Mit einer Machtdemonstration schreibt Marco Odermatt in Alta Badia Ski-Geschichte und erreicht in seiner Karriere den nächsten Meilenstein, der für den 24-Jährigen aber nur schwierig einzuordnen ist.
Mit dem ersten Triumph auf der Gran Risa in Alta Badia, wie das Chuenisbärgli in Adelboden ein Riesenslalom-Klassiker, reiht sich Marco Odermatt unter die Grössten dieser Disziplin. Der Überflieger des ersten Saisondrittels feiert in den Südtiroler Dolomiten bereits den vierten Sieg im angebrochenen Winter. In drei der vier bisherigen Riesenslaloms lässt er die gesamte Konkurrenz hinter sich.
Bereits nach dem Ritt auf Rang zwei am Sonntag auf der gleichen Strecke schreibt Odermatt in den sozialen Medien: «Endlich hab' ich dich Gran Risa.» Nur rund 24 Stunden später legt der Nidwalden aber noch eine Schippe drauf und distanziert die ärgsten Rivalen um eine Sekunde und mehr – auf einem Hang, zu dem er seit seiner Premiere 2016 lange eine «Hassliebe» pflegt.
Das letzte Prozent herausgeholt
«Es ist unglaublich», zeigt sich Odermatt im Siegerinterview bei SRF überglücklich. «Ich habe nach gestern gewusst, dass irgendwo noch ein Prozent ist, das ich herausholen kann. Der 2. Lauf hat nochmals alles abverlangt von der Energie her. Die Piste war etwas besser als gestern, aber ich wusste, dass man noch einmal pushen muss.»
Odermatt avanciert bereits in Sölden zum ersten Schweizer Sieger seit Didier Cuche vor zwölf Jahren. Nun wird er in Alta Badia Nachfolger von Daniel Albrecht, der im Südtirol als letzter Landsmann vor 13 Jahren triumphieren konnte. «Die Rennen habe ich dort sicher schon mitverfolgt, zu den Zeiten von Dani oder Didier. Aber dass mir das auch gelingt, ist unglaublich», so Odermatt im Gespräch mit ORF darauf angesprochen.
Auf einer Stufe mit grossen Namen
Der Führende im Gesamtweltcup bewegt sich aber nicht nur auf den Spuren von Cuche und Albrecht. Odermatt ist erst der dritte Schweizer, der in einem Kalenderjahr sechs Weltcup-Siege erringen kann. Vor ihm gelang das einzig Peter Müller (1986) und Pirmin Zurbriggen (1986 und 1987). Letzterer schaffte es vor 34 Jahren gar neunmal auf das oberste Treppchen. Noch gibt es für Odermatt also Luft nach oben.
Aber auch die vier eingefahrenen Riesenslalom-Siege 2021 stellen eine imposante Marke dar, mit der in Vergangenheit mit Joël Gaspoz (vier Siege 1986) und Michael von Grünigen (fünf Siege 1997) nur zwei Schweizer mithalten können.
«Es ist nicht einfach, es passiert schon sehr viel»
Solche Erfolge einzuordnen und dafür die richtigen Worte zu finden, fällt dem Schweizer Sportler des Jahres nicht leicht. «Ich versuche einfach, einen coolen Kopf zu bewahren. Es ist nicht einfach, es passiert schon sehr viel. Ich muss einfach die letzten Minuten vor dem Start irgendwie auf mich selbst hören und versuchen, ruhig zu bleiben», gibt Odermatt zu.
Die anstehende kurze Weihnachtspause kommt für den müden Nidwaldner wie gerufen. «Wenn es einem so gut läuft, dann geht alles einfacher. Doch irgendwann ist die Flasche doch fast leer, deshalb bin ich doch sehr froh über die vier Tage Pause.»
Bereits am 25. Dezember erfolgt für ihn die Anreise nach Bormio, wo tags darauf das erste von zwei Abfahrts-Trainings ansteht. Im Veltlin stehen zunächst am 28. Dezember eine Abfahrt und an den zwei Tagen danach je ein Super-G an.