Tafelsilber in die USA verkauft Warum sich Barça den Lewandowski-Transfer plötzlich leisten kann

Von Tobias Benz

20.7.2022

Wechselt dank einer Finanzspritze aus den USA zu Barcelona: Robert Lewandowski.
Wechselt dank einer Finanzspritze aus den USA zu Barcelona: Robert Lewandowski.
Bild: Getty Images

Lewandowski, Raphinha, Christensen, Kessié – der FC Barcelona feuert auf dem Transfermarkt volle Breitseite. Aber wie ist das bei dem Schuldenberg möglich? Tatsächlich kommt die Transfer-Offensive der Katalanen zu einem enormen Preis.

Von Tobias Benz

20.7.2022

«Barça ist der einzige Klub der Welt, der kein Geld hat, aber jeden Spieler kauft, den er will. Es ist irgendwie komisch, irgendwie verrückt», wundert sich Bayern-Coach Julian Nagelsmann nach dem Lewandowski-Abgang über die zahlreichen Neuzugänge bei den Katalanen.

Und tatsächlich, seit Veröffentlichung eines monumentalen Schuldenbergs von 1,35 Milliarden Euro im vergangenen Oktober, hat der FC Barcelona alleine für Raphina, Torres und Lewandowski 158 Millionen Euro ausgegeben. Die Einnahmen halten sich im selben Zeitraum mit 25,5 Millionen in Grenzen. Wie ist das möglich?

Finanzielle Notlösung

Hinter dem plötzlichen Geldsegen steckt wie so oft im Fussball ein neuer Investor. Im Falle von Barcelona sogar deren zwei. Und es könnten noch mehr werden.

Zum einen schloss der Traditionsklub einen lukrativen Werbevertrag mit Spotify ab, der über die nächsten vier Jahre rund 300 Millionen Euro in die katalanischen Kriegskassen spülen soll. Zum anderen hilft ihnen der Einstieg der US-Investmentfirma «Sixth Street».

Wobei sich diese Zusammenarbeit für die Katalanen in ein paar Jahren als folgenschwerer Fehltritt entpuppen könnte. Zwar pumpten die Amerikaner Anfang Juli auf einen Schlag 207,5 Millionen Euro in den Verein und garantierten eine weitere Zahlung von 59,5 Millionen (insgesamt 267 Millionen) über einen nicht bekannten Zeitraum, als Gegenleistung opfert Barcelona aber kostbares Tafelsilber.

Auf den 30. Juni wurden der Investmentfirma nämlich 10 Prozent der TV-Erlöse über die nächsten 25 Jahre abgetreten. Eine der wichtigsten Einnahmequellen des Vereins. Aber damit nicht genug. Um Barcelona mit Neuverpflichtungen wieder zu einer «wettkampffähigen Mannschaft» zu machen – wie Präsident Joan Laporta betonte –, hat die Mitgliederversammlung zudem dem Verkauf von 49,9 Prozent des Bereichs Lizenzierung und Merchandising zugestimmt. Und auch ein Verkauf von weiteren 15 Prozent der TV-Rechte an etwaige andere Interessenten wurde abgesegnet. Insgesamt will der Verein damit kurzfristig bis zu 600 Millionen Euro einnehmen.

Barça-Präsident Joan Laporta setzt für kurzfristige Erfolge die Zukunft des Vereins aufs Spiel.
Barça-Präsident Joan Laporta setzt für kurzfristige Erfolge die Zukunft des Vereins aufs Spiel.
Bild: Getty

(K)Eine «nachhaltige» Lösung?

Damit kann sich Barça die 158 Millionen für Raphinha, Torres und Lewandowski problemlos leisten, und es überrascht auch nicht, dass die «Culers» mit Marcos Alonso, Cesar Azpilicueta und Jules Koundé bereits die nächsten drei Top-Spieler anvisieren.

Die Transfer-Offensive ist so ausgeprägt, dass sich Spieler wie Memphis Depay (seit 2021 bei Barça) bereits als Reservisten wiederfinden.

Inwiefern sich diese risikobehaftete Strategie auszahlt und wie sinnvoll die kurzfristig aufgetriebenen Gelder auf dem Transfermarkt statt im Bereich der Schuldentilgung investiert sind, soll jeder Fan für sich selbst entscheiden. Präsident Laporta ist auf jeden Fall überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nachdem er einen TV-Rechte-Verkauf vor Monaten noch als «Notlösung» bezeichnete, verkündete der gebürtige Katalane nach Bekanntgabe des Verkaufs stolz: «Wir aktivieren wirtschaftliche Hebel und setzen damit unsere geduldige, nachhaltige und effiziente Strategie um, um die finanzielle Basis des Klubs zu stärken.»

Welche «nachhaltige und effiziente» Strategie der FC Barcelona in den letzten Jahren bereits verfolgte, kannst du hier nachlesen.