Ein steiler Aufstieg, mehrere Rückschläge und nicht immer unumstritten – Lara Gut-Behrami gehört zu den prägendsten Schweizer Sportlerinnen der letzten Jahre. Zu ihrem 30. Geburtstag blickt «blue Sport» auf die denkwürdigsten Momente zurück.
Sturz aufs Podest
Februar 2008: In ihrer ersten Weltcup-Abfahrt überhaupt fliegt Lara Gut-Behrami in St. Moritz sogleich aufs Podest. Wortwörtlich. Wäre die Tessinerin nicht kurz vor der Ziellinie gestürzt und ins Ziel gerutscht, hätte sie das Rennen wohl gewonnen. Eine turbulente Ankunft in der Weltspitze.
Der erste Weltcup-Triumph
Dezember 2008: Noch im selben Kalenderjahr feiert Gut-Behrami kurz vor Weihnachten mit nur 17 Jahren und 8 Monaten ihren ersten Weltcup-Sieg. Dank des Triumphs im Super-G von St. Moritz ist sie bis heute die jüngste Siegerin in dieser Disziplin.
Die erste WM-Medaille
Februar 2009: In der Super Kombination in Val-d'Isère muss sich Gut-Behrami nur der Österreicherin Kathrin Zettel geschlagen geben und holt WM-Silber. Zwei Tage darauf legt sie in der Königsdisziplin nach und holt auch Silber in der Abfahrt – die ersten WM-Medaillen sind im Sack.
Der folgenschwere Trainingssturz
September 2009: Der steile Aufstieg wird abrupt gestoppt. Ende September stürzt Gut-Behrami im Riesenslalom-Training in Saas Fee, erleidet eine Luxation der Hüfte und muss sich operieren lassen. Die Saison – inklusive der Olympischen Spiele in Vancouver – ist futsch, bevor sie begonnen hat.
Die Renn-Sperre von Swiss Ski
Dezember 2010: Nach über einjähriger Zwangspause sorgt Gut-Behrami wieder für Aufsehen. Dies weil sie ihren Trainer Mauro Pini öffentlich harsch kritisiert. Da sie zudem immer wieder gegen die Kleidervorschriften verstossen habe, wird sie von Swiss Ski für zwei Rennen gesperrt. Die Fronten verhärten sich, Team Gut-Behrami droht gar mit einem Mediationsverfahren vor dem Internationalen Sportgerichtshof, bevor sich die Parteien kurz vor Jahresende aussprechen.
Leder statt Edelmetall in Garmisch
Februar 2011: Im WM-Kombinations-Slalom in Garmisch überschlägt sich die Tessinerin heftig und zerrt sich das Innenband im Knie. Angeschlagen fährt sie in den folgenden Tagen nichtsdestotrotz Abfahrt und Super-G – und verpasst die Medaille als Vierte zweimal hauchdünn.
Der Abstecher
August 2012: Im Film «Tutti giù – Im freien Fall» des Tessiner Regisseurs Niccolò Castelli spielte Gut-Behrami eine der drei Hauptrollen. Als junge Skirennfahrerin Chiara wird sie darin vom eigenen Erfolg überrollt.
Premiere in der Königsdisziplin
Dezember 2012: Gut-Behrami fährt die Konkurrenz in Val-d'Isère in Grund und Boden und triumphiert im Alter von 21 Jahren erstmals in der Königsdisziplin Abfahrt. Es ist bereits der dritte Weltcup-Sieg in der noch jungen Karriere.
WM-Silber und eine «Journalistenallergie»
Februar 2013: Gut-Behrami holt sich im Super-G in Schladming bereits ihre dritte WM-Silbermedaille der Karriere. Höhere Wellen schlägt ein denkwürdiges TV-Interview. Nachdem die Tessinerin ins Mikrofon hustet, erkundigt sich der Reporter, ob sie krank sei. Gut-Behramis Antwort: «Nein, das ist nur meine Journalistenallergie.»
Die Machtdemonstration im Riesen
Oktober 2013: Zum Saisonauftakt schliesst Gut-Behrami eine weitere Lücke in ihrem Palmarès und steht auch im Riesenslalom erstmals zuoberst auf dem Treppchen. Die restliche Konkurrenz verliert an diesem Tag 0,84 Sekunden und mehr. Gut-Behramis erfrischendes Fazit im Zielraum: «Der Schnee war huere agressiv, aber ich habe es geschafft.»
Die etwas andere Auszeichnung
September 2013: Das Magazin «Glückspost» wählt Gut-Behrami zur «schönsten Schweizerin». Die Begründung: «Die Blondine ist nicht nur schön, sondern auch clever: Nächstes Jahr will sie die Matura machen.»
Kein Blatt vor dem Mund
Januar 2014: Nach ihrem Super-G-Sieg in Cortina sorgt die mittlerweile 23-Jährige auch neben der Strecke für Aufsehen und prangert die Vergabe der Olympischen Spiele an Sotschi mit deutlichen Worten an: «Die Olympischen Spiele sollten sportlich bleiben und nicht zu politischen Spielen werden.»
Tränen trotz starkem Olympia-Debüt
Februar 2014: Nachdem sie die Spiele in Vancouver verletzungsbedingt verpasste, ist Gut-Behrami in Sotschi mit von der Partie und rast in der Abfahrt knapp hinter den Doppelsiegerinnen Gisin und Maze zu Bronze. Im Ziel weint sie dennoch bittere Tränen: «Ich lag bei der letzten Zwischenzeit noch vor Dominique und machte dann einen kleinen Fehler, deshalb der Frust», erklärt sie.
Perfekter Saisonabschluss
März 2014: Beim Saisonfinale auf der Lenzerheide entscheidet Gut-Behrami innert 24 Stunden sowohl die Abfahrt als auch den Super-G für sich. In letzterer Disziplin ist es bereits der vierte Sieg im laufenden Winter – und die kleine Kristallkugel für den Gewinn der Disziplinenwertung die logische Folge.
Der vorerst letzte Materialwechsel
Sommer 2015: Nach der eher durchzogenen Saison vollzieht die Tessinerin einen Skimarkenwechsel von Rossignol zu Head. Dabei lässt sie sich von Superstar Didier Cuche beraten. Die Umstellung zahlt sich rasch aus, Head bleibt bis heute Gut-Behramis Ausrüster.
Falsche Vorwürfe an Rivalin Vonn
Februar 2016: «Sie macht immer Theater. Das war nicht das erste Mal, und es wird nicht das letzte Mal sein!», schiesst Gut-Behrami gegen Lindsey Vonn, nachdem die Amerikanerin nach einem Sturz im Super-G von Andorra lange liegen bleibt. Wenig später ist klar: Für Vonn ist die Saison wegen eines dreifachen Haarrisses im Knie gelaufen, auf eine Entschuldigung der Tessinerin wartet sie gemäss eigenen Aussagen aber vergeblich.
Die Krönung
März 2016: Mit einem 3. Platz in der Kombination entscheidet Gut-Behrami das Duell mit der verletzten Vonn endgültig und kürt sich vorzeitig zur Gesamtweltcupsiegerin – als erste Schweizerin seit Vreni Schneider 1995 gewinnt sie die grosse Kristallkugel. Es ist der vorläufige Karriere-Höhepunkt.
Verdiente Anerkennung
Dezember 2016: Die Schweiz kürt Gut-Behrami zur Sportlerin des Jahres. Die grosse Siegerin wird live aus Val-d'Isère, wo sie am selben Tag einen Super-G gewinnt, zugeschaltet und sagt: «Das ist schön, eine super Ehrung für mich!»
Die Eishockey-Leidenschaft
Januar 2016: Als bekennender Fan des HC Ambri-Piotta wirft Lara Gut-Behrami im Tessiner Derby in der Resega den Puck ein. Geholfen hat es am Ende aber nichts, Lugano entschied die Partie im Penaltyschiessen für sich.
Das Missgeschick
Februar 2017: Ganz anders die Gefühlslage knapp ein Jahr später. Nach der Abfahrt in aussichtsreicher Position stürzt Gut-Behrami beim Einfahren zum Kombi-Slalom schwer. Die niederschmetternde Diagnose: Kreuzbandriss, Meniskusverletzung und das vorzeitige Saisonende.
Der Kampf zurück
Januar 2018: Nach und nach kämpft sich die Tessinerin zurück an die Weltspitze und feiert im Super-G von Cortina nach langer Durststrecke ihren ersten Sieg seit dem verheerenden Missgeschick. Die Erleichterung ist spürbar.
Die Olympia-Enttäuschung
Februar 2018: Kein Glück bringen Gut-Behrami die Olympia-Rennen in Pyeongchang. In Riesenslalom und Abfahrt scheidet sie aus, im Super-G reicht es einmal mehr nur für Leder. Die Enttäuschung ist gross.
Trost für Valon Behrami
Juli 2018: Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft scheitert im Achtelfinal nach einer schwachen Leistung an Schweden. Da braucht auch Captain Valon Behrami Trost – und findet ihn bei Freundin Lara. Erst rund drei Monate zuvor wird bekannt, dass die beiden Profisportler ein Paar sind.
Die überraschende Hochzeit
Juli 2018: Nur wenige Monate sind die beiden Schweizer Aushängeschilder zusammen, als sie die Sportwelt aufs Neue überraschen: In Lugano gibt sich das Paar am 11. Juli im engsten Familienkreis das Ja-Wort. Ab sofort flitzt Lara als Gut-Behrami über die Skipisten.
Die Schattenseiten des Erfolgs
November 2018: Auf Facebook zeigt Gut-Behrami in einem emotionalen Post auch die Schattenseiten des Erfolgs und erzählt von Hassbriefen an die eigene Familie. Ihr ernüchterndes Fazit: «Wir haben zusammen einen Traum gelebt, uns ist aber auch viel Unrechtes widerfahren.»
Der Abschied von Social Media
Oktober 2018: Nachdem Gut-Behrami ihre Fans zeitweise zu grossen Teilen am Privatleben teilhaben lässt, geht sie auf Tauchstation und löscht sämtliche Konten in den sozialen Netzwerken. Ein bemerkenswerter Schritt, den Mediensprecherin Giulia Candiago wie folgt begründet: «Sie möchte keine Energie mehr für soziale Medien verschwenden.»
Der Befreiungsschlag
Februar 2020: Nach über zweijähriger Durststrecke fährt die mittlerweile 28-Jährige in Crans-Montana entfesselt zum Abfahrts-Double und verweist Teamkollegin Corinne Suter zweimal innert Stunden auf Platz 2.
Der Knatsch mit Crans-Montana
Februar 2021: Nachdem Gut-Behrami ein Jahr darauf die Bedingungen in Crans-Montana scharf kritisiert, verlangt der Organisator eine Entschuldigung. An der WM in Cortina wenig später fängt ein Mikrofon dann auf, was die Tessinerin davon hält: «Ich soll mich persönlich entschuldigen und dem Präsidenten sagen, dass die Piste gut sei. Leck mich am Arsch.» Es sind Worte, die wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.
Die Erlösung
Februar 2021: Endlich! In überragender Form angereist, geht es für Gut-Behrami im x-ten Anlauf auch an Weltmeisterschaften auf. In Cortina sichert sie im Super-G ihre ersten WM-Titel, wenige Tage später macht sie sich auch zur Riesenslalom-Weltmeisterin – und zur Königin dieser WM. Da gerät die gewonnene Bronzemedaille in der Abfahrt schon fast etwas in Vergessenheit.
Nächste Kristallkugel in Val di Fassa
Februar 2021: Im abgelaufenen Winter ist Gut-Behrami im Super-G beinahe nicht zu bezwingen und entscheidet fünf der sieben Saisonrennen für sich. In Val di Fassa wird sie zwar von Brignone geschlagen, dennoch ist ihr der Sieg in der Disziplinenwertung da bereits nicht mehr zu nehmen. «Diese Kugel ist etwas ganz Besonderes», betont die Tessinerin.