Nach dem abrupten Ende der alpinen Skisaison zieht Daniel Yule im Interview mit «Bluewin» eine positive Bilanz. Vor allem an die überragenden Auftritte im Januar denkt der Walliser gerne zurück.
Innert drei Wochen entscheidet der entfesselte Daniel Yule im Januar die Rennen in Madonna di Campiglio, Adelboden und Kitzbühel. Es sind die Weltcupsieg zwei bis vier für den Walliser, der damit als erster Schweizer überhaupt mehr als zwei Weltcupslaloms für sich entscheiden kann. Zudem fährt Yule auch in Levi und Schladming aufs Podest und klassiert sich mit Ausnahme der Rennen von Zagreb (27.) und Chamonix (ausgeschieden) immer in den Top 10. Im Interview mit «Bluewin» zieht der 27-Jährige Bilanz – und spricht über das abrupte Saisonende.
Daniel Yule, wie haben Sie die Absage der Rennen von Kranjska Gora aufgrund der Coronavirus-Pandemie erlebt?
Es war nicht einfach, weil wir erst am Donnerstag erfahren haben, dass die Rennen abgesagt werden und weil es in der Vorbereitungswoche viele Gerüchte gab. Es war also fast eine Erleichterung, als die offizielle und endgültige Ankündigung kam. Natürlich wollten wir alle fahren, aber wir sehen jetzt, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als Sport.
Sie lagen in der Slalomwertung nur 57 Punkte hinter dem Spitzenreiter, dem Norweger Henrik Kristoffersen. Waren Sie deshalb auch ein wenig frustriert, als sie von der Absage erfuhren?
Ehrlich gesagt, nein. Ich war natürlich immer noch im Rennen um die kleine Kristallkugel. Aber diese Auszeichnung wird an den Athleten vergeben, der vor Saisonende die meisten Punkte erzielt. Letzteres kam ziemlich früh in diesem Jahr, daher kann ich mich nur dafür verantwortlich machen, dass ich vor der Absage nicht mehr Punkte erreicht habe. Es mag frustrierend gewesen sein, nicht bis zum Ende dafür kämpfen zu können. Der Gewinn der Slalomkugel wäre das i-Tüpfelchen gewesen.
Nun belegen Sie in der Slalomwertung den dritten Platz. Sind sie zufrieden?
Ja, es ist eine grosse Befriedigung für mich. Ich war bereits im letzten Winter Dritter. Ich bin sehr froh, diese Leistung bestätigt zu haben. Zwei Jahre hintereinander unter den drei besten Slalomfahrer der Welt – das zeigt auch, welches Niveau ich in den letzten Saisons erreicht habe. Besonders erfreulich sind die drei Erfolge, die ich im Januar bei den Klassikern in Madonna di Campiglio, Adelboden und Kitzbühel erreicht habe. Insgesamt war es also eine sehr erfolgreiche Saison.
Haben Sie damit gerechnet, eine solche Saison in den Schnee zu zaubern?
Ehrlich gesagt, nein. Aber ich trainiere nicht so hart und ich bringe so viele Opfer, um danach auf den zehnten Platz zu fahren. Ich denke jedoch, es wäre überheblich gewesen, im Vorhinein mit einer solchen Saison zu rechnen. Deshalb gehe ich auch nicht davon aus, dass die Siege im nächsten Winter vom Himmel fallen werden. Diese Einstellung ist wichtig, wenn ich mich weiterentwickeln möchte.
Sie sind mittlerweile zum grössten Schweizer Slalomfahrer der Geschichte geworden. Sind Sie sich dessen bewusst?
Überhaupt nicht! Dieser Status steht etwas über mir. Zuerst war ich voll auf meine Saison und jetzt auf meine Karriere konzentriert. Vielleicht wird mir klar, was ich erreicht habe, wenn ich die Skier weggelegt habe, und dann werde ich es sicher mehr schätzen. Mein derzeitiger Schwerpunkt liegt bereits auf der nächsten Saison. Ich ruhe mich nicht auf meinen Lorbeeren aus.
Insbesondere dank ihren hervorragenden Ergebnisse hat die Schweiz in diesem Winter das Nationenranking gewonnen. Welche Bedeutung hat das für Sie?
Alle Athleten mussten die bestmögliche Leistung erbringen. Alle haben daher zu diesem Triumph beigetragen, indem sie Punkte gesammelt haben. Ich habe während der Saison nicht aktiv über dieses Klassement nachgedacht. Aber es ist sicher schön, die Österreicher verdrängen zu können. Vor allem für alle Schweizer Skifans ist es sehr erfreulich – und da gehöre ich auch dazu.
Welches Programm erwartet Sie in den kommenden Wochen?
Ich hatte Materialtests und Verpflichtungen mit meinen Sponsoren geplant, aber diese Treffen blieben aufgrund der Coronavirus-Pandemie auf der Strecke. Am Ende der Saison erlaube ich mir aber ohnehin ein paar Wochen ohne Sport, damit sich mein Körper erholen kann. Wenn die Situation anhält, könnte es im Hinblick auf das körperliche Aufbautraining problematisch werden. Ich bin jedoch davon überzeugt: Wir werden zu gegebener Zeit Lösungen finden.