Schafft es heuer erstmals wieder seit 1999 und dem 2. Platz von Michael von Grünigen ein Schweizer Slalomspezialist in Wengen in die ersten drei? Der Berner fände es an der Zeit.
Michael von Grünigen war der «Mister Riesenslalom». Von 1989 bis zu seinem Rücktritt 2003 gewann «MvG» in dieser Disziplin 23 Weltcuprennen, dazu stand er 23 weitere Male auf dem Podest. Der Berner Oberländer wurde zweimal Riesenslalom-Weltmeister, sicherte sich 1998 in Nagano Olympia-Bronze und insgesamt viermal die kleine Kristallkugel. Von Grünigen, und das ist weniger bekannt, war auch ein sehr guter Slalom-Fahrer. Seine Highlights zwischen den Kippstangen sind WM-Bronze 1996 und zwei 2. Plätze in Wengen.
Von Grünigen ist dem Skirennsport weiterhin verbunden. So hat der 49-Jährige Mandate bei seiner ehemaligen Skifirma Fischer, ausserdem fahren zwei seiner drei Söhne Rennen. Der Älteste Noel (23) gab in diesem Winter sein Weltcup-Debüt. In Levi (50.) und zuletzt in Adelboden (56.) verpasste er jedoch den Vorstoss in den Finaldurchgang.
Michael von Grünigen, am Lauberhorn gibt es heuer ein wenig erfreuliches Jubiläum. Seit 20 Jahren und Ihrem 2. Platz hinter dem Österreicher Benjamin Raich stand in Wengen im Slalom kein Schweizer mehr auf dem Podest. Was sagen Sie dazu?
Ich wurde kürzlich schon einmal darauf angesprochen. Zunächst dachte ich, das kann ja nicht stimmen, und ich habe das dann noch selber abgeklärt.
Und was dachten Sie danach, als Sie es schwarz auf weiss hatten?
Dass es eben Zeit wird, dass mich ein Swiss-Ski-Athlet ablöst. Ich fände das toll. Zwanzig Jahre ohne Podestplatz, das ist einerseits ein bisschen ein Armutszeugnis. Andrerseits zeigt es auch, dass eine Platzierung in den ersten drei im Slalom eben nicht so einfach zu erreichen ist. Es ist eine schwierige Disziplin, um konstant Top-Resultate zu erzielen.
Wie berechtigt sind nach den jüngsten Resultaten der Schweizer Stangenkünstler um Daniel Yule, Loïc Meillard, Ramon Zenhäusern und Luca Aerni die Hoffnungen, dass sich das auch in Wengen ändert?
Ich bin zuversichtlich, dass es in Wengen nicht wieder zwanzig Jahre geht, bis ein Schweizer Slalomfahrer auf dem Podest steht. Yule hat ja vor Weihnachten in Madonna di Campiglio sogar gewonnen, Meillard wurde in Saalbach Zweiter. Sie sind eine immer noch junge Gruppe, die über die Jahre gereift ist. Sie pushen sich gegenseitig.
Weshalb hat es so lange gedauert, bis Swiss-Ski wieder ein konkurrenzfähiges Slalom-Team auf die Beine gestellt hat?
Die Schweiz hat speziell im Slalom immer von Einzelkämpfern gelebt. Ich formuliere es positiv: Wir haben nun eine Generation an Fahrern, die mit dem neuen Material aufgewachsen ist, dieses adaptiert hat und optimal damit umgehen kann. Das Schöne ist, dass es eben eine grössere Gruppe ist, und nicht wieder nur ein einzelner Fahrer wie beispielsweise damals Didier Plaschy, Urs Imboden oder später auch Silvan Zurbriggen. Nun hat sich, unterstützt von den Swiss-Ski-Trainern, eine Dynamik ergeben, die diese Gruppe bis an die Weltspitze geführt hat.
Sie wurden in erster Linie als Riesenslalom-Fahrer wahrgenommen. Sie wurden in dieser Disziplin zweimal Weltmeister, holten Olympia-Bronze und gewannen 23 Weltcuprennen. Haben Sie selber auch den Riesenslalom favorisiert?
Ich hatte schon im Junioren-Alter die grössere Affinität zum Riesenslalom. Aber grundsätzlich war dieser für mich nicht wichtiger. Doch ich war halt immer besser als im Slalom. So ist auch dieses Palmares mit diesen vielen Erfolgen entstanden.
Zu sagen ist, dass Sie oftmals auch gut Slalom fuhren, mit über 20 Top-10-Plätzen im Weltcup und zudem 1996 WM-Bronze.
Ich habe den Slalom immer als zweite Disziplin mitgezogen und zwischendurch durfte ich da auch Erfolge feiern. So war ich über mehrere Jahre in der ersten Gruppe, teils sogar in den ersten sieben. Leider reichte es nie ganz zu einem Sieg.
Diesen verpassten Sie zumindest rangmässig zweimal knapp. 1995 und 1999 wurden Sie jeweils im Slalom von Wengen Zweiter.
Ich kann mich gut erinnern. Bei meinem ersten Podest (1,32 Sekunden hinter dem Italiener Alberto Tomba – Red.) fuhr ich trotz einer Schulterverletzung, umso erstaunlicher war meine Leistung. 1999 dann fehlte mir gegenüber Raich nur eine Zehntelsekunde zum Sieg, was mich damals 'gefuchst' hat. Aber so war es halt. Wenn ich nicht eine so erfolgreiche Riesenslalom-Karriere hingelegt hätte, dann wäre ich auch ein ganz guter Slalom-Fahrer gewesen.