«Lara Stalder hat entschieden» Eine Coaches Challenge als ausschlaggebender Geniestreich

Von Luca Betschart

12.2.2022

Verteidigerin Nicole Vallario (rechts) und die Schweizerinnen hatten nach der turbulenten Schlussphase gut lachen.
Verteidigerin Nicole Vallario (rechts) und die Schweizerinnen hatten nach der turbulenten Schlussphase gut lachen.
Bild: Keystone

Die Schweizer Frauen-Nati revanchiert sich im Olympia-Viertelfinal bei Russland und spielt um die Medaillen. In der turbulenten Schlussphase verhilft eine aussergewöhnliche Coaches Challenge den Schweizerinnen zum Sieg.

Von Luca Betschart

12.2.2022

In der Vorrunde musste sich die Schweiz gegen Russland noch deutlich mit 2:5 geschlagen geben. Am Samstag im Olympia-Viertelfinal präsentiert sich dann ein anderes Bild. Dank einer kämpferischen Meisterleistung kann sich die Mannschaft von Colin Muller tatsächlich bei der Eishockey-Nation revanchieren und diese aus dem Turnier werfen. Insbesondere das letzte Drittel hat es in sich.



In der 47. Minute erwischt Anna Schochina Torhüterin Andrea Brändli zwischen den Schonern und sorgt für die erstmalige russische Führung. Denken alle. Dann meldet ich Schweiz-Trainer Colin Muller zu Wort. Weil die Scheibe das Spielfeld kurz vor dem Treffer bereits verlassen haben soll, macht Muller Gebrauch von seiner Coaching Challenge. Und tatsächlich: Die Unparteiischen erkennen den Treffer nach Konsultation der Videobilder ab, weil die Scheibe kurz zuvor von einer Metallverstrebung zurück aufs Spielfeld prallt.

Muller beweist damit Adleraugen. Denn Selbst beim SRF-Kommentatorenduo herrscht kurzzeitig Verwirrung, wieso der 58-Jährige überhaupt seine Challenge nimmt. Als die Schiedsrichterinnen das Tor schliesslich aberkennen, ruft Kommentator Reto Müller ins Mikrofon: «Da drehe ich durch. Nur gut, dass Colin Muller und seine Assistenten – vor allem natürlich der Video-Coach – so genau hingeschaut haben.»

Muller: «Ich war nicht 100 Prozent sicher»

«Es hat schon Nerven gekostet. Aber unglaublich, wie wir gekämpft haben», sagt der gelobte Muller nach der Schlusssirene. Auf die genommene Coaches Challenge angesprochen, gibt er aber zu: «Die Spielerinnen haben mir gesagt, ich müsse eine Challenge nehmen. Ich war nicht 100 Prozent sicher. Aber Lara Stalder hat da entschieden, dass es eine Challenge wert sei. Sie hat sie eigentlich genommen und das ist gut so», lobt Muller seinen Captain.

«Ich war auch etwas nervös, ich habe das noch nie gemacht als Captain», erzählt Stalder selbst. «Es war mega hektisch. Ich ging nochmals zur Bank und fragte nach. Es waren sich alle ziemlich sicher, dass der Puck draussen war.» Zurecht, wie sich wenig später herausstellt. 

«Für das haben wir lange und hart gearbeitet»

Der aberkannte Gegentreffer ist für die Schweizer Mannschaft so etwas wie eine Initialzündung. Bloss 31 Sekunden nach Wiederaufnahme des Spiels liegt die Scheibe bereits wieder im Tor. Diesmal sind es aber die Schweizerinnen, die jubeln. Und diesmal zählt der Treffer auch. Zwar kassiert man wenig später dennoch den zweiten Gegentreffer, den man mit dem 3:2 durch Alina Müller nur Sekunden später aber erneut optimal kontern kann.

Den Vorsprung lassen sich die Schweizerinnen in der Folge nicht mehr nehmen. In Unterzahl und mit ihrem zweiten Tor macht Müller mit dem 4:2 ins leere Tor die Halbfinal-Quali perfekt. Nach der Schlusssirene schwärmt sie: «Wir haben bis am Schluss daran geglaubt. Bei Olympia in eine Medaillenrunde einzuziehen, ist unglaublich. Für das haben wir so lange, so hart gearbeitet. Es kommt alles zusammen, es ist mega schön.»