Geständnis Bedene: «Ich hatte Glück, dass ich verloren habe – das hat mir wohl das Leben gerettet»

SB10

12.1.2021

Aljaz Bedene hat viel fürs Tennis geopfert – und dabei fast mit dem Leben bezahlt.
Aljaz Bedene hat viel fürs Tennis geopfert – und dabei fast mit dem Leben bezahlt.
Bild: Keystone

Aljaz Bedene (ATP 58) erzählt im Tennis-Blog «Behind The Racquet» von den Sorgen im Leben eines Spielers abseits des Rampenlichts. Aus finanziellen Nöten heraus bestritt er sogar Partien mit einer Blinddarmentzündung.

Sie betreiben zwar denselben Sport und reisen an die gleichen mondänen Orte rund um den Globus. Trotzdem ist das Leben der ATP-Spieler sehr unterschiedlich. Denn im Tennis herrscht zwischen den Top-Stars und dem Rest eine grosse Kluft. Schon lange versucht man, das finanzielle Ungleichgewicht in den Griff zu kriegen. Bis jetzt erfolglos.

Warum eine Annäherung so wichtig wäre, beweist eine Episode von Aljaz Bedene von 2012, als er erstmals in die Top 100 vorstiess, aber trotzdem noch nicht genug verdiente. Bei der US-Open-Qualifikation kam es beinahe zu einem Drama.

«Ich versuchte zu schlafen, aber es war zu schmerzhaft. Also gingen wir zum Arzt. »

«Es gab eine Regenverzögerung und mein Magen begann zu schmerzen. Ich nahm an, dass ich hungrig war. Ich habe das Match gewonnen und wir sind zum Abendessen gegangen. Ich konnte kaum gehen und krümmte mich wegen der Bauchschmerzen. Ich versuchte zu schlafen, aber es war zu schmerzhaft. Also gingen wir zum Arzt und er sagte, ich hätte eine Blinddarmentzündung.»

Dieser habe ihm dringend geraten, die nächste Runde nicht zu spielen. Doch er habe die Schmerzen zu verdrängen versucht, weil er das Geld benötigte, so Bedene. «Ich verlor den ersten Satz und gewann den zweiten. Zu Beginn des dritten Satzes hatte ich Krämpfe am ganzen Körper, also bat ich um eine medizinische Auszeit.» Wegen eines Fehlentscheids des Linienrichters habe er den Sieg verpasst und schliesslich das Match im Tiebreak noch verloren. Danach seien Vorwürfe aufgetaucht, wonach er die Krämpfe nur simuliert hätte, erzählt er. 

«Wir gingen ins Krankenhaus und sie sagten mir, dass ich operiert werden müsse. Wenn ich das Match gewonnen hätte, hätte ich weitergespielt. Ich hatte Glück, dass ich an diesem Tag verloren habe – das hat mir wohl das Leben gerettet.» Das Fazit von Bedene. «Auf der Tour ist man auf sich allein gestellt, allein in der Wildnis», hält der Slowene fest, der nicht aus einer wohlhabenden Familie stammt.

Auf dem Platz machen meist nur ein paar Games den Unterschied zwischen Top-Star (hier Roger Federer) und No-Name aus.
Auf dem Platz machen meist nur ein paar Games den Unterschied zwischen Top-Star (hier Roger Federer) und No-Name aus.
Bild: Keystone

Kein einfaches Leben auf der Tour

Der 31-Jährige hat eine solide Karriere hinter sich. Seit seinem Debüt 2008 hat Bedene gemäss der ATP-Website ein Preisgeld von 4,2 Millionen US-Dollar erspielt, was umgerechnet etwa einem Jahresgehalt von 330'000 US-Dollar entspricht. Tönt nach viel, ist es aber in Tat und Wahrheit nicht. Allein die Reisekosten dürften wohl knapp einen Drittel verschlingen. Zudem muss man das Team (Coach, Physiotherapeut etc.) aus der eigenen Kasse bezahlen. 

Seit neun Jahren pendelt Bedene vorwiegend zwischen den Rängen 50 und 100 in der Weltrangliste. Nach dem Karriereende dürfte von seinem Preisgeld – trotz zusätzlicher Sponsorengelder –  nicht mehr viel da sein. Immerhin hat ihn sein Beruf auch eine wichtige Lektion gelehrt: «Wenn das Leben einfacher wäre, weiss ich nicht, ob ich Tennis spielen würde, denn meine Situation hat mich motiviert, erfolgreich zu sein.»

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