Leider haben die Olympischen Spiele nicht nur für Goldmärchen, sondern auch den einen oder anderen Eklat gesorgt. Wir blicken zurück auf die Schattenseiten in Tokio.
Von Lutschtabletten und zu viel Fleisch
Zum Glück regnete es in der ersten Woche nur so Schweizer Olympia-Medaillen, ansonsten hätten Kariem Hussein und Alex Wilson die Schlagzeilen wohl noch deutlicher dominiert. Beide Leichtathleten wurden vor ihren Wettkämpfen des Dopings überführt.
Hussein legte die positive Probe am Tag der Eröffnungsfeier vor. Seiner Version zufolge sollen die N-Ethylnicotinamide und die Substanz Nikethamid durch die Einnahme einer Lutschtablette in den Körper gelangt sein. Hussein, selber Arzt, schrieb in einem Communiqué, dass er irrtümlicherweise von einer zugelassenen Substanz ausgegangen sei.
Der zweite Doping-Sünder ist Alex Wilson. Bei ihm wurden Trenbolon und Metaboliten im Blut festgestellt, wie Swiss Olympics mitteilte. Wilson legte gegen den Entscheid umgehend Einsprache ein und verteidigte sich in den Medien mit Händen und Füssen. Er führte den positiven Befund auf den Konsum von kontaminiertem Fleisch zurück. Seine These unterstützt hat gemäss einer Medienmitteilung ein unabhängiges Institut, welches zum Schluss gekommen sei, dass die verbotene Substanz höchstwahrscheinlich über die Nahrungsaufnahme in den Körper des Sprinters gelangt sein muss.
«Ich bin über den Entscheid des CAS sehr überrascht und am Boden zerstört. Es fällt mir schwer zu verstehen, warum ich meinen Standpunkt gegenüber der Disziplinarkammer von Swiss Olympic glaubhaft machen konnte und dass die ad hoc Division des CAS das auf Antrag von World Athletics anders sieht. Insbesondere, weil ich stichhaltige, wissenschaftlich fundierte und von Experten bestätigte Argumente vorweisen kann», liess sich Wilson zitieren.
Gewollte Ohrfeigen?
Ein bizarrer Vorfall auf der Judo-Matte sorgte beim einen oder anderen Zuschauer für Stirnrunzeln. Dort wurde die Deutsche Judoka Martyna Trajdos vor ihrem Kampf gleich mit mehreren Ohrfeigen eingedeckt. Der Judo-Weltverband sprach danach eine Warnung an den Coach aus, ohne dabei aber explizit auf die Szenen einzugehen.
Doch die Athletin nahm ihren Trainer später in Schutz: «Das ist etwas, worum ich meinen Trainer bitte. Macht ihm keine Vorwürfe! Ich brauche das vor meinen Kämpfen, um wach zu sein», schrieb sie auf Instagram.
«Hol die Kameltreiber»
Die Deutschen sollten an diesen Spielen aber noch für den einen oder anderen Eklat sorgen. Für einen war der Rad-Sportdirektor Patrick Moster zuständig, der Nikias Arndt an der Strecke mit den rassistischen Worten «Hol die Kameltreiber, komm» angefeuert hat. Die Rufe wurden von den TV-Produktionsteams eingefangen und waren deutlich zu hören.
Später hat sich Moster für die Worte zwar entschuldigt, musste aber dennoch umgehend die Heimreise antreten, weil der Deutsche Olympische Sportbund das so beschlossen hat. Zudem wird Moster bis mindestens Ende Jahr keine Aufgaben im internationalen und nationalen Radsport übernehmen.
Biles und ihre Dämonen
Kein Aufreger der eigentlichen Art und dennoch denkwürdig war der Auftritt der Ausnahme-Turnerin Simone Biles. Vor den Spielen rechnete man eigentlich schon damit, dass die Amerikanerin gleich mehrere Goldmedaillen abräumen wird. Doch dann sagte Biles ziemlich kurzfristig gleich mehrere Wettkämpfe wegen mentaler Probleme ab.
«Ich sage, die mentale Gesundheit steht an erster Stelle. Daher ist es manchmal in Ordnung, die grossen Wettbewerbe sogar auszusitzen, um sich auf sich selbst zu konzentrieren. Es zeigt, wie stark du als Wettkämpfer und Person wirklich bist, anstatt sich einfach durchzukämpfen», hatte Biles gesagt und vom «Kampf gegen Dämonen» vor dem Wettkampf gesprochen.
Am Schwebebalken trat Biles zum Abschluss dann doch an und holte sich immerhin die Bronzemedaille, über welche sie sich auch ausgelassen gefreut hat.
Djokovic sieht mal wieder rot
Es wurde nichts aus dem Golden Slam für Novak Djokovic. Als erster Mann in der Tennisgeschichte hätte er dieses Jahr die Chance gehabt, alle Grand-Slam-Titel plus Olympia-Gold abzustauben. Im Halbfinal des Turniers in Tokio scheiterte die Weltnummer 1 aber an Alexander Zverev und verlor einen Tag später auch das Match um die Bronze-Medaille gegen Pablo Carreno Busta. Einmal mehr präsentierte sich der Serbe dabei als äusserst schlechter Verlierer.
Die Wut liess Djokovic gleich zweimal an seinem Racket aus. Eines warf er in weitem Bogen in die leeren Zuschauerränge, das andere verarbeitete er zu Kleinholz. Doch damit nicht genug. Weil er sich gesundheitlich angeschlagen fühlte, trat er zum Mixed-Wettbewerb um Bronze erst gar nicht mehr an und liess seine Partnerin Nina Stojanovic sitzen. Diese war verständlicherweise sehr enttäuscht darüber, sprach aber dennoch über ein besonderes Erlebnis und dass es ihr eine Ehre gewesen sei, an der Seite von Djokovic zu spielen.
Tierquälerei sorgt für Mega-Shitstorm
Der wohl grösste Aufreger ereignete sich erst vor wenigen Tagen im Modernen Fünfkampf. Die Deutsche Annika Schleu war dort nach vier Disziplinen auf Goldkurs, ehe im Reiten ihre Medaillenträume jäh platzten. Schleu hat schon zum Start Mühe, das ihr zugelostes Pferd «Saint Boy» überhaupt auf den Parcours zu bekommen. Verzweifelt peitscht sie auf das Tier ein und zerrt an den Zügeln – doch das verstörte Pferd weigert sich.
«Hau mal richtig drauf. Hau richtig drauf!», wird Schleu von ihrer Trainerin angefeuert. Und erst als die gebürtige Berlinerin ihr Tier noch härter schlägt, bewegt sich «Saint Boy». Doch lange geht das nicht gut. Das Pferd reisst Stangen runter und will die Hindernisse nicht überqueren. Annika Schleu sitzt weinend auf dem Pferd, während es zur Disqualifikation kommt.
In den sozialen Medien verwandeln sich die Bilder umgehend in explodierende Benzinkanister. Denn das Feuer brennt schon. Noch nicht einmal eine Woche ist es her, da musste der Wallach «Jet Set» wegen einer Verletzung beim Geländeritt eingeschläfert werden. Die Wogen gingen hoch und entfachten eine seit Jahren andauernde Diskussion aufs Neue. Mit dem Drama um «Saint Boy» erreicht die Debatte einen vorläufigen Höhepunkt.
Auch Isabell Werth, die erfolgreichste Reiterin der Welt, kritisiert den Einsatz von Pferden im Modernen Fünfkampf deutlich. «Das hat mit Reitsport nichts zu tun, wie wir ihn betreiben und kennen», sagt die deutsche Dressurreiterin am Freitag. «Das ganze System muss geändert werden.»
Der Flaschen-Abräumer
Beim abschliessenden Marathon sorgte der Franzose Morhad Amdouni für eine ziemlich unsportliche Szene. Bei der einen Verpflegungsstation setzt er sich leicht von der Spitzengruppe ab, um alle Wasserflaschen vom Tisch zu räumen, ehe er sich selber die letzte schnappte.
Die Konkurrenz griff ins Leere. Zwar versuchte ein Helfer, die Flaschen noch abzufangen, doch das gelang ihm mehr schlecht als recht. Ob Amdouni die Flaschen absichtlich abräumte oder ein grosses Missgeschick dahinter steckt, muss jetzt noch geklärt werden. Gebracht hat der Flaschentrick dem Franzosen übrigens nichts, am Ende landete er nur auf dem 17. Schlussrang.