Die Formel 1 scheint endlich auch bei den US-Sportfans anzukommen. Das Debüt in Miami wirkt schon vorab wie ein grosser Erfolg für die Rennserie. Das liegt wohl auch an einer Netflix-Serie.
Das frische Asphaltband am Football-Tempel der Miami Dolphins bereitet selbst Rekordchampion Lewis Hamilton so etwas wie kindliche Vorfreude. «Es ist nervenaufreibend, das ist ein riesiges Ereignis für uns», schwärmt der Mercedes-Superstar vor der Premiere der Formel 1 in Floridas schillernder Metropole.
Ein Hype in amerikanischer Übergrösse umgibt das nächste Grand-Prix-Wochenende, nach Jahrzehnten des Desinteresses fühlt sich die Rennserie im Herzen der US-Motorsportfans angekommen. In angeblich nur 40 Minuten waren die sündteuren Tickets für das Rennen am Sonntag ausverkauft.
Am Rand der 5,412 Kilometer langen Strecke finden sich eine kleine Marina mit Jachten und ein künstlicher Strand mit Pools. Die Kulisse in Miami erinnert dabei an einigen Stellen an ein potemkinsches Dorf. In den sozialen Medien ging ein Video viral, der diesen Umstand auf die Schippe nimmt.
«Ich habe nie verstanden, warum die Leute sich hier nicht für die Formel 1 interessiert haben. Es ist einfach toll zu sehen, dass wir das geknackt haben und es eine wachsende Liebe in den Staaten gibt», so Hamilton. Der 37-jährige Superstar war lange der einzige Formel-1-Pilot, der einem grösseren US-Publikum bekannt war. Zum Start der Rennwoche lud ihn die populäre Frühstücksshow «Good Morning America» zum Gastauftritt an den New Yorker Times Square.
«Drive to survive» als Türöffner
Doch inzwischen kennen immer mehr Sportfans in den USA auch den Rest des Fahrerfelds. Grund dafür ist neben dem seit 2012 jährlichen Gastspiel im texanischen Austin und der erfolgreichen PR-Kampagne der amerikanischen Formel-1-Eigentümer vor allem die Netflix-Serie «Drive to survive». Die rasant geschnittene Doku zeichnet seit vier Jahren jede Saison in einer Staffel nach und hat der Königsklasse vor allem in den USA ein neues, junges Publikum verschafft.
So wurden sogar Figuren wie Haas-Teamchef Günther Steiner mit seinen derben Flüchen zu Stars. Wohl auch deshalb hatten die Veranstalter in Miami zunächst sogar neben der Fahrerparade eine Ehrenrunde für die Teamchefs geplant. Inzwischen findet sich dieser Programmpunkt aber nicht mehr.
Miami verspricht «gutes, altes Rennfahren»
Auch so soll das Miami-Debüt ziemlich aussergewöhnlich werden. «Auch Leute, die schon bei anderen Rennen waren, sollen denken: Das ist anders, das macht Spass, das ist aufregend», findet Chef-Organisator Tom Garfinkel. VIP-Gäste werden im hochmodernen Trainingszentrum der Miami Dolphins empfangen. Bei einer Reihe von Konzerten treten Musikstars wie Post Malone, Kygo und The Chainsmokers auf.
Bestes Entertainment soll auch die temporäre Piste bieten. Bis zu 320 Stundenkilometer in der Spitze sollen die Autos erreichen. Zwischen den 19 Kurven werde es einige gute Überholchancen geben, urteilt Alfa-Romeo-Pilot Valtteri Bottas nach den Tests im Simulator. «Das sollte gutes, altes Rennfahren werden», hält der Finne fest. «Es sieht ziemlich fantastisch aus. Viele schnelle Kurven, echt herausfordernd, ungewöhnliche Kurven, extrem lange Kurven, sehr lange Geraden», schildert Alpha-Tauri-Fahrer Pierre Gasly seine Eindrücke.
Die gehobene Stimmung von Lewis Hamilton auf dem Weg nach Miami könnte indes nicht nur mit der Begeisterung für den Sonnenstaat zu tun haben. Auch ein Blick in die Statistik mag dem zuletzt meist frustrierten Silberpfeil-Piloten gute Laune machen. Schliesslich hat sein Mercedes-Team seit 2014 jedes der sechs Debütrennen auf einer neu gebauten Strecke gewonnen.