Dario Cologna hat die Qual der Wahl. Wenn er aus seinen vier Olympia-Goldmedaillen die speziellste herauspicken soll, tut sich die Schweizer Langlauf-Ikone schwer: «Jede ist speziell.»
Dario Cologna tritt in den chinesischen Bergen zum vierten Mal zu Olympischen Spielen an. Ohne Goldmedaille reiste der in einem Monat 36 Jahre alt werdende Bündner noch nie nach Hause. Ob als aufstrebender Newcomer, arrivierter Topfavorit oder nach einer kleinen Durststrecke: Bei Olympia lieferte Cologna immer ein Meisterstück ab.
Bei Weltmeisterschaften ist die Ausbeute für ein Aushängeschild seiner Statur mit einmal Gold sowie zweimal Silber relativ bescheiden, bei Olympia thront er hingegen über fast allen. Vier Goldmedaillen in Einzel-Wettkämpfen holte neben Cologna nur der legendäre Norweger Björn Dählie. Er gewann sogar sechsmal Gold.
2010: Von Simon Ammann inspiriert
Welches nun die speziellste Goldmedaille war, kann Cologna nicht sagen. «Jede ist speziell», betont er zwei Tage, bevor er am Freitag über 15 km seine fünften und letzten Spiele in Angriff nimmt. «2010 in Vancouver war ich der Newcomer», erinnert sich der Schweizer Sportler des Jahres 2013. «Ich hatte zwar im Winter davor den Gesamt-Weltcup und die Tour de Ski gewonnen, aber ich konnte befreit laufen.»
Cologna liess sich vom Olympia-Sieg von Simon Ammann beflügeln. Einen Tag, nachdem er im Olympischen Dorf die Goldmedaille des Toggenburgers bewundert hatte, holte er sich gleich in seinem ersten Olympia-Rennen – über 15 km in der Skating-Technik – selber seine erste.
2014: 90 Tage nach einem Bänderriss zweimal zu Gold
2014 durfte Cologna in Sotschi zum einzigen Mal in seiner Karriere Spiele in einem Land mit Langlauf-Tradition erleben. Er schlug in Russland, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, gleich zweimal zu. «Der Sieg im Skiathlon war vielleicht der emotionalste», blickt der seit Langem in Davos sesshaft gewordene Münstertaler zurück. Es war sein einziger Olympia-Sieg in einem Rennen mit Massenstart – vier Zehntelsekunden vor dem Schweden Marcus Hellner. «Da weiss man beim Überqueren der Ziellinie mit Sicherheit, dass man gewonnen hat.»
Speziell war dieser Sieg auch, weil der Schweizer lange um seine Teilnahme hatte bangen müssen. Im November – nur 90 Tage vor dem Olympia-Start – hatte sich Cologna im rechten Fuss einen Bänderriss zugezogen. Gehen oder joggen konnte er noch nicht so richtig, aber den Gegnern auf Langlauf-Ski um die Ohren laufen umso mehr.
Fünf Tage später triumphierte Cologna im «Laura Biathlon- und Ski-Komplex» – nomen est omen, seine Frau heisst Laura – auch über 15 km. Diesmal in der klassischen Technik und mit einem Vorsprung von fast einer halben Minute. Cologna sprach danach vom «perfekten Rennen».
2018: Tränen nach der Ziellinie
«Ich finde es schade, wenn Leute frustriert sind, wenn nicht automatisch weitere Siege folgen», sagte Cologna 2014 in Sotschi. «Der Druck der Bestätigung ist primär ein Produkt der Medien.» Das hinderte ihn aber nicht daran, in Pyeongchang zum dritten Mal in Folge seine Spezialdisziplin 15 km mit Einzelstart – diesmal wieder in der Skating-Technik – zu gewinnen.
Cologna hatte in den vier Jahren davor bei globalen Titelkämpfen nicht mehr gewonnen, ein 6. Platz im Skiathlon hatten Zweifel an der Leistungsfähigkeit des mittlerweile 31-Jährigen aufkommen lassen. Er zerstreute diese auf eindrückliche Weise, zeigte nach der Ziellinie mehr Emotionen als gewohnt und weinte hemmungslos.
2022: Nun ein Cologna-Tattoo?
Drei Olympiasiege in Folge auf der gleichen Distanz, das hatte vorher noch niemand geschafft und es beeindruckte gerade auch in den Stammlanden des nordischen Skisports. «Darauf werde ich gerade in Skandinavien extrem oft angesprochen», erzählt Cologna. Und fügt lachend hinzu: «Einige haben mir auf Social Media sogar geschrieben, wenn ich hier noch ein viertes Mal über 15 km gewinne, würden sie sich ein Tattoo von mir machen.»
Diese Chance ist in der Spätphase von Colognas Karriere zwar nur noch sehr gering. In den Annalen der Olympischen Spiele hat er mit seinen vier Goldmedaillen aber so oder so eine eindrückliche Marke gesetzt.