Spiele in den grössten Stadien Frankreichs, Hunderte Millionen vor dem TV und Tickets, die bis zu 1000 Franken kosten: Die am Freitag beginnende Rugby-WM ist einer der grössten Sportanlässe der Welt.
Auch von der Schweiz aus lässt sich das Turnier gut verfolgen. Der kurzfristige Gang an ein Spiel ist zwar fast unmöglich, auch wenn Lyon oder Paris von der Schweiz her leicht zu erreichen wären; alle 48 Partien sind längst ausverkauft. Aber am TV lässt sich das Turnier bestens verfolgen – vorausgesetzt, man bringt einige Grundkenntnisse mit.
Was wird gespielt?
Rugby gibt es in verschiedenen Varianten. An den Olympischen Spielen treten je sieben Spieler in zweimal sieben Minuten gegeneinander an. An der bevorstehenden WM wird die populärste Form gespielt: 15 gegen 15. Jede Halbzeit dauert 40 Minuten. Lange Zeit war das 1823 vom englischen Geistlichen William Webb Ellis erfundene Rugby ein reiner Amateursport. Erst seit 1995 sind auch Profis erlaubt. Die bestbezahlten Spieler verdienen etwa eine Million Franken jährlich. Die WM wird seit 1987 alle vier Jahre durchgeführt.
Was sind die wichtigsten Regeln?
Der knapp ein halbes Kilo schwere, ovale Rugby-Ball darf mit den Händen nur nach hinten gepasst werden. Mit den Füssen ist es erlaubt, nach vorne zu spielen. Wird ein Spieler mit dem Ball zu Boden gebracht, muss er das «Ei» freigeben. Verteidigende Spieler können dann nach dem Ball greifen, aber nur, wenn sie mit beiden Füssen auf dem Boden stehen und sich auf ihrer Seite der Verteidigungslinie, der auch aus dem American Football bekannten «Scrumage Line», befinden. Schutzausrüstungen wie Helme oder Schulterpolster sind ausdrücklich verboten.
Wie wird gepunktet?
Fünf Punkte gibt es für einen Try. Dabei wird der Ball in die generische Torzone getragen. Die Punkte-Ausbeute kann durch einen gelungenen Kick zwischen die Torstangen (Conversion) auf sieben erhöht werden. Drei Punkte gibt es für ein Dropgoal, einen Kick aus dem Spiel heraus, oder durch einen Strafkick. Der Strafkick wird nach grösseren Regelverstössen ausgesprochen; kleinere Vergehen wie ein fallengelassener Ball werden mit einem Scrum geahndet.
Was ist ein Scrum?
Über den Scrum gibt es im englischsprachigen Raum ganze Abhandlungen, was von seiner Wichtigkeit und Komplexität zeugt. Acht Spieler jeder Mannschaft stellen sich in drei Reihen auf und drücken gegeneinander. Die gefoulte Mannschaft rollt den Ball ins Gedränge, wo er mit den Füssen nach hinten geschoben werden muss und dort wieder aufgenommen werden kann. Der Schiedsrichter achtet speziell genau, dass im Scrum die Regeln eingehalten werden. Deshalb wird dieser auch oft mehrmals wiederholt. Auf beiden Seiten stossen auf höchstem Niveau rund 1000 Kilogramm Masse gegeneinander.
Welche Positionen gibt es?
Im Rugby sind die Positionen der Spieler beim Anpfiff an den Trikotnummern von 1 bis 15 abzulesen. Dabei gilt in etwa «je tiefer die Nummer, desto höher das Gewicht». Die ersten acht sind Stürmer, die anderen sieben Verteidiger. Diese Bezeichnungen beziehen sich aber auf ihre Position und nicht auf ihre Aufgaben. Der Grossteil der Stürmer ist in erster Linie für die Eroberung und die Sicherung des Balles zuständig, die Verteidiger eher für das Kreative.
Wer verteilt das Spiel?
Eine Position von überragender Wichtigkeit wie im American Football mit dem Quarterback gibt es im Rugby nicht, aber der Fly-half (die Nummer 10) und der Scrum-half (die Nummer 9) sind jene Spieler, die den Rhythmus vorgeben. Ersterer sorgt aus einer zurückgezogenen Position oft mit Kicks für Raumgewinne oder orientiert das Spiel. Der Scrum-half spielte normalerweise den ersten Pass nach einer stehenden Situation.
Wer sind die Stars?
Geht es nach den Gastgebern, wird Antoine Dupont der Star des Turniers. Der 26-jährige Scrum-half ist für viele der derzeit beste Spieler der Welt und soll Frankreich zum ersten WM-Titel führen. Bereits am Freitag im Eröffnungsspiel kommt es zum Duell mit Neuseeland und dessen beeindruckendem Fly-half Richie Mo'unga. Das Quartett der am meisten genannten Titelkandidaten komplettieren der Weltranglisten-Erste Irland um den 38-jährigen Spielmacher Jonny Sexton und Titelverteidiger Südafrika, der mit dem zwei Meter grossen und 130 Kilogramm schweren Eben Etzebeth eine der physisch eindrücklichsten Rugby-Figuren in seinen Reihen zählt.
obe, sda