Bahn frei für Saudi-Arabien Wird die WM-Vergabe zur Farce?

Von Jan Arnet

16.10.2023

Geht die WM 2034 in Saudi-Arabien über die Bühne?
Geht die WM 2034 in Saudi-Arabien über die Bühne?
Keystone

Die saudi-arabische Offensive im Fussball geht weiter. 2034 wollen die Saudis die WM ausrichten. Die Chancen dafür stehen sehr gut. Oder grätscht doch noch jemand dazwischen?

Von Jan Arnet

16.10.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Saudi-Arabien hat angekündigt, sich als Gastgeber der WM 2034 zu bewerben.
  • Die WM in elf Jahren kann weder in Europa noch Afrika oder Nord- und Südamerika über die Bühne gehen. Die Frage kommt auf, ob die FIFA absichtlich dafür gesorgt hat, dass sich die Chancen für die Saudis erhöhen.
  • Mit Indonesien und Australien könnte es nun aber doch noch Konkurrenz für Saudi-Arabien geben.

Mit Pauken und Trompeten verkündete die FIFA vergangene Woche, dass die WM 2030 in sechs Ländern auf drei Kontinenten ausgetragen werden soll. Das Turnier wird in Südamerika eröffnet und nach drei Spielen in Uruguay, Paraguay und Argentinien in Spanien, Portugal und Marokko fortgesetzt. Die Entscheidung muss im Mai noch vom FIFA-Council offiziell bestätigt werden.

«In einer geteilten Welt vereinen sich FIFA und Fussball», freute sich FIFA-Präsident Gianni Infantino bei der Vergabe – ohne auch nur ein Wort über die Probleme in Sachen Nachhaltigkeit, Transparenz und Menschenrechte zu verlieren. Stattdessen sprach er von einer «grossartigen Botschaft für Frieden, Toleranz und Integration».

Kritische Stimmen wurden schnell laut. Muss so ein Mega-Turnier in Zeiten des Klimawandels wirklich sein? Nun, man muss sich auch die Frage stellen, ob das alles ein ausgeklügelter Plan der FIFA ist, um die WM 2034 nach Saudi-Arabien zu bringen. 

WM 2034 in Saudi-Arabien so gut wie fix?

Vor einigen Jahren wurde ein Rotationsverfahren eingeführt. So sollen sich die Kontinentalverbände beim Ausrichten von Weltmeisterschaften abwechseln. Kontinentalverbände, die bereits die letzten beiden WMs ausgetragen hatten, werden im Bewerbungsverfahren ausgeschlossen.

2026 geht die WM in Nordamerika (USA, Mexiko, Kanada) über die Bühne. 2030 in Südamerika, Europa und Afrika. So dürfen sich für 2034 also nur Länder aus Asien und Ozeanien bewerben. Ein Schelm, wer denkt, die FIFA habe 2030 bewusst drei Kontinente ausgewählt, um die Chancen für Saudi-Arabiens WM-Bewerbung vier Jahre später zu erhöhen?

FIFA-Präsident Gianni Infantino (Mitte) an der WM 2018 in Russland im Gespräch mit Mohammed bin Salman, dem Kronprinzen von Saudi-Arabien, und Russlands Machthaber Wladimir Putin.
FIFA-Präsident Gianni Infantino (Mitte) an der WM 2018 in Russland im Gespräch mit Mohammed bin Salman, dem Kronprinzen von Saudi-Arabien, und Russlands Machthaber Wladimir Putin.
imago

Die Saudis haben jedenfalls nur knapp eine Stunde nach Verkündung der WM-Gastgeber für 2030 mit einem Hochglanz-Video angekündigt, sich als Gastgeber für die Weltmeisterschaft 2034 zu bewerben. An Geld und Kontakten mangelt es nicht. Gianni Infantino pflegt seit Jahren enge Verbindungen zu Saudi-Arabien.

Sportswashing der Saudis findet kein Ende

Man strebe danach, ein Weltklasse-Turnier auszurichten und lasse sich dabei «vom anhaltenden sozialen und wirtschaftlichen Wandel Saudi-Arabiens und der tief verwurzelten Leidenschaft des Landes für Fussball inspirieren», teilte der nationale Fussballverband SAFF mit.

Jedoch steht Saudi-Arabien – noch mehr als Katar – aufgrund von Menschenrechtsverletzungen stark in der Kritik. Dem Land wird vorgeworfen, durch die milliardenschweren Investitionen in den Sport sein Image aufpolieren zu wollen. Stichwort Sportswashing.

Insbesondere im Fussball gehen die Saudis in die Offensive. Die Transfers von Superstars wie Cristiano Ronaldo, Neymar und Karim Benzema in die Saudi Pro League sind ein Beispiel hierfür. Das Land hat sich auch schon die Austragung der FIFA-Klub-WM 2023 und der Asienmeisterschaft 2027 gesichert. Darüber hinaus finden in Saudi-Arabien unter anderem ein Formel-1-Rennen, bedeutende Boxkämpfe und eine eigene Golf-Serie statt.

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Indonesien und Australien bringen sich in Position

Noch ist die WM 2034 aber nicht vergeben. Und offenbar gibt es auch einen Herausforderer für Saudi-Arabien. Indonesien zeigt grosses Interesse daran, sich gemeinsam mit Australien für die Ausrichtung des Turniers zu bewerben. Zwei weitere Länder könnten sich noch anschliessen.

«Wir diskutieren mit Australien», bestätigte der indonesische Verbandspräsident Erick Thohir im «Sydney Morning Herald». Und: «Als ich Malaysia und Singapur besucht habe, bekundeten beide Länder ihr Interesse, sich anzuschliessen.» Auch eine Gastgeber-Gruppe aus Indonesien, Australien und Neuseeland scheint möglich.

Man sei noch offen für diese Optionen, da der Bewerbungsprozess noch einige Wochen andauere, meinte Thohir. Gespräche gebe es allerdings schon seit März. Die Australier hätten «erneut darum gebeten, dass wir es ernsthaft angehen». Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 31. Oktober.

Bisherige Ausrichter und Titelträger der WM

  • 1930 – Ausrichter: Uruguay, Sieger: Uruguay
  • 1934 – Ausrichter: Italien, Sieger: Italien
  • 1938 – Ausrichter: Frankreich, Sieger: Italien
  • 1950 – Ausrichter: Brasilien, Sieger: Uruguay
  • 1954 – Ausrichter: Schweiz, Sieger: Deutschland
  • 1958 – Ausrichter: Schweden, Sieger: Brasilien
  • 1962 – Ausrichter: Chile, Sieger: Brasilien
  • 1966 – Ausrichter: England, Sieger: England
  • 1970 – Ausrichter: Mexiko, Sieger: Brasilien
  • 1974 – Ausrichter: Deutschland, Sieger: Deutschland
  • 1978 – Ausrichter: Argentinien, Sieger: Argentinien
  • 1982 – Ausrichter: Spanien, Sieger: Italien
  • 1986 – Ausrichter: Mexiko, Sieger: Argentinien
  • 1990 – Ausrichter: Italien, Sieger: Deutschland
  • 1994 – Ausrichter: USA, Sieger: Brasilien
  • 1998 – Ausrichter: Frankreich, Sieger: Frankreich
  • 2002 – Ausrichter: Japan/Südkorea, Sieger: Brasilien
  • 2006 – Ausrichter: Deutschland, Sieger: Italien
  • 2010 – Ausrichter: Südafrika, Sieger: Spanien
  • 2014 – Ausrichter: Brasilien, Sieger: Deutschland
  • 2018 – Ausrichter: Russland, Sieger: Frankreich
  • 2022 – Ausrichter: Katar, Sieger: Argentinien
  • 2026 – Ausrichter: USA/Kanada/Mexiko
  • 2030 – Ausrichter: Spanien, Portugal, Marokko, Uruguay, Argentinien, Paraguay