Leider muss auch am dritten Tag der Rennen in Cortina wieder der Rettungshelikopter zum Einsatz kommen. Die Kanadierin Valérie Grenier stürzt schwer. Die Fahrerinnen erleben ein Gefühlsbad.
Das Super-G-Rennen in Cortina d'Ampezzo hatte bei Sonnenschein unter guten Voraussetzungen begonnen, doch dann häuften sich auch heute leider wieder die Stürze und viele Unterbrechungen sorgten dafür, dass das Rennen knapp zwei Stunden dauerte.
Am Ende triumphiert Lara Gut-Behrami. Doch die Freude hält sich bei der Schweizerin und ihren Kolleginnen in Grenzen. Insgesamt gibt es 13 Ausfälle, drei Athletinnen gingen gar nicht erst an den Start.
Am schlimmsten erwischte es Valérie Grenier. Die Kanadierin wurde an einer Bodenwelle ausgehoben und schlug mit hoher Geschwindigkeit auf der eisigen Piste auf. Sie wurde minutenlang behandelt und am Ende mit per Helikopter ins Spital gebracht werden.
«Skifahren ist alles, aber alles ist nicht Skifahren»
Wie sehr solche Bilder die Fahrerinnen beeinflussen, zeigt das Interview von Jasmine Flury. Kurz vor der Bündnerin war Kajsa Vickhoff Lie gestürzt. Sie fühle sich gerade leer, hält Flury bei SRF fest. Der Sturz der – unverletzt gebliebenen – Norwegerin sei einfach ein wenig zu viel für sie gewesen, auch wenn sie das am Start gut wegstecken habe können. Sie gesteht: «Es hat mich mehr mitgenommen, als ich gedacht habe», so die sichtlich emotionale Flury, die danach das Interview nicht fortführen kann.
Die zweitplatzierte Stephanie Venier meint, es sei nicht einfach, schliesslich sei man im ganzen Weltcup-Tross untereinander befreundet. «Wenn gefühlt jeden Tag 1 bis 2 weniger am Start sind, tut das schon weh», betont die Österreicherin. «Es tut einem um die Mädels leid, sie können richtig gut Ski fahren, aber es verleidet keinen Fehler mehr», erläutert Venier. Man müsse aber versuchen, dies auszublenden. «Ich versuche, bei mir zu bleiben.»
«Skifahren ist alles, aber alles ist nicht Skifahren», lautet das Motto der 30-Jährigen. Kurzum: Lieber fahre sie mit ein paar Prozent weniger runter, als zu viel Risiko auf sich zu nehmen.
Gut-Behrami, die mit dem Sieg ein ganzes Stück näher an die im Gesamtweltcupführende Mikaela Shiffrin – die Amerikanerin war in der Abfahrt am Freitag heftig gestürzt – heranrückt, nahm ebenfalls Stellung zu den vielen Ausfällen. Auch ihre Teamkolleginen Corinne Suter und Joana Hählen verletzten sich in den letzten Tagen.
Gut-Behrami: «Ich war nur bei 98 Prozent»
Sie habe eine «sehr intensive» Zeit hinter sich. So sei es heute schwierig gewesen, mit all den vielen Unterbrüchen und den vielen Rennen den Fokus zu behalten, so die Tessinerin. «Es hat uns alle mental viel mitgenommen, ich fühle mich ziemlich müde und leer», gesteht sie.
«Bei all diesen Stürzen kann man es sich nicht leisten, nicht mit hundert Prozent an den Start zu gehen», resümiert Gut-Behrami und ergänzt: «Drei Rennen sind viel.» Natürlich sei es aktuell verständlich, dass nicht alle mit hundert Prozent bei der Sache seien.
Überraschenderweise gesteht die 32-Jährige, auch sie sei nur bei 98 Prozent gewesen und habe gespürt, der Fokus fehle etwas, so Gut-Berhami gegenüber SRF. «So kann es gefährlich werden.» Sie habe dadurch gewusst, sie dürfe nicht zu viel riskieren und sei ein bisschen runder gefahren. Geholfen in der Situation hat ihr dabei ihre Erfahrung. «Ich habe zu mir selber gesagt: ‹Es geht heute nicht um den Sieg, sondern um gut Ski fahren›», sagt Gut-Behrami.
Eine Lösung zu finden sei nicht einfach, sicher müssten Prioritäten von den Organisatoren und Fahrerinnen gesetzt werden. Ein Patentrezept hat Gut-Behrami nicht, schliesslich sei etwa der Rennkalender vor zehn Jahren im Januar nicht weniger dicht gewesen. Ausserdem hegt sie Verständnis für die jungen Fahrerinnen, die etwas riskieren wollen, schliesslich könne man nicht den ganzen Winter dosiert fahren. Es seien viele kleine Faktoren. Doch irgendwas muss passieren. «Es ist nicht schön, wenn du unten bist und zusehen musst, wie jede zweite Fahrerin ins Netz fliegt.»