Schluss mit utopischen Fussballer-Löhnen? Manchester United führt die «Ronaldo»-Regel ein

Von Martin Abgottspon

8.1.2023

Cristiano Ronaldo lässt sich seine letzten Profijahre vergolden.
Cristiano Ronaldo lässt sich seine letzten Profijahre vergolden.
Imago

Bei Al-Nassr steigt Cristiano Ronaldo zum Karriere-Ausklang zum bestbezahlten Fussballer auf. In Europa will man derweil dem Lohn-Wahnsinn ein Ende setzen. Manchester United führt eine Gehaltsobergrenze ein. 

Von Martin Abgottspon

In Spanien hat sich die Liga schon vor einigen Jahren für eine Gehaltsobergrenze entschieden. Abhängig vom Erfolg stehen den Klubs unterschiedliche Budgets zur Verfügung. Theoretisch könnten die Vereine zwar auch darüber liegen, würden dann aber Geldstrafen oder Punktverluste riskieren – und natürlich generell das Risiko, finanziell noch mehr in Schieflage zu geraten und schlussendlich zahlungsunfähig zu werden.

Anfänglich wurde das Salary Cap insbesondere von den grossen Klubs wie Barcelona oder Real Madrid mit viel Skepsis hingenommen. Man fürchtete, europäisch nicht mehr mit den besten Vereinen mithalten zu können. Spätestens seit dem Champions-League-Sieg von Real Madrid im Vorjahr ist diese Angst etwas kleiner geworden.

Droht Manchester United der grosse Aderlass?

Andere Ligen haben das Modell dennoch noch nicht in ihren Alltag integriert. Stattdessen werden die Klubs jetzt selber aktiv. So beispielsweise auch Manchester United. Wie die englische Zeitung «Daily Mail» berichtet, wird dort nun die «Ronaldo-Regel» eingeführt. Demnach sollen die Profis maximal noch 200'000 Pfund (226'804 Franken) pro Woche verdienen können.

Für einige Spieler, deren Verträge demnächst auslaufen, ist diese Regel gleichbedeutend mit einer beachtlichen Gehaltseinbusse. Torhüter David de Gea etwa bekommt aktuell noch rund 425'000 Franken pro Woche. Unterschreibt er erneut, müsste er also auf rund 200'000 pro Woche verzichten. Mit diesem drastischen Einschnitt wollen Geschäftsführer Richard Arnold, Fussballdirektor John Murtough und Trainer Erik ten Hag eine Kultur der Eifersucht in der Umkleidekabine vermeiden.

Es ist ein mutiger Schritt von Manchester United, sich solo den Gesetzen des Marktes zu widersetzen. Schliesslich müssen die Red Devils davon ausgehen, einige Top-Stars zu verlieren. Gerade Spieler wie Marcus Rashford oder Luke Shaw sind bei anderen Klubs ohnehin schon hoch im Kurs. Und wenn der Gehaltscheck bei PSG, Newcastle oder Manchester City dann drei oder vier Mal so hoch ist, werden sich wohl nur die wenigsten Talente für einen ritterlichen Verbleib entscheiden.

Financial Fairplay ist nicht mehr als eine Illusion

Nichtsdestotrotz ist es vermutlich angebracht, sich auch von Klubseite dem irren Lohnkarussell nicht einfach hinzugeben und ein Zeichen zu setzen. Ob andere Klubs dem Beispiel folgen, schätzt Professor Markus Lang, der an der Universität Lausanne Sportökonomie lehrt, aber eher als gering ein. Anders als etwa in den USA zählen in Europa nur Titel, hält er in einem Interview mit der «Augsburger Allgemeinen Zeitung» fest. Da werden sich nur die wenigsten freiwillig hinten anstellen.

«In Europa gibt es alleine 55 Nationalverbände mit eigenen Profiligen, die aufgrund von Auf- und Abstieg keine geschlossene Gruppe wie in Nordamerika sind. Die Spieler werden eher durch ihre persönlichen Berater als durch Gewerkschaften vertreten und die Klubstrukturen sind höchst unterschiedlich. (...) Das ist ein extrem heterogenes Gemisch mit sehr vielen Interessen.»

Und auch die Uefa-Reform des Financial Fairplay, welche die Verschuldung von Klubs einschränken soll, ändert an diesem Umstand letzlich nur wenig. «Die Gefahr ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergeht. Nehmen wir nur mal Manchester City oder Paris St. Germain, für die eine Luxussteuer kein Problem wäre. Denn deren Eigentümer sehen den Fussball eher als teures Hobby.»

Als Fussball-Fan muss man sich daher in Zukunft nur noch mehr darauf einstellen, dass Top-Stars eben zu diesen «Spielzeug-Klubs» wie PSG, City, Newcastle oder eben auch Al-Nassr wechseln werden. Nicht was sich ein Fussball-Romantiker wünscht, doch so funktionieren Märkte nun einmal.