Peter Schröcksnadel gibt im Juni sein Amt als Präsident der Österreichischen Skiverbands ÖSV ab. Die zahlreichen Dopingskandale der letzten Jahre lastet Schröcksnadel allen an – nur nicht seinem ÖSV.
Schröcksnadel verteidigte den ÖSV in Bezug auf die Doping-Affären während seiner Amtszeit in einem Bilanzgespräch vehement. Letztlich sei es sicher kein Imageschaden, weil das Doping ja alle Nationen betreffe, sagte der Tiroler in der österreichischen TV-Sendung «Sport und Talk». Nur sei man hierzulande in einem besonders gut: «Im Nestbeschmutzen sind wir super», sagte Schröcksnadel.
Beim Thema Doping wurde das Interview mit Schröcksnadel jäh emotional. Er sieht den ÖSV zu Unrecht in ein schlechtes Licht gerückt. «Würde der Verband Doping unterstützt haben oder würden die Ärzte des Verbandes das gemacht haben, würde ich zustimmen. Das war aber nicht der Fall», sagte Schröcksnadel.
«Austria is a too small country to make good doping»
Vier grosse Dopingaffären hat Schröcksnadel während seiner Amtszeit erlebt, eine der eindrücklichsten an den Olympischen Spielen 2006 in Turin, als er vor internationaler Presse zu Protokoll gab: «Austria is a too small country to make good doping.» Österreich sei ein zu kleines Land, um gutes Doping zu machen. Sein legendäres Zitat erachtet Schröcksnadel unverändert als passend. «Es war vielleicht das Englisch holprig, aber inhaltlich stimmt es zu hundert Prozent.»
Für Schröcksnadel zeigt dies nicht zuletzt ausgerechnet die Doping-Razzia bei der WM in Seefeld 2019. Im Zuge der «Operation Aderlass» folgten Festnahmen der ÖSV-Langläufer Dominik Baldauf und Max Hauke, der deutsche Drahtzieher Mark S. ist erst im Januar zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Mit Gerald Heigl wurde im Zuge der Affäre im Vorjahr auch ein ÖSV-Langlauftrainer als Beitragstäter rechtskräftig schuldig gesprochen und sportrechtlich lebenslang gesperrt. Ähnlich wie der mehrfach skandalumwitterte Walter Mayer, einst als Cheftrainer «Vater» des sogenannten österreichischen Langlaufwunders.
Eine Beteiligung des ÖSV sei in der Aderlass-Causa unterstellt worden, so Schröcksnadel. «Das war ein deutscher Arzt, der Athleten akquiriert hat. Das ist wie bei Eltern, die Kinder haben, die irgendwelche Drogen nehmen: Die erfahren das als letzte. Man kann nie vermeiden, dass einer etwas macht, das nicht erlaubt ist. Das kann immer wieder passieren.» Sportrechtlich hatte der Doping-Skandal Schuldsprüche gegen vier Beteiligte zur Folge. Auch der bereits bei Olympia 2014 aufgeflogene Johannes Dürr wurde verurteilt und als Wiederholungstäter lebenslang gesperrt.
Auch in Turin kein Verschulden des ÖSV
Besonders schwer im Magen liegt dem Langzeit-Präsidenten die Dopingaffäre bei Olympia 2006 in Italien. Einen ÖSV-Skandal sieht Schröcksnadel hier im Rückblick überhaupt nicht. Denn: «Es war eine Olympia-Mannschaft, es war keine ÖSV-Mannschaft. Es war damals der Herr Jungwirth Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees. Die waren verantwortlich für die Olympia-Mannschaft.» Dass die Biathleten, die Nordischen und die Alpinen in Turin sehr wohl im Umfeld des ÖSV waren und von den gleichen Leuten wie im Weltcup trainiert und betreut wurden, unterschlug Schröcksnadel. Der ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth, dem Schröcksnadel alles in die Schuhe zu schieben versucht, war jahrelang Schröcksnadels grosser Gegenspieler im österreichischen Sport.
Zwar bestritt Schröcksnadel nicht, dass die später verurteilten Biathleten Wolfgang Rottmann und Wolfgang Perner auch ÖSV-Sportler gewesen seien, bekräftigte aber mehrmals: «In Turin sind alle ausser die zwei Biathleten vom italienischen Gericht freigesprochen worden.» Die genannten Freisprüche trotz erdrückender Indizien waren indessen fragwürdig.
Neben Rottmann und Perner war der später aus dem ÖSV ausgeschlossene Langlauftrainer Emil Hoch (von der WADA als Doping-Unterstützer bis 2023 gesperrt) in Italien im Juli 2012 zu bedingten Haft- und unbedingten Geldstrafen verurteilt worden. Die sechs weiteren Angeklagten, unter ihnen Schröcksnadel, wurden freigesprochen. Schröcksnadels Schlussfolgerung: «Es war kein Skandal. Der Skandal war, das einer daraus gemacht wurde.»