Mujinga Kambundji verpasst im 200-Meter-Lauf als Sprinterin zum vierten Mal den Sprung in den Olympia-Final. «Es ist deswegen nicht eine missglückte Meisterschaft», betont die Bernerin.
«Es wurmt mich schon», gesteht sie. Statt der geforderten 22,36 Sekunden wurden es 22,63 – Platz 11 aller Halbfinalistinnen. Die 32-Jährige kam in ihrer Spezialdisziplin nie richtig in Fahrt: «Ich konnte meine Kapazitäten nicht ausschöpfen», bilanziert sie. In der Kurve habe sie nicht ins Rennen gefunden, aus der Kurve heraus sei sie nicht wie gewohnt geflogen und am Ende sei der Tank leer gewesen.
Die Olympia-Stimmung will sich die Schweizer Sprint-Queen trotzdem nicht verderben lassen. «Wenn es nur ein Final hat sollen sein, dann habe ich mit dem Hunderter den richtigen erwischt», sagt sie.
Auch in Paris erbringt die Bernerin Leistungen, die man nicht hoch genug einschätzen kann, und die ihr einst niemand zugetraut hatte. Kambundji steht 2024 nach dem Double von vor drei Jahren an den Olympischen Spielen in Tokio 2021 und der WM 2022 in Eugene zumindest noch in einem der beiden Sprintfinals. Seit ihrer WM-Bronzemedaille über 200 Meter in Doha 2019 ist sie in der Weltspitze präsent. Einzig der Sommer 2023 verlief für die Hallen-Welt- und Europameisterin wegen einer Entzündung der Plantarfaszie mässig.
Schneller und schneller
Die Bernerin, die bereits an den Olympischen Spielen 2012 in London als Staffelläuferin dabei war, erinnert sich noch gut an die Anfänge ihrer Karriere. Damals sei den Schweizer Sprinterinnen eingebläut worden, auf die Staffel zu setzen, weil sie als Solistinnen international keine Chance hätten. Mujinga hielt an ihren Ambitionen fest und hatte Erfolg.
Dazu gehören mehr als nur die Sprint-Gene. Die Bernerin ebnete den Schweizer Athletinnen den Weg ins Profilager, liess sich auch von zahlreichen vierten Plätzen auf europäischer Ebene nicht entmutigen, wechselte mehrmals den Trainer und wurde bis zum Alter von 30 Jahren schneller und schneller.
«Auf diese Konstanz bin ich stolz», sagt sie. Sie zeige, dass man vieles richtig gemacht habe. Der Spitzensport sei eine Gratwanderung. «Verletzungen gehören dazu, aber sie haben meistens einen Grund.» Aus diesem Grund ist auch das Feld in Paris über 200 Meter etwas ausgedünnt: Das Ticket für die halbe Bahnrunde ging billiger über den Tisch als für die 100 Meter.
Mujinga Kambundji spürte in Paris die Doppelbelastung der beiden Sprints. Bereits im 200-Meter-Vorlauf musste sie beissen. Nun hat sie einen Tag mehr Pause für den Staffel-Einsatz. Damit es wie in Tokio mit dem Finaleinzug klappt, braucht das Quartett eine frische Nummer 1.