Nach dem vierten Kreuzbandriss innert acht Jahren droht Slalom-Spezialistin Charlotte Chable das vorzeitige Karriereende. Auch mental hinterlässt der lange Leidensweg bei der 25-Jährigen Spuren.
Bereits in jungen Jahren gilt Charlotte Chable als die grosse Schweizer Ski-Hoffnung. In der Saison 2015 macht sie mit starken Auftritten auch im Weltcup auf sich aufmerksam, im Slalom von Aspen fährt die damals erst 21-Jährige auf den überzeugenden 9. Rang. Der endgültige Durchbruch scheint sich abzuzeichnen. Doch bevor dieser gelingt, schlägt die Verletzungshexe gnadenlos zu – zum wiederholten Mal.
Chable hat bereits 2013 einen herben Rückschlag zu verkraften, als sie sich an beiden Knien zeitgleich die Kreuzbänder reisst. Nach einem Sturz im Training Anfang 2017 wird erneut ein Kreuzbandriss diagnostiziert – diesmal immerhin nur am rechten Knie.
Ein langer Leidensweg
In der Saison 2017/18 kann Chable folglich zu keinem einzigen Weltcup-Rennen antreten. Doch sie kämpft sich auf steinigem Weg wieder zurück, im Dezember des vergangenen Jahres fährt sie in St. Moritz erstmals nach drei Jahren wieder in die Weltcuppunkte. Doch wieder währt die Freude nicht lang: Im Februar zwingt sie eine Blinddarmoperation zum sofortigen Saisonabbruch.
In der Vorbereitung auf die kommende Saison geht es für die Waadtländerin lange aufwärts, Motivation und Vorfreude sind gross. Bis das Schicksal vor rund zwei Wochen wieder zuschlägt. Im Slalom-Training in Saas-Fee stürzt Chable unglücklich. Die niederschmetternde Diagnose: ein Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie. Auch die Saison 2019/20 ist für die 25-Jährige beendet, bevor sie begonnen hat.
«Vielleicht ist mein Körper nicht fürs Skifahren gemacht»
Es ist der vierte Kreuzbandriss innert acht Jahren – nicht undenkbar, dass die neuerliche schwere Verletzung für die C-Kader-Athletin das Karriereende besiegelt. «Früher war für mich nach jeder Verletzung klar: so höre ich nicht auf. Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob ich diese Kraft nochmals aufbringe», sagt Chable gegenüber «Blick». Sie sei vor dem Zwischenfall so gut in Form gewesen wie noch nie.
«Es ist ein Alptraum. Aber vielleicht ist mein Körper einfach nicht fürs Skifahren gemacht», macht sich Chable Gedanken und erklärt: «Mein Arzt sagt, dass es in meinem Knie ungewöhnlich wenig Platz für Muskeln hat. Sobald es eine starke Drehung gibt, reisst etwas. Das ist wohl genetisch bedingt.»
Erst in sieben Monaten will sie entscheiden, ob Skifahrerin Chable noch eine Zukunft hat. Zweifel sind aber angebracht. «Ich frage mich schon, warum es immer mich trifft. Ich glaube zwar nicht an Gott, aber daran, dass Dinge aus einem bestimmten Grund passieren – nur kenne ich diesen noch nicht», so Chable. Was sie dagegen genau weiss: «Ich will irgendwann auch Mutter sein. Und dafür brauche ich meine Knie.»