Eine Medaille hat Biathlet Dmytro Pidruschni an der WM in Oberhof (noch) keine. Dennoch ist sein Comeback bemerkenswert. Vor weniger als einem Jahr war er als Soldat in seiner Heimat Ukraine im Krieg.
Fünfter im Sprint am Samstag, Achter in der Verfolgung am Tag darauf – die Auftritte von Dmytro Pidruschni am Wochenende sind eine kleine Sensation. Denn die WM-Vorbereitung des 31-Jährigen aus Ternopil war alles andere als ideal. Wie das derzeit für ukrainische Sportler kaum anders sein kann.
Vor nicht ganz einem Jahr war der Verfolgungs-Weltmeister von 2019 unmittelbar nach dem Einmarsch der Russen in sein Heimatland zurückgekehrt und gut drei Monate als Soldat im Einsatz. Keine 14 Tage nach seinem letzten Olympia-Start in Peking sass Pidruschni mit einem Stahlhelm auf dem Kopf erschöpft in einem Keller, während seine Mitkonkurrenten noch um Weltcup-Punkte kämpften. Das Bild, das er damals postete, bewegte seine Biathlon-Kollegen sehr. Unzählige Sportler verloren im Krieg ihr Leben, unter ihnen ein 19-jähriger Nachwuchs-Biathlet.
In Gedanken im Krieg
«Ich denke jeden Tag an den Krieg, viele meiner Freunde sind an der Front, einige schon gestorben», sagte Pidruschni nun in Oberhof und bekräftigte wenig überraschend, dass er eine Rückkehr russischer Athleten ablehnt: «Der Krieg ist nicht vorbei, und ich denke, es wäre ein grosser Fehler, wenn die Russen wieder in den Sport zurückkehren würden.» Im Biathlon sind sie derzeit wie in vielen anderen Sportarten von Wettkämpfen ausgeschlossen. IOC-Präsident Thomas Bach erklärte allerdings in den letzten Wochen wiederholt, dass ein Start russischer Athleten unter neutraler Flagge an den Olympischen Spielen geprüft werden soll.
Von seinen Biathlon-Kollegen erlebt Pidruschni viel Zuspruch. Nach einer Knie-Operation im Dezember hatte er erst Anfang Februar beim IBU-Cup in Obertilliach mit einem 3. Platz sein Comeback gefeiert. Im WM-Sprint konnte er als Einziger in die Phalanx der Norweger um Seriensieger Johannes Thingnes Bö eindringen, die auch noch die Plätze zwei bis vier sowie Rang sechs holten. An der WM 2019 in Östersund hatte er in der Verfolgung noch vor Bö triumphiert.
Einer der Norweger
«Das ist ein besonderer Tag. Wir haben fünf Norweger unter den besten sechs, dazu ein Ukrainer. Wenn ich mir sechs Athleten hätte aussuchen können, wäre das die perfekte Geschichte, um der Welt zu erzählen, dass wir zusammen halten», sagte der Silber-Gewinner Tarjei Bö. «Er ist Teil unseres Teams, und wir unterstützen ihn auch.» Pidruschni weiss die Worte zu schätzen: «Danke für ihre Unterstützung für unser Land. Das ist sehr wichtig für mich.»
Für ihn geht es in Thüringen um mehr als Topplatzierungen. «Es ist wichtig für mich, für unser Land, für unsere Leute, die im Krieg sind», betonte er am Sonntag. Aktuell ist Pidruschni wieder Spitzensportler, im Geist aber immer auch Soldat für die Ukraine.