Fünf Fragen an Daniel Yule Daniel Yule, wäre der Slalom-Weltcup nicht schöner ohne Marcel Hirscher?

Patrick Lämmle

15.2.2019

Daniel Yule strebt im Slalom eine WM-Medaille an.
Daniel Yule strebt im Slalom eine WM-Medaille an.
Bild: Keystone

Daniel Yule ist der beste Schweizer Slalom-Fahrer der Gegenwart und gehört an der WM in Are in dieser Disziplin zum engsten Favoritenkreis. «Bluewin» beantwortet er vor seinem ersten WM-Einsatz fünf Fragen.

Ihre Eltern sind Schotten, Sie selbst haben sich 2008 einbürgern lassen, um in die Juniorenkader von Swiss Ski aufgenommen zu werden. Im gleichen Jahr haben Sie aufgehört mit Fussballspielen. Hätten Sie auch als Fussballer das Zeug zum Profi gehabt?

Ich habe beim FC Orsières gespielt. Alle meine Schulkollegen waren ebenfalls in diesem Klub und es hat riesig Spass gemacht. Wenn ich ganz ehrlich bin, weiss ich nicht, ob ich das Zeug zum Profi gehabt hätte. Meine Lieblingsposition damals war Goalie – weil man beim Aufwärmen weniger laufen musste als die anderen. Ich hatte kein besonderes Talent beim Fussball. Aber auch beim Skifahren war ich nicht wirklich ein Wunderkind. Durch harte Arbeit, Fleiss und Durchhaltewillen habe ich mich im Skifahren aber nach vorne gearbeitet. Vielleicht wäre dies auch im Fussball möglich gewesen – wer weiss... Schlussendlich bin ich aber sehr glücklich, dass ich ein Skifahrer geworden bin und würde meine Karriere mit nichts anderem tauschen.

Apropos Fussballer: Sind Sie ein bisschen neidisch auf die Fussballerlöhne?

Nein, ich bin nicht neidisch auf die Fussballerlöhne. Ich habe mit Skifahren bis jetzt gut verdient. Aber klar, vom Lohn der Fussballer sind wir weit entfernt. Manchmal ist es schon ein wenig ärgerlich zu sehen, dass der zehntbeste Skifahrer viel weniger verdient als die meisten Fussballer. Aber ich bin Skifahrer, weil es meine Leidenschaft ist und dass ich von diesem Sport Leben kann, ist ein zusätzliches Plus.

«Im Gegenteil, ich glaube der Slalom-Weltcup ist viel schöner mit Marcel Hirscher. Sonst wäre es wie Tennis ohne Roger Federer. Marcel Hirscher zeigt uns allen, was auf Skiern wirklich möglich ist.»

Daniel Yule auf die Frage, ob der Weltcup ohne Marcel Hirscher nicht schöner wäre.

Sie sind Dritter in der Slalom-Wertung, aber «nur» in zwei von acht Rennen aufs Podest gefahren. Wie sehen Sie Ihre Chancen, an der WM eine Medaille zu gewinnen?

Ich bin überzeugt, dass ich an der WM eine gute Chance auf eine Medaille habe. Momentan ist die Dichte im Slalom hoch und es gibt einfach eine riesige Konkurrenz – alles muss am Tag X stimmen. Der Hang in Are ist ein wenig flacher als das Gelände, das ich mag. Aber bis zum Slalom hin werden wir speziell flachere Passagen trainieren. Ich konzentriere mich einfach auf meine eigene Leistung und versuche mich bestmöglich auf die WM vorzubereiten. Am Renntag werde ich mein Bestes geben und schauen, was dabei herauskommt.

Das letzte Slalom-Podest vor der WM: Alexis Pinturault (FRA/2. Platz), Marcel Hirscher (AUT/1. Platz) und Daniel Yule (SUI/3. Platz) bei der Siegerehrung in Schladming.
Das letzte Slalom-Podest vor der WM: Alexis Pinturault (FRA/2. Platz), Marcel Hirscher (AUT/1. Platz) und Daniel Yule (SUI/3. Platz) bei der Siegerehrung in Schladming.
Bild: Keystone

Jetzt mal Hand aufs Herz: Wäre der Slalom-Weltcup nicht schöner ohne Marcel Hirscher? An guten Tagen wirkt er fast unschlagbar.

Im Gegenteil, ich glaube, der Slalom-Weltcup ist viel schöner mit Marcel Hirscher. Sonst wäre es wie Tennis ohne Roger Federer. Marcel Hirscher zeigt uns allen, was auf Skiern wirklich möglich ist. Klar, ohne seinen Namen auf der Rangliste hätte ich einige bessere Platzierungen auf meinem Konto, aber diese wären viel weniger Wert, da man weiss, dass der Beste gefehlt hat. Es ist einfach eine Ehre, gegen einen der besten Athleten aller Zeiten Skifahren zu können.

Sie haben die Matura gemacht. Würde es Sie reizen, ein (Fern)-Studium zu machen. Oder gibt es für Sie zurzeit «nur» Skifahren?

Ich bin an einem Fernstudium dran. Und zwar studiere ich seit fünf Jahren Wirtschaft an der «Open University». Wenn alles nach Plan läuft, dann werde ich diesen Juni meinen Bachelor abschliessen. Es ist nicht ganz einfach, neben dem Sport die Motivation fürs Studieren zu finden, aber ich denke, dass es für mich eine wichtige Ablenkung neben dem Skifahren ist.

Daniel Yule wird am 12. Februar im Teamevent an den Start gehen, am 17. im Slalom. Einen Tag nach der WM, am 18. Februar, wird er seinen 26. Geburtstag feiern – vielleicht trägt er dann ja eine Medaille um den Hals.


Kurzabriss von Yules Karriere

Slalom-Spezialist Daniel Yule hat sich Schritt für Schritt nach oben gearbeitet. In den letzten beiden Jahren fuhr er regelmässig in die Top-Ten, aber erst in dieser Saison hat sich der 25-Jährige an der Weltspitze etabliert. Ende letzten Jahres stand Yule im Slalom erstmals zuoberst auf dem Treppchen – elf Jahre lang hatte das kein Schweizer mehr geschafft. «Nur» ein weiterer Podesplatz kommt in der laufenden Saison hinzu – im letzten Rennen vor der WM fuhr er beim Nachtslalom in Schladming auf Platz Drei. Yules Konstanz ist beeindruckend, nur Überflieger Marcel Hirscher und der junge Franzose Clément Noël (21) haben im Slalom-Weltcup mehr Punkte geholt. An der WM gehört der Schweizer zum engeren Favoritenkreis. An Grossanlässen hat Yule als Einzelsportler noch keine Medaille gewonnen, zwei Goldmedaillen hat er dennoch zuhause. An den Olympischen Spielen in Pyeongchang triumphierte die Schweiz vor einem Jahr im Teamwettbewerb. Jetzt ist eine weitere WM-Goldmedaille im Team-Event dazu gekommen.

Daniel Yule (zweiter von links) hat in Pyeongchang Olympia-Gold im Teamevent gewonnen.
Daniel Yule (zweiter von links) hat in Pyeongchang Olympia-Gold im Teamevent gewonnen.
Bild: Keystone
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