Genf um Skip Peter De Cruz oder Bern um Skip Yannick Schwaller. Die besten Schweizer Curling-Männerteams machen am Wochenende untereinander aus, wer die Schweiz an der EM ab Mitte November vertritt.
Es ist ein Fernduell im wahrsten Sinn des Wortes. Die Genfer wollen am World-Tour-Turnier in Medicine Hat in der kanadische Provinz Alberta die nötigen Punkte holen, während die Berner am ebenfalls zur Welttour zählenden Turnier in Champéry, im Unterwallis, das Gleiche vorhaben. 7750 Kilometer liegen die Orte auseinander. Die Zeitverschiebung von sieben Stunden bringt es mit sich, dass die Berner ihren Einsatz früher beendet haben werden als die Genfer – die also gegebenenfalls wissen werden, ob sie den Final gewinnen müssen oder nicht.
Noch vor zwei Jahren hätte es keine derart skurrile Entscheidung unter zwei Schweizer Teams geben können. Wann immer zwei oder mehr Teams bestimmte Leistungsanforderungen erfüllt hatten, wurde der Schweizer EM-Startplatz in einem mehrtägigen Ausscheidungsturnier vergeben. Solche Turniere wurden zuletzt in Zollbrück im Emmental und in Biel abgehalten.
Seither ist das nationale Ranking, die Punkterangliste, für die Qualifikation allein massgebend. Punkte holen die Teams an den grossen Meisterschaften WM und EM, aber viel häufiger an den Wettkämpfen der World Curling Tour.
Das offene Duell zwischen Genf und Bern um die Teilnahme an den Europameisterschaften im schwedischen Helsingborg ist aus Schweizer Sicht sehr erfreulich. Denn es bedeutet, dass die Schweiz neuerdings über zwei Quartette von Weltklasse-Format verfügt. Valentin Tanner, Peter De Cruz, Sven Michel und Benoît Schwarz vom CC Genf zählen nicht nur dank dem Gewinn von Olympia-Bronze 2018 schon länger zu den Besten. An sieben Starts an WM und EM seit 2014 haben sie nur ein einziges Mal eine Medaille verpasst.
Das CC-Bern-Team – Marcel Käufeler, Romano Meier, Michael Brunner und der frühere Junioren-Weltmeister Yannick Schwaller – haben gerade in den letzten Monaten unter Coach Bernhard Werthemann Fortschritte gemacht, die sich in den Resultaten deutlich äussern. Die Berner siegten zu Beginn dieser Saison zweimal an gut besetzten Turnieren der Welttour – Ende August in Baden und eine Woche später in Oakville/Ontario. Sie übernahmen zeitweilig die Führung im Schweizer Ranking. Die Genfer schlugen Anfang Oktober mit dem Sieg am Swiss Cup Basel zurück und zogen an den Bernern vorbei.
Swiss Curling wird Anfang nächster Woche das EM-Team selektionieren. Der Abstand zwischen Genf und Bern ist derzeit so gering, dass das Rennen um den EM-Startplatz am Wochenende sehr offen ist.
Tirinzoni und nochmals Tirinzoni
Die Situation im Schweizer Frauencurling ist grundlegend anders. Das Team mit Melanie Barbezat, Esther Neuenschwander, Skip Silvana Tirinzoni und Alina Pätz hat auf nationaler Ebene derzeit keine wirklichen Herausforderinnen. Seit sich Pätz, Weltmeister-Skip von 2015, und Tirinzoni auf die Saison 2018/19 hin verbündet haben, vereinen die Curlerinnen des CC Aarau enorm viel Kraft auf sich. Mit dem Weltmeister-Titel vom letzten März im dänischen Silkeborg sind sie zuoberst angekommen. In der Team-Weltrangliste liegen einzig noch die Kanadierinnen um Skip Rachel Homan vor ihnen.
Dass Tirinzonis Formation in der Schweiz sehr lange unangefochten sein wird, ist indessen nicht gesagt. Es gibt junge Teams wie jenes von Skip Elena Stern, denen der Sprung an die Spitze zuzutrauen ist. Die zweifache Weltmeisterin Binia Feltscher baut seit letzter Saison, weiterhin als Skip, ein junges Team auf.