Stolze 30 Athletinnen und Athleten umfasst die Schweizer Leichtathletik-Delegation für die Olympischen Spiele in Tokio. Das eine oder andere Diplom liegt drin.
Von einer Medaille zu sprechen, wäre vermessen. Dies galt allerdings auch vor der WM 2019 in Doha. Mujinga Kambundji belehrte mit der Bronzemedaille über 200 m alle eines Besseren. Die 29-jährige Bernerin ist auch in Japan der stärkste Schweizer Trumpf. Sie tritt über 100 m, 200 m und mit der Staffel an. Das Verpassen des Finals mit dem Sprint-Quartett wäre eine Enttäuschung, über 100 und 200 m wird es mit den Top 8 eng. Aber Mujinga Kambundji ist in Form und hat sich vor der Hallen-Europameisterin Ajla Del Ponte wieder als Nummer 1 der Frauen etabliert.
Die Schweizer Frauen sind, auch dank zweier Staffeln, gegenüber den Männern klar in der Mehrheit. Ein Top-8-Platz liegt beispielsweise auch für Lore Hoffmann über 800 m oder die Hallen-Europameisterin Angelica Moser im Stabhochsprung drin. Schwierig dürfte es diesmal für Lea Sprunger werden. Die WM-Vierte über 400 m Hürden kommt nach einem verspäteten Saisoneinstieg nicht so richtig in Schuss. Aber wer weiss: Wenn das Schrittmuster passt, steht die Romande zum Abschluss ihrer Karriere doch noch in einem Olympia-Final.
Marathon-Asse im Fokus
Bei den Männern hat Kariem Hussein eine Rechnung mit Olympia offen. Sowohl 2012 in London (Startverzicht) als auch in Rio 2016 (31.) machten ihm Verletzungen einen Strich durch die Rechnung. Diesmal könnte es für den Europameister von 2014 wie an der WM 2017 in London mit der Endlauf-Teilnahme klappen. Die Weltbesten, angeführt von Karsten Warholm, laufen zwar in einer anderen Liga, dahinter tut sich aber eine recht grosse Lücke auf. Ähnliches gilt für Alex Wilson über 200 m, Jason Joseph im Hürdensprint oder Ricky Petrucciani über 400 m.
Mit einer guten Klassierung liebäugeln die Marathon-Asse. Tadesse Abraham bewies zuletzt an der WM 2019 in Doha, dass er mit der Hitze gut zurecht kommt. Und Fabienne Schlumpf – sie stand in Rio über 3000 m Steeple im Endlauf und holte an der EM 2018 in Berlin Silber – gelang der Umstieg auf die 42,195 km perfekt. Bei der Premiere diesen Frühling lief sie gleich zum Schweizer Rekord.
Aufschwung in den letzten Jahren
Die Schweizer Delegation fällt grösser aus als erwartet – die beiden Staffeln stehen sinnbildlich für den Aufschwung der letzten Jahre im Schweizer Frauen-Sprint. Dank des neu eingeführten World Rankings stehen viele im Olympia-Aufgebot, welche die strenge Limite nicht erfüllt haben, sich das Ticket aber über die Position in der Weltrangliste sicherten.
Bitter ist hingegen die Absenz im Mehrkampf. Noch im vergangenen Jahr sah es danach aus, als hätte die Schweiz mit Géraldine Ruckstuhl, Annik Kälin und Simon Ehammer gleich drei Trümpfe in der Hand. Kälin muss verletzungsbedingt passen, Ruckstuhl erbrachte nach Problemen mit dem Fuss den erforderten Leistungsnachweis nicht und Ehammer kam in den entscheidenden Wettkämpfen in diesem Jahr nicht ohne Nuller durch. Die starken Resultate aus dem Sommer 2020 werden ihm nicht angerechnet, weil die Qualifikationsphase coronabedingt unterbrochen wurde.