Pressestimmen zum Rücktritt «Der Planet kann mehr Sebastian Vettels vertragen» – «Er hat einfach die Schnauze voll»

DPA/jar

29.7.2022

Der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel gab am Donnerstag bekannt, seine Karriere in der Formel 1 nach dieser Saison zu beenden. So reagiert die Presse auf den Rücktritt des Aston-Martin-Pilots.

DPA/jar

Deutschland

«Bild»

«Vettel hat den Zeitpunkt verpasst! Das Vettel-Aus war längst überfällig. Er hätte gehen sollen, als es am schönsten war. 1040 Tage lagen zwischen Sebastian Vettels letztem Sieg in der Formel 1 und seinem Rücktritt. Zu viele. Zehn Rennen wird er noch fahren. Ein Sieg wird eher nicht dazukommen. Dazu bräuchte es in seiner grünen Aston-Martin-Gurke ein wahres Formel-1-Wunder! 

Unser viermaliger Weltmeister tritt im Mittelfeld ab. Wenn überhaupt. Ein unwürdiges Ende am Tiefpunkt einer Karriere, die eigentlich voller Höhepunkte war. (...) Vettel dümpelt aktuell in der Fahrer-WM mit 15 Punkten auf Platz 14 herum. Ein solches Ende wird ihm nicht gerecht. Er hätte schon am Ende der Saison 2019 Schluss machen sollen. Als es am schönsten war.»

«Motosport Magazin»

«Für das sportliche Vermächtnis ist es bitter, dass Vettel seine Erfolge so früh holte. In einer so schnelllebigen Zeit tendieren die Leute dazu, seine frühen Leistungen zu vergessen. Das wird dem Sportler Sebastian Vettel aber nicht gerecht. Egal was man menschlich von ihm halten mag: Sportlich zählt er zu den grössten, die die Formel 1 je hervorgebracht hat. Ich finde es schade, dass das beim Rücktritt fast zur Nebensache wurde.»

«Sportbuzzer»

«Zu erkennen, wenn es an der Zeit ist, seine Karriere zu beenden: Nicht viele Sportler verfügen über diese uneitle Eigenschaft – Sebastian Vettel schon. Und dafür verdient der 35-Jährige einfach nur Respekt. Vettel hat in seiner Laufbahn in der Formel 1 alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Er ist viermaliger Weltmeister, hält noch heute unzählige Rekorde. Der Heppenheimer hat es sich redlich erarbeitet, wohlbehalten in den Ruhestand gehen zu können, ohne dass nur der Hauch eines Zweifels an seiner Bedeutung für den deutschen Motorsport aufkommt.»

«Augsburger Allgemeine»

«Der Rücktritt von Sebastian Vettel war nur eine Frage von Tagen oder Wochen. Der viermalige Weltmeister hat sich von seinem Sport entfremdet. (...) Überraschend kommt die Entscheidung nicht. Sie ist nur eine logische Folge der Entwicklung, die der Heppenheimer in den vergangenen Monaten und Jahren genommen hat. Vettel hat sich für Menschenrechte, für Bienen und den Umweltschutz engagiert.

Vettel hat die einzig richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen. Wir können uns freuen auf einen weiterhin kritischen Sebastian, den bohrenden und manchmal nervenden Vettel. Nun eben nicht mehr auf dem Asphalt, sondern im Einsatz für die Umwelt oder für andere Projekte. Der Planet kann mehr Sebastian Vettels vertragen.»

Schweiz

«Blick»

«Vettel, der in den letzten Jahren mit seinen Aktionen oft auch aneckte, hat einfach die Schnauze voll, will seinen heranwachsenden Kindern ein Vorbild sein und die Versprechungen, dass es 2023 besser wird, wenn die eingekauften Ingenieure von Mercedes und Red Bull das Auto schneller machen sollen, waren Vettel zu wenig eine Garantie für den Erfolg.»

«NZZ»

«Der Motorsport verliert einen grossen Sportler – und einen mündigen Athleten. Da ist etwas erloschen. Seit er Red Bull Racing verlassen hat, wo er zu Beginn der 10er-Jahre der erste hausgemachte Champion und damit das Modell für Max Verstappen war, ist er nicht mehr richtig glücklich geworden.»

Sebastian Vettel sagt der Formel 1 nach dieser Saison Tschüss.
Sebastian Vettel sagt der Formel 1 nach dieser Saison Tschüss.
Getty

Grossbritannien

«Telegraph»

«Sebastian Vettel war der prinzipientreue, aber bockige Star, der Red Bull F1 zum Königshaus machte. Ob Vettel zu den 20 besten Fahrern aller Zeiten gehört, ist umstritten, aber die Zuneigung, die ihm seine Kollegen entgegenbringen, ist unbestreitbar. Der Deutsche (...) war schon immer ein bisschen anders. (...) Vettel war in vielerlei Hinsicht eine seltsame Wahl, um ein freches, junges Red-Bull-Team anzuführen, bei dem es nur um Image und Marke ging. Aber sie waren zweifellos eine brillante Kombination.»

«Independent»

«Vom Klimaaktivisten und Kämpfer für LGBT+-Rechte bis hin zum Müllsammler und Kriegskritiker – Sebastian Vettel sieht sich seit Langem als mehr als nur ein Rennfahrer. Die unvermeidliche Ankündigung, dass der jüngste F1-Weltmeister der Geschichte am Ende dieser Saison in den Ruhestand treten wird, hat jedoch viele schockiert.

Nach einem 300. und letzten Grand Prix in Abu Dhabi im November – eine passende Zahl zum Abschluss – könnten die weitreichenden Interessen und Leidenschaften des Deutschen ihn offen gesagt überall hinführen. Boxengasse, Politik, Aktivismus, Philanthropie, Medien – was auch immer. Vettel liegt die Welt zu Füssen und es gibt – um den Mann selbst zu zitieren – noch ein Rennen zu gewinnen. Nur die Zeit wird zeigen, was dieses Rennen sein wird.»

Italien

«Gazzetta dello Sport»

«Der Tag, an dem ein Fahrer, der vier Formel-1-Weltmeisterschaften gewonnen und sechs Jahre lang für Ferrari gefahren ist, seinen Rücktritt bekannt gibt, kann nur Wehmut hervorrufen. (...) Im Laufe der Zeit hat Vettel auch noch etwas anderes in die Formel 1 gebracht, die er so sehr geliebt hat: die Reife eines Familienvaters, die Sensibilität eines Menschen, der sozialen Fragen schon immer Aufmerksamkeit geschenkt hat, den Mut eines Menschen, der bereit ist, gegen jede Diskriminierung anzukämpfen. (...) Es ist kein Zufall, dass gestern, nach Bekanntgabe seines Rücktritts, die gesamte GP-Welt (und nicht nur die) ausschliesslich schöne Worte für ihn hatte. Es ist schwer, sie nicht zu teilen.»

Spanien

«AS»

«In Deutschland hat Vettel nie die Begeisterung ausgelöst, die seinem Vorgänger, Kaiser Schumacher, zuteil wurde. Aber er gehört zweifellos zum absoluten Adel der Formel 1. Er fuhr seinerzeit im besten Wagen, das stimmt, und bei zwei seiner WM-Titel (2011 und 2013) hatte er überhaupt keine Konkurrenz. Aber er hat gegen den besten Alonso und gegen Meister wie Hamilton und Button gekämpft.»

«Marca»

«Vettel geht als umstrittener vierfacher Weltmeister. Er verfügt über einen der besten Lebensläufe in der Formel 1, aber er steht unter dem Verdacht, dass er dies einem total dominanten Auto zu verdanken hat (...) Mit Ferrari hatte er 2017 und 2018 einen Sieger-Wagen, aber da hat es ihm an Führungsqualitäten und Wagemut gefehlt. Das ist das, was ihm am meisten vorgeworfen wird: Dass er im Gegensatz zu echten Champions nie besser als sein Fahrzeug war.»