Der FC Zürich schlägt nach seinem Höhenflug hart auf dem Boden der Tatsachen auf. Nach drei Runden ist der Meister das sieglose Schlusslicht der Super League. Der Druck auf Franco Foda nimmt zu.
Was tun, wenn man den Trainerjob bei einem Klub übernimmt, der in der vorangegangenen Spielzeit sensationell und zugleich hochverdient Meister geworden ist? Von einem Klub, der zwar seinen Meistertrainer und zwei Leistungsträger verloren hat, zu dessen Mannschaft aber neun der elf Stammkräfte nach wie vor gehören. Und für den es gleich zum Saisonbeginn um viele Europacup-Millionen geht.
Die naheliegende Antwort wäre, möglichst wenig zu verändern. Denn besser als in der letzten Saison kann es ja kaum gehen. Die Taktik war perfekt auf die individuellen Fähigkeiten abgestimmt, die Abläufe sassen, das Vertrauen ins System war riesig. Natürlich war es kein Selbstläufer, den Schwung in die neue Saison mitzunehmen. Aber die Möglichkeit, dass es gelingt, wäre gegeben gewesen.
Franco Foda wählte einen anderen, durchaus gewagten Ansatz – einen, mit dem er sich auf Anhieb exponierte. Natürlich gelte es, die Leistung aus der Vorsaison zu bestätigen, sagte der 56-jährige Deutsche einerseits. Doch beim Wie wich er vom Mainstream ab. «Jeder Trainer hat seine eigenen Ideen», betonte er. Seine Idee ist Variabilität: «Ich will die Mannschaft taktisch auf ein neues Niveau bringen.» Das hat bisher nicht geklappt.
Abkehr von der bewährten Dreierkette
Tatsächlich ist die bewährte Dreier- respektive Fünferkette in der Abwehr, mit der sich Nikola Boranijasevic und Adrian Guerrero auf den Aussenbahnen prächtig entfalten konnten, unter Foda nicht mehr gegeben. Stattdessen wechselt die Mannschaft nun munter zwischen den Systemen.
Das muss nicht falsch sein. Schliesslich schwören auch Trainergrössen wie Pep Guardiola auf taktische Variabilität und zeigen auf, wie wertvoll diese Flexibilität und Unberechenbarkeit sein kann.
Der verkorkste Saisonstart stimmt beim FCZ aber vielleicht zum Umdenken an. Nach dem Aus in der Champions-League-Qualifikation gegen Qarabag bleibt die Mannschaft unter Foda auch im dritten Meisterschaftsspiel gegen St.Gallen sieglos und hat damit sogar die rote Laterne in der Super League übernommen.
Trotz des 0:2 im Kybunpark geben sich Trainer und Präsident aber zunächst positiv. Foda spricht sogar vom bisher «besten Spiel» seiner Mannschaft. «Wir hatten so viele klare Tormöglichkeiten, haben aber leider einfach kein Tor erzielt», analysiert der Deutsche die Partie. «Wir haben auch in der zweiten Halbzeit nur nach vorne gespielt, hatten mehrere Pfosten- und Lattenschüsse. Insofern ist die Ausbeute das einzige, was man bemängeln muss.»
Die Aussagen entsprechen zwar der Wahrheit, allerdings muss an dieser Stelle gesagt werden, dass die meisten Offensivaktionen der Zürcher erst zu dem Zeitpunkt zustande kamen, als sie nach dem Platzverweis gegen St.Gallens Isaac Schmidt einen Mann mehr auf dem Platz hatten.
FCZ-Präsident Ancillo Canepa trat bereits vor der Partie in St.Gallen vors Mikrofon und nahm dabei nochmals Stellung zum Aus in der Königsklasse und die damit verbundene Enttäuschung. Dabei richtet auch er seinen Blick optimistisch nach vorne: «Nach 15 Jahren Präsidenten-Erfahrung ist dies nicht die erste Enttäuschung. Wir haben es verarbeitet, es macht keinen Sinn sich da jetzt in den Frust reinzuwälzen. Nach vorne schauen, ist die Devise.» Ob er nach der Klatsche gegen St.Gallen immer noch gleicher Meinung ist?
Reicht es für die Europa League?
Klar ist: Es muss langsam aber sicher etwas gehen beim FCZ. Vor einem Jahr fand David Wagner bei den Young Boys eine ähnliche Situation vor. Dass Fodas Landsmann und Jürgen Klopps Trauzeuge in Bern gescheitert ist, ist hinlänglich bekannt. Aber etwas erwies sich als richtig: Als es nach seinem Amtsantritt um die Qualifikation für die Champions League ging, setzte Wagner auf das Bewährte.
So erlebte YB zwar eine schwache Super-League-Saison. Aber die Qualifikation für die Champions League glückte. Sie bescherte dem Klub rund 35 Millionen Franken Einnahmen – und sorgte dafür, dass Wagner trotz bescheidenen Resultaten bis März im Amt blieb.
Beim FC Zürich hat sich die Aussicht auf die Champions-League-Millionen bereits bei der ersten von drei Hürden verflüchtigt. Gegen einen Gegner, der seine Qualitäten hat, den die Zürcher in Bestform aber hätten schlagen können.
Das oberste unmittelbare Ziel muss nun die Teilnahme an der Europa League sein. Dafür muss die Mannschaft die nächsten zwei Runden überstehen, wobei eine Niederlage in der nächsten Runde einer Schmach gleichkäme. Der Gegner in der 3. Runde der Europa-League-Qualifikation mit dem Hinspiel an diesem Donnerstag in Belfast ist Linfield aus Nordirland – eine Mannschaft bestehend aus Halbprofis. Gegen Bodö/Glimt aus Norwegen haben die Nordiren das Rückspiel gleich mit 0:8 verloren.
Finanziell wäre die Teilnahme an der Europa League für den Schweizer Meister immer noch lukrativ. Und auch sportlich kann sie attraktiv sein. 2018/19 errang der FCZ als Cupsieger und Super-League-Absteiger in der Gruppenphase einen Sieg gegen Bayer Leverkusen und stiess in die K.o.-Phase vor, wo der Gegner Napoli hiess.
Die möglichen Gegner nach der Pflichtaufgabe Linfield erfährt der FCZ am Dienstag bei der vorzeitigen Auslosung der Playoffs. Mannschaften aus den Top-5-Ligen befinden sich keine im Lostopf.