Spiel um Macht Endet die Krise des FC Luzern im Guten oder im Bösen?

sda

2.11.2022 - 08:01

Bernhard Alpstaeg, der Mehrheitsaktionär des FC Luzern
Bernhard Alpstaeg, der Mehrheitsaktionär des FC Luzern
Keystone

Um den FC Luzern rankt sich, wie um andere Klubs, ein Geflecht von Entscheidungsträgern. Ein Einziger hat es am Donnerstag in der Hand, den Klub allein in die Hand zu nehmen: Bernhard Alpstaeg.

Der Streit schwelt nicht nur, er ist längst ausgebrochen. Seit längerer Zeit bezeichnet der 77-jährige Unternehmer und FCL-Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg den FCL-Präsidenten Stefan Wolf und Sportchef Remo Meyer, mithin die wichtigsten Mitarbeiter, wörtlich als unfähig und faul. Mit diesen unfairen und realitätsfremden, politischen Qualifikationen bereitet Alpstaeg das Terrain für die Revolution, die er ganz allein durchführen kann und bei der ihm niemand hineinredet.

Anfang Oktober entfernte Wolf den Scouting-Mitarbeiter und Programmierer Daniel Schrecker. Schrecker ist der Freund von Alpstaegs Tochter Giulia, also Bernhard Alpstaegs Schwiegersohn in spe.

Schreckers Entlassung war auf Alpstaeg gemünzt. Eine kleine Machtprobe. Allerdings hat Alpstaeg die ganze Macht, zu hundert Prozent. Für die absolute Machtkonzentration reichen Alpstaegs 52 Prozent der Aktien der FCL Holding AG vollkommen aus. Vizepräsident Josef Bieri besitzt die übrigen 48 Prozent, eine Entscheidungsgewalt gibt ihm dies jedoch nicht. Der FCL dürfte eine Autokratie werden.

So kann Bernhard Alpstaeg am Donnerstagabend tun, was er vorhat und was er angekündigt hat: alle Bisherigen in die Wüste schicken und den Verwaltungsrat mit einem einzigen Mitglied bestellen: Bernhard Alpstaeg. Die ganze operative Führung und die Verwaltungsratsmitglieder wären abgesetzt. Es wäre ein bis heute einmaliger Vorgang in einem Verein des Schweizer Spitzenfussballs.

Loyalität garantiert

Alpstaeg wird die neue Crew nach seinem Gusto zusammenstellen. Seiner Tochter Giulia traut der das Präsidentenamt zu, er hat es gesagt. Tatsächlich muss ein Präsident kein Fussballfachmann sein. Und Giulia Alpstaeg wäre auf jeden Fall eine gänzlich loyale Präsidentin.

Der (neue) Sportchef dagegen müsste eigentlich ein Fachmann sein. Aber welcher derzeit wohl nicht aktive Sportchef würde sich einen Klub antun, in dem er von Vornherein weiss, dass jeder Entscheid dem obersten Chef gefallen muss.

Der aktuelle FCL-Sportchef Remo Meyer ist für Bernhard Alpstaeg ein rotes Tuch.
Der aktuelle FCL-Sportchef Remo Meyer ist für Bernhard Alpstaeg ein rotes Tuch.
KEYSTONE/URS FLUEELER

Remo Meyer hatte mit seinen Transfers nicht nur Glück. Im Sommer 2021 zog er die Nieten Christian Gentner und Holger Badstuber. Der eine wird von Trainer Mario Frick mittlerweile kaum eingesetzt, der andere hat die Karriere beendet. In diesem Sommer jedoch landete Remo Meyer – ebenfalls deutsche – Treffer, Volltreffer sogar: Max Meyer und Pius Dorn. Eventuell wird Alpstaeg auch den neuen Sportchef aus seiner Entourage bestimmen. Fredy Bickel immerhin – er ist zu haben – hat nach eigenen Worten schon mit Alpstaeg gesprochen.

Die echte Krise

Der FC Luzern steckt in einer Krise im wörtlichen Sinn. Krise, vom altgriechischen Krisis kommend, muss nichts Schlechtes sein. Es bedeutet die Phase der ernsthaften Entscheidung. In einer Krise entscheidet es sich beispielsweise, ob ein Kranker gesund wird oder sterben muss. Es kann diesen oder den anderen Weg nehmen. Gut oder Böse.

Ob es gut oder böse herauskommt, entscheidet sich also auch für den FC Luzern. Aber was ist in Luzern böse, was ist gut? Im Volk ist die Meinung längst gemacht. Die Arbeitenden im Klub sollen weiterfahren können. Die Resultate sind viel besser als auch schon, man mischt in der Super League im vordersten Teil der Tabelle mit. Breit angelegte Proteste der Fans, des Volks also, lassen keinen Zweifel offen: Der Status Quo wäre das Gute, Alpstaeg wäre das Böse. Aber das Volk hat in der anstehenden Pseudoabstimmung eines einziges Mannes nichts zu sagen.

Die Fans haben die Leistungen des FCL und implizit auch von Sportchef Meyer honoriert. Zu den bis anhin sechs Heimspielen dieser Saison in der Super League kamen durchschnittlich 11'700 Fans. Nie weniger als 10'000. Wie viele Zuschauer sich von der alpstaegschen Autokratie vergraulen liessen, wird man sehen.


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sda