Sebastian Vettel erlebt den nächsten Formel-1-Frusttag. In der Qualifikation von Silverstone scheidet der Ferrari-Pilot chancenlos vorzeitig aus. Nico Hülkenberg wird sensationell Dritter.
Seine Sensationsfahrt in Silverstone verblüffte Nico Hülkenberg selbst. «Ich bin ein bisschen überrascht, habe aber ein grosses Lächeln im Gesicht», kommentierte der furiose Formel-1-Vertretungsfahrer bei Racing Point seinen fulminanten dritten Platz in der Qualifikation hinter dem Mercedes-Duo Valtteri Bottas und Lewis Hamilton. «Das war ein Highlight, es ist aber nicht die Zeit, sich zu früh zu freuen.»
Als Hülkenberg am Jubiläumswochenende ein Glanzlicht setzte, gab Sebastian Vettel längst die nächsten Frust-Interviews. Der viermalige Weltmeister verpasste am Samstag bereits zum zweiten Mal in seiner Ferrari-Abschiedssaison die Top Ten und schloss die Qualifikation zum Grand Prix von England nur als Zwölfter ab.
Eine nachträgliche Strafe gegen Esteban Ocon von Renault lässt ihn aber einen Platz nach vorne rücken. «Egal, was ich probiere, ich mache da keinen bedeutenden Schritt vorwärts», konstatierte Vettel bitter bei Sky. «Das war alles, was ich zu geben hatte. Das war alles, was in dem Wagen gesteckt hat.»
Ersatzfahrer Hülkenberg darf vom Podest träumen
Selbst im Wagen von Hülkenberg steckt so viel mehr. Der Ersatzmann für den am Coronavirus erkrankten Mexikaner Sergio Perez dürfte nun sogar den ersten Podestplatz seiner Karriere anpeilen – nach 177 erfolglosen Versuchen. «Diese Woche habe ich mich wesentlich besser gefühlt, ich habe aber auch viel Respekt vor morgen», sagte Hülkenberg, der letztmals 2016 in Österreich Dritter in der Qualifikation geworden war und am vergangenen Sonntag wegen eines Kupplungsschadens nicht starten konnte. «Die letzte Runde von Nico war wirklich besonders», lobte Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer.
Die Pole schnappte sich diesmal nicht Lewis Hamilton, sondern sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas. Der Finne war gerade mal 63 Tausendstelsekunden schneller als der englische WM-Spitzenreiter und geht von ganz vorne in das Event am Sonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky), das an 70 Jahre Grand-Prix-Geschichte erinnert. «Valtteri hat einen grossartigen Job gemacht, von meiner Seite war es nicht die perfekte letzte Runde», befand Hamilton.
Vettel: «Nicht auf einen grünen Zweig gekommen»
Vettel war einfach nur desillusioniert. «Ich bin damit zufrieden, was ich aus dem Auto herausgeholt habe, mehr bleibt mir nicht übrig», kommentierte der 33-Jährige. Vettel hatte gehofft, eine Woche nach dem ersten Grand Prix in England mit seinem störrischen Ferrari Fortschritte zu machen - in der Startplatzjagd war davon nichts zu sehen. Um überhaupt die zweite K.o.-Runde zu überstehen, entschied sich der Kommandostand, den Wagen des viermaligen Weltmeisters aus Hessen mit der ganz weichen und schnellsten Reifenmischung auszustatten. Dennoch reichte es nicht für die Top Ten. Vettel fehlten 0,193 Sekunden, um weiterzukommen.
Er hatte sich schon durch das Training geschleppt. Der vorläufige Gipfel war für ihn die zweite Einheit, als ihn ein Motorschaden ausbremste. Ferrari liess dann vorsorglich auch bei Scuderia-Stallrivale Charles Leclerc den Antrieb austauschen. «Ich denke, ich bin lange genug dabei und habe sehr viel probiert, wir sind in den zwei Wochen bis jetzt aber nicht auf einen grünen Zweig gekommen», sagte Vettel enttäuscht bei RTL.
In der WM-Wertung liegt Hamilton (88 Punkte) vor Bottas (58) und steuert unbeirrt auf seinen siebten WM-Titel zu. Damit würde der 35-Jährige mit Rekordchampion Michael Schumacher gleichziehen. Vettel ist in der Fahrerwertung 13. – mit 78 Zählern weniger als Hamilton.