Portugal – Holland WM 2006: Die Schlacht von Nürnberg – «Es war wie Krieg»

Aus Porto: Patrick Lämmle

8.6.2019

Am Sonntag kommt es im Nations-League-Final zum Duell zwischen Portugal und Holland. Aus diesem Anlass blicken wir noch einmal zurück auf eines der packendsten WM-Spiele überhaupt.

An der Sommermärchen-WM in Deutschland trafen Portugal und Holland im Achtelfinale aufeinander. Es war ein Spiel, das selbst bei den neutralen Zuschauern den Puls in die Höhe schnellen liess. Die Portugiesen gingen in der 24. Minute entgegen dem Spielverlauf durch Maniche 1:0 in Führung. Es sollte das einzige Tor der Partie bleiben. Davor und danach vergaben die Holländer reihenweise Hochkaräter und schenkten so den Portugiesen den ersten WM-Viertelfinal-Einzug seit 40 Jahren.

Doch was wirklich in Erinnerung bleibt, sind die unzähligen Karten, die der russische Schiedsrichter Valentin Ivanov zückte. Vier Gelb-Rote und acht Gelbe Karten um es genau zu nehmen – eine unrühmliche WM-Rekordmarke. Und es hätten gut und gerne noch drei weitere Platzverweise geben können. Die Portugiesen Luis Figo, Nuno Valente und der Niederländer Wesley Snijder standen wegen Tätlichkeit oder groben Foulspiels am Rande eines Platzverweises.

Alle Karten auf einen Blick.
Alle Karten auf einen Blick.
Bild: Getty

Der damalige Trainer von Portugal, Luiz Felipe Scolari, meinte nach der Partie: «Das hat mich an südamerikanische Verhältnisse erinnert. Es war wie im Krieg und mir fehlen jetzt mindestens zwei Spieler.» Am Ende fehlten ihm nur die Gesperrten. Ronaldo, der in der ersten Halbzeit verletzt raus musste, konnte im Viertelfinal gegen England wieder mitwirken.

Mit Tränen in den Augen verlässt der hart angegangene Ronaldo den Platz.
Mit Tränen in den Augen verlässt der hart angegangene Ronaldo den Platz.
Bild: Getty

Auch Hollands Rafael van der Vaart war nach Spielschluss fassungslos: «So ein schmutziges Spiel habe ich noch nie erlebt. Aber nicht nur der Schiedsrichter hatte Schuld, sondern beide Mannschaften.» Goalie-Legende Edwin van der Sar teilte Letzteres nicht. «Der Schiedsrichter hat das Spiel zerstört», gab er sichtlich angefressen zu Protokoll und Ruud van Nistelrooy giftelte: «Der Schiedsrichter hat die Karten gar nicht mehr weggesteckt. Er hat sie in der Hand gehalten, um sie jedem zu zeigen.» Und die niederländische Tageszeitung «Volkskrant» schreib von einer «makaberen Parodie auf Fussball».

Ein Bild für die Ewigkeit – Rotsünder unter sich

Mit dem Schlusspfiff waren die Gehässigkeiten dann allerdings wie verflogen, die Spieler verabschiedeten sich äusserst respektvoll. Unvergessen auch, wie drei des Feldes verwiesene Spieler, zwei Holländer und ein Portugiese, das Spiel vereint im «Schämieggeli» verfolgen.

Wenn das Spiel am Sonntag Abend nur halb so viel Drama bietet, dann lohnt es sich immer noch den TV einzuschalten. Seither sind sich die Mannschaften noch dreimal gegenübergestanden, zuletzt vor etwas über einem Jahr in Genf. In einem Testspiel zwölf Wochen vor der WM führten die nicht für die WM qualifizierten Holländer die mit Cristiano Ronaldo angetretenen Portugiesen vor. Memphis Depay (11. Minute), Ryan Babel (32.) und Virgil van Dijk (45.+2) sorgten schon in der ersetn Halbzeit für klare Verhältnisse – sie alle werden auch am Sonntag wieder auf dem Platz stehen. Und ja, eine Rote Karte gab es auch in diesem «Freundschaftsspiel» – in der 61. Minute flog João Cancelo vom Platz.

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