Michelle Gisin klassiert sich im ersten Saisonrennen im 25. Rang – auf den ersten Blick ein bescheidenes Resultat, auf den zweiten ein Erfolg.
Lange hat Michelle Gisin geschwiegen, seit sie im Juli am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt ist. Ihre Teilnahme am frühen Saison-Auftakt in Sölden liess sie bis zum Renntag offen, zumindest für die Öffentlichkeit. Zu viele Unsicherheiten und Risiken habe es gegeben, so Gisin.
Die Virus-Krankheit, an der einst auch Roger Federer gelitten hat und die Sportler auch schon zum Rücktritt gezwungen hat, hat ihre Tücken. Es gibt es so viele verschiedene Ausprägungen, dass sich der Verlauf kaum abschätzen lässt. Um die Heilung nicht zu gefährden, war Gisin bemüht, jegliche Art von Stress und Unruhe zu vermeiden. «Der Sommer war sehr zäh», schilderte sie im Zielraum von Sölden, die Augen hinter einer speziellen, vor Licht schützenden Sonnenbrille versteckt.
«Ich bin mega happy»
Die Vorsicht hat sich gelohnt: Beim Saisonauftakt meldete sich die 27-Jährige in einer ordentlichen Verfassung zurück auf den Rennpisten. Ganz okay gehe es ihr, befand eine wieder lachende Michelle Gisin. «Ich bin mega happy, bin ich schon wieder hier. Dass ich eines der strengsten Rennen bereits jetzt wieder fahren kann und ich hier in diesem Rummel stehe, ist sehr positiv.»
Noch vor wenigen Wochen war Gisin ihren Schilderungen zufolge weit weg davon, wieder Skirennen zu bestreiten. Schon Licht oder lautere Geräusche stellten sie vor Probleme. «Im ersten Monat ging es bergab, dann war ich einen Monat auf einem sehr tiefen Niveau. Ich hatte sehr starke Stimmungsschwankungen, was sehr ungewöhnlich ist für mich. Das Ganze ist verrückt. Du kannst einfach nichts machen, bist so negativ und gerätst in eine Spirale», so Gisin.
Eindeutige Signale
Doch die erhoffte Besserung stellte sich ein: «Aus einem Kilometer Spazieren in 20 Minuten mit drei Pausen wurden vier Kilometer mit einer halben Stunde Pause und so weiter. Ab Mitte September wurde es dann wirklich besser und machte ich physisch erstaunlich schnelle Fortschritte. Wobei es solche und solche Tage gibt. Die Signale des Körpers sind jeweils eindeutig.» Es sei immer ein Jonglieren, was gehe und was nicht. «Es braucht halt Zeit – Zeit und viel Geduld.»
Zwar hat Gisin in kurzer Zeit wieder ein ordentliches Level erreicht, von ihrer Bestform ist die Allrounderin freilich noch ein ganzes Stück weg. «Vor allem im physischen Bereich gibt es nach wie vor Nachholbedarf. Das Stehvermögen ist das grosse Problem bei diesem Virus», so Gisin. Und doch ist der Ist-Zustand sehr erfreulich. Er gibt der Engelbergerin jene Hoffnung, die das positive Denken erleichtert.