Die NHL hat Max Heinzer schon beeindruckt, am Freitag will er nun im Team-Wettbewerb endlich seine erste Medaille an Olympischen Spielen gewinnen.
17 WM- und EM-Medaillen im Einzel und mit dem Team, ebenso viele Siege im Weltcup, die Bilanz von Heinzer ist eindrücklich. An Olympischen Spielen jedoch blieb dem 33-jährigen Schwyzer ein Podestplatz bisher verwehrt, er war schon 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro dabei.
In Tokio bedeutete am vergangenen Sonntag der Achtelfinal Endstation, er unterlag dem späteren Bronzemedaillengewinner Igor Reislin nach einer 12:9-Führung mit 12:15. So ärgerlich die Niederlage war, «ich könnte auch ohne Olympia-Medaille sehr gut leben, bin so oder so mega glücklich über meine bisherige Karriere. Aber klar wäre eine solche das i-Tüpfelchen und eine gewisse Befriedigung.»
NHL reagiert auf Video
Die vielen Erfolge erreichte Heinzer dank seinem Perfektionismus. Von daher war es naheliegend, dass er seit dem 1. November des vergangenen Jahres im Spitzensportzentrum OYM in Cham trainiert, umso mehr, als er in der Nähe wohnt. Dort herrschen optimale Bedingungen, um die Wahrscheinlichkeit, erfolgreich zu sein, zu erhöhen. «Dort konnte ich in den vergangenen Wochen noch viel gezielter trainieren», sagte Heinzer. Grossen Wert wird im OYM auch auf die Ernährung gelegt. «Ich war seit vergangenem November nie krank und das ganze Verdauungssystem funktioniert besser.» Allerdings habe er nicht nach Roboter-Schema gegessen, so Heinzer.
Am Montagmorgen spielte er oft Badminton mit EVZ-Goalie Leonardo Genoni. Ausserdem gibt es ihm OYM eine Puckmaschine. Das brachte ihn auf die Idee, Pucks mit dem Degen abzuwehren. «Die ersten Schüsse brauchten sehr viel Mut», erzählte Heinzer. Die spezielle Trainingsmethode zur Verbesserung der Reaktion liess er auf Video festhalten, welches eine riesige Reichweite erzielte. Es meldete sich gar die NHL auf seinem Instagram-Profil mit der Frage, ob sie dieses posten dürfen.
Das OYM bot ihm zudem eine neue Herausforderung, die er aufgrund der langen Zeit ohne Wettkämpfe brauchte. Der Weltcup im März in Kasan war der erste internationale Vergleich nach gut einem Jahr und der einzige vor Tokio. Dass es so lange keine Turniere gab, war für ihn alles andere als eine einfache Situation. «Ich bin Profi-Fechter wegen der Wettkämpfe und den damit verbundenen Emotionen, wegen der Möglichkeit, fremde Länder bereisen zu können. Zudem sah ich die internationalen Fechtfreunde nicht mehr. Von daher war es schwierig, sich jeden Tag zu quälen.»
Chancen gegen Südkorea 50:50
Apropos Reisen. Lange vor der Verschiebung der Olympischen Spiele im vergangenen Jahr plante Heinzer, danach in Japan zu bleiben und dort den ganzen August mit der Familie zu verbringen. Daraus wird selbstredend nichts. Immerhin ist er beim ersten Geburtstag seines zweiten Kindes, Tochter Mahina, am 13. August zugegen.
Heinzer kann es kaum erwarten, seine Liebsten wieder in die Arme zu schliessen. Davor will er den Traum einer Olympia-Medaille aber doch noch verwirklichen, am Freitag nimmt er mit dem Team einen weiteren Anlauf. Gegner im Viertelfinal ist Südkorea mit Olympiasieger Park Sangyoung. Die Chancen, die nächste Runde zu erreichen, stuft Heinzer auf 50:50 ein.
Selber will er mit einem offensiven und aggressiven Fechtstil seinen Teil zum Weiterkommen beitragen. Es wäre für die Schweizer Degenfechter der erste Podestplatz an Olympischen Spielen seit dem Gewinn der Goldmedaille von Marcel Fischer 2004 in Athen und die Krönung von Heinzers jetzt schon eindrücklicher Karriere.