Beat Feuz hat sich mit seinem Sieg in der Weltcup-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen einen letzten Motivationsschub für die Olympischen Spiele geholt. Der Weltmeister reist als Führender in der Disziplinen-Wertung nach Südkorea.
Es hatte etwas Gewohntes an sich. Wie in Wengen und Kitzbühel durfte es sich Beat Feuz im Zielraum der Kandahar-Piste in der so genannten Leaderbox auf dem roten Sessel bequem machen, der für den Führenden reserviert ist. Wie in Wengen und in Kitzbühel begann für Feuz das lange Warten, verbunden mit bangen Momenten und Zweifeln, ob die eigene Leistung zum Sieg reichen wird. Wie in Wengen reichte sie, um in der Rangliste ganz vorne zu bleiben. Das Szenario in Kitzbühel, wo ihn der Deutsche Thomas Dressen noch von Platz 1 verdrängt hatte, wiederholte sich nicht.
Der Schlussspurt
Seinen dritten Abfahrtssieg in diesem Winter stellte Feuz mit einer fantastischen Fahrt im untersten Streckenteil sicher. Die zweitletzte Zwischenzeitnahme hatte er noch mit 33 Hundertsteln Rückstand auf den Schnellsten, Vincent Kriechmayr, passiert. Am Ende lag er 18 Hundertstel vor dem Österreicher, der gemeinsam mit dem Italiener Dominik Paris Zweiter wurde und sich damit seinen ersten Podestplatz in einer Weltcup-Abfahrt sicherte. "Die Hundertstel waren auf meiner Seite", sagte Feuz. Das Glück hat er sich verdient - einer wie er mit dieser Verletzungs- und Krankheitsgeschichte ganz besonders.
Nervosität war bei Feuz auf dem roten Sessel nicht nur wegen Kriechmayr aufgekommen. Bei Streckenhälfte waren sechs weitere Konkurrenten zügiger unterwegs gewesen, gut 20 Sekunden vor dem Ziel war für den Schangnauer lediglich der siebtbeste Wert gemessen worden.
Keine Nervosität kam wegen Christof Innerhofer auf. Panis' Teamkollege, der nach Bestzeiten in den beiden Trainings als Favorit gehandelt wurde, kam schon kurz nach dem Start wegen eines Ausrutschers praktisch zum Stillstand und fiel wie die restlichen Schweizer aus den Traktanden. Mauro Caviezel wurde als zweitbester Fahrer von Swiss-Ski Siebzehnter.
Die Vermutung lag nahe, dass der Instinkt-Skifahrer Beat Feuz kurz vor dem Ziel wieder einmal eine Linie gefunden hatte, die der Konkurrenz vorenthalten blieb. Der Emmentaler sah es etwas anders. "Ich fuhr dort durch, wo ich es mir bei der Besichtigung vorgenommen hatte. Geplant hatten diese Linie wohl viele andere auch. Nur war es für sie offenbar schwierig, das Ganze umzusetzen."
"Der beste Beat Feuz"
Feuz hätte es auch weniger höflich formulieren können. Die Fähigkeit, sich fehlerfrei am Limit zu bewegen und trotz Risiko nicht aus der Spur zu geraten, haben neben ihm nicht viele. Im Moment steht er diesbezüglich über allen. "Es könnte für mich nicht besser laufen." Zumindest in der Abfahrt läuft es seit zwei Jahren wie geschmiert. Seit seinem letzten Comeback nach langer Verletzungspause fährt Feuz auf konstant hohem Niveau. Es ist vermutlich der "beste Feuz, den es je gab" - vergleichbar vielleicht mit dem Feuz des Winters 2011/2012, in dem er sich nach vier Siegen und total 13 Podestplätzen im Duell um den Gesamtweltcup Marcel Hirscher nur knapp geschlagen geben musste.
Die Dominanz von Feuz zeigt auch in der Disziplinen-Wertung Wirkung. Als neuer Führender liegt er 40 Punkte vor dem bisherigen Leader Aksel Lund Svindal. Der mit der Nummer 1 gestartete Norweger wurde am Samstag Vierter, nachdem auch er vor dem letzten Streckenabschnitt vor Feuz gelegen hatte. Der seit Beginn des Winters hochstehende Kampf der beiden Ausnahmekönner um die kleine Kristallkugel wird im Norden entschieden. Weltcup-Abfahrten stehen noch in Kvitfjell in Svindals Heimat und wenige Tage danach beim Finale in Are in Schweden im Programm.
Im Fokus stehen vorerst aber die Olympischen Spiele in Pyeongchang. Läuft alles nach Plan, wird der rote Sessel für Feuz auch beim Saisonhöhepunkt in Südkorea zum Thema. Zittern und Bangen inklusive.
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