Andrina Suter und ihr Pferd Fibonacci stehen exemplarisch für den Aufschwung in der Schweizer Dressur-Szene. Auch wenn der Auftritt bei Paris 2024 mit 65,590 Prozentpunkten gründlich missglückt.
25 Medaillen wurden bis dato von Schweizer Pferdesportlerinnen und -Sportlern an den Olympischen Spielen gewonnen. Davon stammen deren 15 aus der Dressur (8 Springreiten, 2 Concours Complet). Der Ritt der Schaffhauserin Andrina Suter war noch weit davon entfernt, um die Führung im internen Dreikampf der olympischen Disziplinen auszubauen. Aber wer weiss: Vielleicht sieht es in vier oder spätestens acht Jahren wieder anders aus und es kann an Seoul 1988 angeknüpft werden, wo die Schweiz mit Silber im Team und Bronze durch Christine Stückelberger noch zu den Top-Nationen zählte.
Andrina Suter ritt zwar in der Anlage von Schloss Versailles als einzige Vertreterin der Schweiz, sie steht aber in der nationalen Szene nicht alleine da. Die 32-Jährige schnappte sich das Olympia-Ticket, weil sie sich auf einer insgesamt recht ausgeglichenen Liste an Kandidatinnen gegen Carla Aeberhard, Delia Eggenberger, Charlotta Rogerson und Charlotte Lehnherr durchsetzte, indem sie das hohe Selektionskriterium von 70 Prozentpunkten einmal erfüllte. Nur wenig fehlte und die Schweiz wäre auch als Mannschaft für die Spiele 2024 qualifiziert gewesen.
Gesucht: Pferde
Die Equipenchefin Ruth Haas strebt mit ihrem Team den Zwischenschritt in die Top 8 an. «Es fehlt nicht nur an Können, sondern primär an Pferden», nennt sie eines der höchsten Hindernisse auf diesem Weg. Der Markt sei ausgetrocknet und man finde die Vierbeiner nur zu völlig überhöhten Preisen. «Deshalb müssen wir die Pferde selber nachziehen, sie im Alter von sechs bis sieben Jahren finden.»
Das Scouting und die Finanzierung sei nicht einfach, aber Länder wie Dänemark hätten vorgemacht, was möglich wäre. «Die haben vor 20 Jahren sogar mit einer eigenen Zucht angefangen und ein Junioren-Programm installiert», sagt die Equipenchefin. Die Dänen wurden 2022 Weltmeister vor den Grossnationen Grossbritannien und Deutschland – sowie der Schweiz auf Platz 14.
Eine eigene Zucht via Verband liegt in der Schweiz kaum drin, das Nachwuchsprogramm hingegen existiert nun seit 2024. Die Academy «Swiss Talents», ein 2019 lanciertes Förderprogramm für junge Springtalente, steht auch für die Nachwuchshoffnungen der Disziplinen Dressur und Concours Complet offen.
Acht lange Jahre
Aufbauarbeit im Dressurreiten braucht Zeit. Im Schnitt acht Jahre dauert die Ausbildung, bis ein Vierbeiner auf höchstem Level mithalten kann. Und das Geld der Sponsoren fliesst auch nur, wenn ein Plan ersichtlich ist, die Ziele definiert werden und sich erste Fortschritte einstellen. Dieser Prozess hat nach Jahrzehnten des Einzelkämpfertums und Knatsch in der Szene eingesetzt. Vor drei Jahren wurde der Deutsche Oliver Oelrich als Nationaltrainer der Schweizer Dressurreiter – vom Nachwuchs bis zur Elite – engagiert und mit einem Vertrag bis 2028 ausgestattet. Er habe, so sagen Insider, die gewünschte Ordnung ins System gebracht.
Andrina Suter betont: «Ja, ich fühle den Team-Spirit. Es wird viel mehr an der Basis gearbeitet.» Die 32-Jährige hat vor vier Jahren ins Profitum gewechselt und sieht Perspektiven am Horizont. Sie besitzt mit Briatore bereits ein neunjähriges Pferd, das Nachwuchspreise gewann und an den Spielen in Los Angeles 2028 im Zenit stehen dürfte. Und bis dann hat Andrina Suter hoffentlich auch die Nervosität abgelegt, die am Dienstag eine bessere Leistung verhinderte.