Präsident ist.
So ist es wenig verwunderlich, und dennoch schockierend, welchen Kommentaren sich Rapinoe etwa auf Social Media ausgesetzt sieht. Dabei zeigt sich einmal mehr, was für ein grosses Problem diese Kanäle mit sich bringen: Es gibt kaum Grenzen, dem Hass wird nur zögerlich, wenn überhaupt, entgegengetreten. Und es zeigt sich, dass die USA – und mit ihr die Welt – noch weit weg von einer toleranten und offenen Gesellschaft sind.
Trump kann fast nicht verlieren
Bemerkenswert ist dagegen, dass die Angriffe und Diskussionen scheinbar spurlos an Rapinoe vorbeiziehen. Ihr ikonischer Jubel nach den Toren gegen Frankreich dürfte in die Geschichte eingehen. Zwei Siege fehlen den Amerikanerinnen noch zur Titelverteidigung. Zunächst geht es am kommenden Dienstag gegen England, dann würde im Anschluss im Endspiel einer der verbleibenden vier Viertelfinalisten warten: Deutschland, Holland, Italien oder Schweden.
Bis dahin wird noch viel über Trump und Rapinoe geredet werden. Der Präsident wird unabhängig des sportlichen Ausgangs eine Einladung ins Weisse Haus aussprechen – und die Reaktion der Spielerinnen zu seinen Gunsten nutzen: Folgt die Mannschaft der Einstellung ihres Captains, wird Trump die fehlende Demut und mangelnden Patriotismus anzukreiden wissen. Sollten die Spielerinnen der Einladung Folge leisten, wird er sich und seine grossartige Nation zelebrieren können.