Diplom ist Pflicht Sticht Von Siebenthals zweite Trumpf-Karte?

SDA

14.2.2018 - 18:23

Dass das 10-km-Rennen in der Skating-Technik ausgetragen wird, kommt Nathalie von Siebenthal entgegen
Dass das 10-km-Rennen in der Skating-Technik ausgetragen wird, kommt Nathalie von Siebenthal entgegen
Source: KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Nathalie von Siebenthal zieht am Donnerstagmorgen Schweizer Zeit (07.30 Uhr) in Pyeongchang ihre zweite Trumpf-Karte. Im Rennen über 10 km Skating mit Intervall-Start ist ein Diplom Pflicht.

Nathalie von Siebenthal zählt zur erweiterten Weltspitze, diesen Beweis ist sie nicht mehr schuldig. Doch sie musste ihn erbringen, denn schweizweit Bekanntheit erlangte die zierliche Läuferin 2015 an den Weltmeisterschaften in Lahti durch einen Glücksfall. Dort hatte sie der von den äusseren Bedingungen begünstigte 6. Rang vor der TV-Kamera zu Tränen gerührt. Beim 4. Rang im Skiathlon an den Weltmeisterschaften 2017 in Lahti oder Platz 6 am vergangenen Samstag in Pyeonchang gab es hingegen nichts mehr zu deuteln. Diese Klassierungen zeigen klar: Von Siebenthal hält Trumpf-Karten in der Hand, die an einem perfekten Tag auch mal stechen können. Mehrere Umstände sprechen dafür.

Das Material dürfte passen. Die Service-Crew rüstete Von Siebenthal im Skiathlon top aus. Insbesondere der Skating-Ski funktionierte perfekt, wohl sogar besser als bei den Norwegerinnen. Diesen Eindruck erweckten die TV-Bilder aus den Abfahrten, in denen das Leichtgewicht eigentlich im Nachteil sein müsste. Bergab schien die Schweizerin eher schneller zu gleiten als ihre direkten Konkurrentinnen.

Obwohl die Läuferinnen solo starten, ergeben sich auf der Schlaufe Züge. Erwischt eine etwas schwächere Athletin einen starken Rücken, profitiert sie in dessen Sog. Allerdings lässt sich im Voraus schwer berechnen, wer auf wen treffen wird. Die Vor- und Nachteile von tiefen oder hohen Startnummern gilt es abzuwägen. Wählt Von Siebenthals Trainer Peter von Allmen eine frühe Nummer, besteht die Chance, eine Topläuferin wie Charlotte Kalla, Marit Björgen oder Jessica Diggins als «Lift» zu finden. Mit einer höheren Nummer hingegen weiss man mehr über die Zwischenstände der Gegnerschaft, und kann, sollte es tatsächlich um die Medaille gehen, den Körper noch mehr quälen.

Hohe Nummer wohl vorteilhaft

Langlauf ist eine Freiluftsportart, das Wetter kann den Rennverlauf beeinflussen. Die Prognosen lassen diesmal auf einen regulären Wettkampf schliessen. Windböen, die quasi zum Stillstand führen, dürften ausbleiben. Die Temperaturen steigen tagsüber leicht ins Plus. Deshalb werden die Besten wohl hohe Nummern wählen, denn nach Sonnenuntergang könnten die Verhältnisse etwas eisiger und somit wieder schneller werden.

Die 10-km-Läuferinnen spulen in Pyeongchang ihre Runden im Skating-Stil ab. Von Siebenthal ist von ihren körperlichen Voraussetzungen eher für diese Technik prädestiniert. Als Bergfloh kann sie ihre Vorteile in den Anstiegen gleitend besser ausspielen als im Diagonalschritt, der stets einen kräftigen Abstoss erfordert, um mit dem Steigwachs Halt zu finden. Zudem fallen die Doppelstockpassagen im Flachen weg, in denen kräftige Athletinnen wie Björgen mehr Schub erzeugen.

Langläuferinnen sind nicht derart spezialisiert wie Leichtathletinnen, die im Training einen Unterschied machen, ob sie über 5000 m, 10'000 m oder im Halbmarathon antreten. Das Augenmerk bei Von Siebenthal lag in der Vorbereitung nicht explizit auf den 10 km Skating. «Wichtig ist, dass Nathalie hier ihre Spritzigkeit nicht verliert», betonte Von Allmen. «Man muss die Energie von Wettkampf zu Wettkampf mitnehmen.» Gerade in Pyeongchang zehren die arktischen Bedingungen an der Substanz. «Lieber einmal zu früh abbrechen, als ein Training voll durchziehen», so Von Allmen. Von Siebenthal wird also kaum ausgepowert antreten.

Ein Coup hängt im Fall der Berner Oberländerin nicht allein vom eigenen Leistungsvermögen ab. Die Konkurrenz muss - aus welchen Gründen auch immer - schwächeln. Im Normalfall gibt es an der Schwedin Charlotte Kalla, der Medaillensammlerin Marit Björgen oder der Amerikanerin Jessica Diggins kein Vorbeikommen. Und auch die Finnin Krista Pärmäkoski oder die Norwegerinnen Heidi Weng, Ragnhild Haga und Ingvild Flugstad Östberg müssen zuerst bezwungen werden. Doch mit Von Siebenthal, der Österreicherin Teresa Stadlober und der Schwedin Ebba Andersson steht ein Trio bereit, das bei den Buchmachern mit derselben Quote auf den Positionen 8 bis 10 geführt wird.

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