In vier Jahren zu den Olympischen Spielen Der schnelle Weg zu den Olympischen Spielen

spg, sda

18.2.2022 - 20:00

Nadja Wenger (hinten) erlebt am Samstag im Massenstartrennen ihre Olympia-Premiere
Nadja Wenger (hinten) erlebt am Samstag im Massenstartrennen ihre Olympia-Premiere
Keystone

Obwohl Nadja Wenger erst seit vier Jahren Eisschnelllauf betreibt, feiert die 30-jährige Luzernerin am Samstag im Massenstart ihre Olympia-Premiere. Eine erstaunliche Geschichte.

18.2.2022 - 20:00

Nadja Wenger kommt vom Inline. Es gibt viele aus dieser Sportart, die erfolgreich zum Eisschnelllauf gewechselt haben, schliesslich besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Einer davon ist auch ihr Bruder Livio, der im Januar im Massenstart EM-Silber gewonnen hat und am Samstag in dieser Disziplin zu den Medaillenkandidaten gehört.

Aussergewöhnlich ist aber, dass es Nadja Wenger so rasch an Olympische Spiele geschafft hat. Den Wechsel nahe legte ihr Livios Trainer Kalon Dobbin, der keinen Grund sah, wieso es nicht auch sie schaffen sollte. «Wer hätte gedacht, dass er tatsächlich Recht behält», sagte Nadja Wenger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Sie selber zunächst jedenfalls nicht. «Am Anfang ist mir der Wechsel sehr schwer gefallen, die ersten Monate verliefen harzig. Ich fing an zu zweifeln, erzielte dann aber rasch Fortschritte», erzählt sie. Bereits in der zweiten Saison bestritt sie ihr erstes Weltcup-Rennen und qualifizierte sie sich für die WM. Weiter stärkte den Glauben, dass sich auch andere Schweizerinnen enorm steigerten, es fehlte nicht viel zur Olympia-Qualifikation in der Team-Verfolgung.

Erst das Studium, dann der Wechsel

«Es geht jedoch noch immer nicht alles automatisch» sagt Nadja Wenger. Warum hat sie nicht früher mit Eisschnelllauf begonnen? «Ich wollte zunächst mein Studium beenden. In der Schweiz ist es nicht möglich, den Sport professionell auszuüben, da es keine Trainingsmöglichkeiten gibt.» Nach dem Abschluss des Masters in Weltgesellschaft und Weltpolitik – zuvor hatte sie den Bachelor in Englisch und Soziologie gemacht – wagte sie dann den Wechsel.

Dabei profitierte Nadja Wenger einerseits enorm von der Erfahrung ihres Bruders, gerade auch während der «anstrengenden und nervenaufreibenden» aktuellen Saison, in der es um die Qualifikation für Peking ging. Andererseits half, dass Trainer Dobbin den Sprung von einem Weltklasse-Inliner zu einem Top-Eisschnellläufer selber nicht schafft hatte. «Das lehrte ihn, auf was man achten muss», sagt Nadja Wenger. Zudem hatte die Zentralschweizerin eine gute Basis, da sie sehr polysportiv aufgewachsen ist. Sie war im Schwimmverein Sempach, machte im Skiklub Horw Langlauf, übte Geräteturnen aus. Diese Vielseitigkeit war ein weiteres Plus bei der Umstellung.

Ihre Trainingsgruppe ist international. Das Pensum umfasst «im Schnitt ungefähr 20 Stunden pro Woche». Im Sommer ist Geisingen die Trainingsbasis, im Winter Inzell. Beide Orte liegen in Deutschland. Finanziell unterstützt wird sie von einem Projekt des Kantons Luzern – «Unsere Helden» – und von ihrer Wohngemeinde Schenkon. «Ohne meine Eltern wäre das Ganze allerdings nicht möglich», sagt Nadja Wenger.

Schon drei Wochen in Peking

Wie es nach Peking für sie weitergeht, weiss sie noch nicht. Zuerst einmal will sie im Massenstart versuchen, den Final zu erreichen. «Ich bin sicher nicht eine der Favoritinnen, aber im Massenstart kann vieles passieren», so Nadja Wenger. Sie flog bereits am 26. Januar in die chinesische Hauptstadt, «sonst hätte ich praktisch alleine trainieren müssen, was nicht sehr vorteilhaft gewesen wäre. Es ist gut für mich, dass ich mich lange an das Eis hier gewöhnen konnte.» Was am Samstag auch immer passiert, die Geschichte von Nadja Wenger ist so oder so erstaunlich.

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