Kitzbühel «Das muss nicht sein» – Kritik am Zielsprung nach Kryenbühls Horrorsturz

dpa/jar

23.1.2021

Urs Kryenbühl verliert beim Zielsprung die Kontrolle und stürzt schwer.
Urs Kryenbühl verliert beim Zielsprung die Kontrolle und stürzt schwer.
Bild: Keystone

Kitzbühel sorgt jedes Jahr für ein Ski-Spektakel. Auf Bilder wie am Freitag aber würde jeder gerne verzichten. Zwei Abfahrer stürzen auf der Streif schwer, das Rennen wird später vorzeitig beendet. So wird Beat Feuz' historischer Sieg überschattet.

Als die Ärzte den schlimm gestürzten Urs Kryenbühl noch im Ziel von Kitzbühel versorgten, war Ryan Cochran-Siegle schon mit dem Rettungshubschrauber weggeflogen worden. Die berüchtigte Streif hat auch 2021 für schwere Stürze gesorgt und das sportliche Ergebnis samt dem Triumph von Beat Feuz etwas in den Hintergrund gerückt. Kryenbühl war am Freitag beim Zielsprung mit dem Kopf auf die Piste gekracht, US-Profi Cochran-Siegle hatte bei seinem Unfall gar ein Fangnetz durchbrochen.

Normalerweise blicken bei der spektakulärsten Schussfahrt im alpinen Ski-Weltcup bis zu 50'000 Fans mit einem Mix aus Schaudern und Begeisterung den Berg hoch. Zuschauer sind wegen Corona 2021 nicht zugelassen. Das Drama auf der Streif aber blieb auch bei diesem Rennen, in dem Feuz seinen langersehnten ersten Kitzbühel-Sieg feierte, nicht aus. Die Abfahrt wurde nach mehreren Zwangspausen nach 30 Startern abgebrochen – das allerdings wegen Windes und schlechter Sicht, nicht wegen der Unfälle.



Vor allem Kryenbühls Sturz schockte die Anwesenden und TV-Zuschauer. Der 26-jährige Schwyzer hatte beim Zielsprung mit fast 150 Stundenkilometern das Gleichgewicht verloren und war mit dem Kopf auf die Piste aufgeschlagen. Die Ski des Eidgenossen zerbarsten. Der Unfall erinnerte schmerzlich an den Sturz von Landsmann Daniel Albrecht 2009 an derselben Stelle, der ein Schädel-Hirn-Trauma und drei Wochen Koma zur Folge hatte; Albrecht kam nie wieder zu alter Stärke zurück.

Swiss Ski teilte am Abend mit, dass sich Kryenbühl laut einer ersten Untersuchung eine Gehirnerschütterung, einen Bruch des rechten Schlüsselbeines sowie einen Riss des Kreuz- und Innenbandes im rechten Knie zugezogen hat. Er bleibe über Nacht im Krankenhaus.



Feuz über Zielsprung: «Das muss nicht sein»

«Der Sprung geht einfach zu weit», sagte Sieger Feuz, der seinen ersten Erfolg nach vier zweiten Plätze bei der wichtigsten Abfahrt im Weltcup nur eingeschränkt geniessen konnte. Er gewann vor Matthias Mayer aus Österreich und dem Südtiroler Dominik Paris. «Der Sprung ist schon seit drei Tagen ein Thema. Ich bin 60, 70 Meter raus gesegelt», sagte Feuz im ORF und ergänzte: «Das muss nicht sein.»

Wie man den Sprung entschärfen kann, weiss der Berner: «Man hat nur die ersten zwei, drei Meter entschärft – aber man springt viel weiter hinten weg. Man kann ihn nur entschärfen, in dem man davor die Mulde auffüllt.»

Auch der Deutsche Josef Ferstl hatte Probleme bei der umstrittenen Stelle, konnte sich nach einem viel zu weiten Sprung nur mit Mühe auf den Beinen halten. «Ich habe in der Luft gemerkt: Habe die Ehre, der geht weit!», so Ferstl. «Ich habe gewusst, ich muss kompakt bleiben, die Spannung halten, sonst scheppert's.»



«Es war am Limit», räumte Emmanuel Couder vom Weltverband FIS ein. Schon der Unfall von Podiumskandidat Cochran-Siegle war extrem. Der US-Profi verlor kurz vor dem Ziel in der berüchtigten Traverse die Kontrolle über die Ski und krachte mit voller Geschwindigkeit in ein Fangnetz. Durch den wuchtigen Aufprall – Cochran-Siegle drückte es kopfüber mit dem Rücken und den Nacken in die Begrenzung – durchbrach er das Netz und blieb dahinter liegen.

Über den Jury-Funk wurde mitgeteilt, dass der 28-Jährige Schmerzen an der Schulter habe. Das US-Team gab ein paar Stunden später bekannt: Cochran-Siegle erlitt eine leichtere Halswirbelfraktur, er befinde sich aber schon wieder im Team-Hotel.

Heute Samstag folgt Teil 2 des Kitzbühel-Krimis: Gleiche Zeit, gleicher Ort – verfolgen Sie das Rennen ab 11:30 Uhr im Liveticker auf «blue News».

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