Mit nur 20 Jahren Die Polin Iga Swiatek ist die neue Nummer 1 der Tennis-Frauen

sda

5.4.2022 - 09:02

Mit Iga Swiatek besteigt erstmals eine Polin den Thron der besten Tennisspielerin der Welt. Die Schweiz leistete dabei eine Art Einstiegshilfe.

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Es waren garstige Witterungsbedingungen und wenig glamouröse Umstände, als sich im April 2019 in Lugano ein Teenager anschickte, die Tenniswelt zu erobern. Eine 17-jährige Polin namens Iga Swiatek, glänzte im gar nicht sonnigen Tessin mit dem ersten WTA-Final ihrer Karriere und stiess trotz der Niederlage gegen Polona Hercog erstmals in die Top 100 vor. Knapp drei Jahre später ist Swiatek auf dem Gipfel angelangt – auch, aber bei weitem nicht nur, wegen des Rücktritts der bisherigen Nummer 1 Ashleigh Barty.

Swiatek, die Tochter eines Olympia-Teilnehmers im Rudern und einer Kiefer-Orthopädin, war schon als Juniorin ein eigentliches Wunderkind. 2018, ein knappes Jahr vor dem Durchbruch in Lugano, gewann sie den Wimbledon-Final der Mädchen gegen die Schaffhauserin Leonie Küng. Es war ein frühes Anzeichen, dass die auf Sand aufgewachsene Katzen-Liebhaberin auch auf anderen Belägen brillieren kann.

Bei Regen und Sonne erfolgreich

Ihren bisher grössten Erfolg feierte Swiatek mit dem Triumph am French Open 2020 – wegen der Corona-Pandemie im Oktober und ebenfalls bei empfindlich kühlen Temperaturen und feuchten Plätzen. Sie kann es aber auch, wenn es warm ist. Die erste Polin an der Spitze der Weltrangliste ist seit mittlerweile 17 Spielen ungeschlagen und gewann dabei die hochkarätig besetzten WTA-1000-Turniere in Doha, Indian Wells und Miami. Zweimal – in Doha und Miami – hatte die Schweizerin Viktorija Golubic das Pech, Swiateks Auftaktgegnerin zu sein.

Mit den drei Titelgewinnen der höchsten WTA-Kategorie hätte Swiatek so oder so eine gute Chance gehabt, in diesem Sommer die Nummer 1 zu werden, auch wenn Barty das Racket nicht an den Nagel gehängt hätte. Denn nun wechselt die Tour auf ihre Lieblingsunterlage Sand. Zu Exploits war die Osteuropäerin schon immer fähig, nun hat sie aber zwei Monate vor ihrem 21. Geburtstag zu nie gekannter Konstanz gefunden.

Viele Winner, weniger Fehler

Zwar variiert Swiatek ihr Spiel nicht ganz so gekonnt wie Barty, dafür nimmt sie den Ball so früh wie kaum eine andere und kann ihn unheimlich beschleunigen. Dennoch verblüfft sie auch immer wieder mit gekonnten Stoppbällen. So kommt sie in fast allen ihren Matches auf mehr Gewinnschläge als ihre Gegnerin, das Problem war es in der Vergangenheit, auch die Fehlerquote in einem vernünftigen Rahmen zu halten.

An einem guten Tag spielte Swiatek nicht nur gut, sondern überragend. Sie konnte aber auch oft gegen scheinbar klar schlechtere Spielerinnen verlieren. Dem damals sensationellen Sieg am French Open folgte nur noch ein Viertelfinal am gleichen Ort ein dreiviertel Jahr später. Nun gelang der Polin aber auch am ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres in Melbourne ein durchaus achtbarer Auftritt, der allerdings im Halbfinal gegen die überraschende Danielle Collins jäh endete.

Zuspruch für Shiffrin

Swiatek hat durchaus das Zeug, auch neben dem Platz eine gute Botschafterin für das Frauentennis und den Sport generell zu sein. Im letzten Herbst unterstützte sie den «Welttag der mentalen Gesundheit» mit einer Spende von 50'000 Franken. Und als der amerikanische Skistar Mikaela Shiffrin nach den enttäuschenden Auftritten bei den Olympischen Spielen in Peking auf den sozialen Medien beschimpft wurde, schickte ihr Swiatek eine aufmunternde Video-Botschaft – obwohl sich die beiden nicht persönlich kannten.

An die Regentropfen in Lugano wird sich Swiatek in der Stunde des Triumphes nur noch ungern erinnern. Einen Final hat sie seither keinen mehr verloren, dafür angefangen mit Roland Garros 2020 deren sechs gewonnen. Angesichts ihres Alters könnte die Polin, die sich vor ihren Matches gerne mit AC/DC aufputscht und dann ähnlich schnell auf die Bälle drescht wie Angus Young in die Gitarren-Saiten greift, für einige Zeit dominieren. Sie ist die jüngste Nummer 1 seit zwölf Jahren (Caroline Wozniacki), bei einem Major-Titel wie bei der Dänin mit polnischen Wurzeln dürfte es eher nicht bleiben.