Sechs Jahre nach dem «falschen Transfer» zu Barça Endlich startet Jérémy Guillemenot so richtig durch

Von Andy Jucker

17.4.2022

Bickel: «Guillemenot hat damals einen falschen Transfer gemacht»

Bickel: «Guillemenot hat damals einen falschen Transfer gemacht»

Jérémy Guillemenot wechselte mit 18 Jahren zum FC Barcelona. Ein falscher Entscheid, findet der ehemalige Sportchef und blue Sport Experte Fredy Bickel. Sechs Jahre später blüht der Offensivspieler beim FC St.Gallen regelrecht auf.

14.04.2022

Der FC St. Gallen fliegt durch die Rückrunde – auch dank Jérémy Guillemenot. Der 24-Jährige erlebt die beste Phase seiner Karriere. Eine Karriere mit Höhen, aber auch einigen Tiefen.

Von Andy Jucker

17.4.2022

Im Sommer 2016 hat es Jérémy Guillemenot scheinbar geschafft. Der 18-Jährige wechselt von Servette in den Nachwuchs des legendären FC Barcelona. Er gilt als das vielleicht grösste Talent des Schweizer Fussballs. In Barcelona trainiert er in «La Masia», der Jugendakademie, die schon unzählige Weltstars hervorgebracht hat. Sicher träumt auch Guillemenot davon, einst einer davon zu sein, mit Messi und Piqué zusammen zu spielen. Doch es kommt anders.

Das Abenteuer bei Barça endet nach etwas mehr als einem Jahr. Guillemenot wird noch an einen kleinen spanischen Klub verliehen, bevor er 2018 weiterzieht. Nach Wien, zu Rapid wo ein gewisser Fredy Bickel Sportchef ist. Bickel hat Guillemenot schon lange im Auge und glaubt an das einstige Toptalent. «Er fiel schon früh auf mit grosser Spielintelligenz», erinnert sich Bickel, der Guillemenots frühen Wechsel nach Barcelona als grossen Fehler beschreibt (s. Video oben).

Die Bilanz des Wien-Engagements: Ernüchternd. Guillemenot spielt in der Meisterschaft gerade einmal 72 Minuten und muss nach nur einem halben Jahr wieder seine Sachen packen. Ausschlaggebend sei ein Trainerwechsel bei Rapid gewesen, so Bickel. Also muss der Stürmer schon wieder umziehen. Schon wieder ein neuer Verein. Diesmal heisst er FC St.Gallen.

Und endlich scheint es aufwärts zu gehen. Unter Peter Zeidler bekommt der mittlerweile 21-Jährige regelmässig Einsatzzeit. Er trifft dann und wann, steht aber nicht im Rampenlicht. St.Gallen spielt in der Saison 2019/20 begeisternden Offensivfussball, schnuppert dank der beiden Torgaranten Demirovic und Itten gar am Meistertitel.

Höhen und Tiefen in der Ostschweiz

Nach jener begeisternden Saison kommt es in der Ostschweiz zum Umbruch. Itten und Demirovic verlassen den Verein. Im Sommer 2020 scheint deshalb klar: Jetzt ist endlich die Zeit des Jérémy Guillemenot gekommen. Er wird die Lücke füllen, er wird der umjubelte Torjäger – dies die vorherrschende Meinung.

Aber es wäre nicht die Karriere des Jérémy Guillemenot, wenn nicht noch eine Enttäuschung folgen würde. Zu Beginn der Saison ist er Stammkraft, kriegt seine Chance. Aber kann ebendiese nicht nutzen. Kein Treffer in der gesamten Hinrunde. Des Öfteren findet sich der eigentlich begnadete Stürmer auf der Bank wieder.

Der Glaube an seinen Durchbruch schwindet langsam. Und so spricht vor der aktuellen Saison kaum mehr einer vom einst so hochgehandelten Talent. Die Hinrunde verläuft fast wie erwartet. Guillemenot kommt meist von der Bank, trifft nur zwei Mal in der Liga, fliegt dazu auch noch einmal mit glatt Rot vom Platz.

Schon neun Skorerpunkte in der Rückrunde

In der Winterpause passiert etwas. Denn seit Ende Januar ist der Stürmer nicht mehr wiederzuerkennen. An neun Treffern ist Guillemenot seither beteiligt (sechs Tore, drei Assists), er ist aktuell einer der Besten beim formstärksten Team der Super League. «Er ist jetzt beim richtigen Verein, der gut auf ihn schaut», sagt Bickel, der Guillemenot auch zutraut, eines Tages für die Nati aufzulaufen.

Überzeugung, gute Technik und Kaltschnäuzigkeit – das alles bringt der Stürmer zuletzt auf den Platz. Sein Tor vor einer Woche gegen Basel: Ein Gedicht. Ballannahme mit der Brust, dann streichelt er den Ball am Verteidiger vorbei und vollendet eiskalt.

65. Minute: Guillemenot vernascht Djiga und bringt St.Gallen wieder in Front

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10.04.2022

Genau das hat Barcelona wohl vor sechs Jahren in Guillemenot gesehen. Und genau das zeigt der mittlerweile 24-Jährige jetzt den Fans in der Ostschweiz. Vielleicht ja auch heute beim Auswärtsspiel in Luzern.