Carlos Alcaraz Die spanische Tennis-Hoffnung vereint das Beste aus Nadal und Federer 

Von Syl Battistuzzi

2.4.2022

ATP Miami: Alcaraz gewinnt Thriller gegen Hurkacz und zieht ins Finale ein

ATP Miami: Alcaraz gewinnt Thriller gegen Hurkacz und zieht ins Finale ein

Carlos Alcaraz entscheidet ein hochdramatisches Semifinale gegen Hubert Hurkacz für sich und steht im Endspiel des Masters in Miami. Der Spanier gewinnt nach zweimaligen Tie-Break mit 7:6, 7:6.

02.04.2022

Der Youngster Carlos Alcaraz mischt derzeit die ATP-Tour auf. Der frühreife Spanier ist die Zukunft im Männer-Tennis. Höchste Zeit also, um ihn genauer unter die Lupe zu nehmen.

Von Syl Battistuzzi

2.4.2022

Auch Titelverteidiger Hubert Hurkacz – der Pole hatte  zuvor Daniil Medwedew besiegt und dem Russen so die erhoffte Rückkehr an die Spitze der Tennis-Weltrangliste vermasselt – musste sich Carlos Alcaraz beim Masters-1000-Turnier in Miami geschlagen geben. Der 18-Jährige zeigte sich nervenstark und behielt gleich zwei Mal im Tie-Break die Oberhand. 

Damit steht Alcaraz in seinem bisher grössten Finale. Nur noch Casper Ruud trennt ihn von einem weiteren Meilenstein. Die Tennis-Sensation zeigte bereits beim letzten Turnier in Indian Wells starke Leistungen und musste sich dort erst im Halbfinal nach drei hart umkämpften Sätzen Rafael Nadal beugen. 

Die Parallelen zu Nadal ...

Genau wie sein Landsmann früher spielt er häufig ärmellos. Auch die Marke des Schlägers ist die gleiche. Mit seinem muskelbepacktem Körper lässt Alcaraz zudem unweigerlich Erinnerungen an den jungen Nadal aufkommen, als dieser die Tennis-Bühne betrat. Und weitere Elemente zeigen die Parallelen zwischen ihnen auf:

Im Alter von 16 Jahren gewann Alcaraz sein erstes Spiel auf der ATP-Tour. Der letzte Spanier, dem das gelang war: Nadal (2002). Nadal stiess als 19-Jähriger in die Top 15 vor – Alcaraz, aktuell noch die Nummer 16 in der Welt, wird dieses Kunststück nach seinem Exploit in Miami auch schaffen und kratzt je nach Final-Ausgang am Montag gar schon an den Top 10. Mit seiner Leidenschaft und kämpferischen Einstellung (Alcaraz: «Wir haben beide den Wettkampf im Blut») steht er – wie Nadal – auch in der Gunst der Zuschauer und Fans weit oben. 

Jüngste Spieler welche die Top 20 knackten

  • Carlos Alcaraz: 18 Jahre, 9 Monate, 16 Tage – (Feb 2022)
  • Rafael Nadal: 18 Jahre, 10 Monate , 1 Tag – (Apr 2005)
  • Richard Gasquet: 19 Jahre, 2 Tage – (Jun 2005)
  • Felix Auger-Aliassime:  19 Jahre, 11 tage  – (Aug 2019)
  • Andy Murray: 19 Jahre, 3 Monate, 6 Tage (Aug 2006)
  • Novak Djokovic: 19 Jahre, 4 Monate, 17 Tage – (Okt 2006)
  • Alexander Zverev: 19 Jahre, 5 Monate, 27 Tage – (Okt 2016)
  • Roger Federer: 19 Jahre, 6 Monate, 18 Tage – (Feb 2001)
  • Jannik Sinner:  19 Jahre, 8 Monate, 3 Tage – (Apr 2001)
  • Juan Martin del Potro: 19 Jahre, 10 Monate, 19 Tage (Aug 2008)
  • Denis Shapovalov: 19 Jahre, 11 Monate, 17 Tage – (Apr 2019)

«Ich will aber nicht, dass mich die Leute als zweiten Nadal oder Mini-Nadal sehen, sondern als Carlos Alcaraz», hielt er im letzten November in einem Interview mit der «New York Times» fest. Nichtsdestotrotz sei Nadal stets ein Idol von ihm gewesen. 

... und Federer

Doch neben den vielen Gemeinsamkeiten mit dem 21-fachen Grand-Slam-Sieger hat er noch einen anderen berühmten Tennisspieler als Vorbild: Roger Federer. Vom Schweizer hatte der in einem Vorort von Murcia aufgewachsene Alcaraz sogar Poster in seinem Zimmer hängen. Auch vom Tennis her sieht er viel vom 20-fachen Grand-Slam-Sieger in sich. «Ich spiele gerne sehr aggressiv, mit vielen Gewinnschlägen und komme häufig ans Netz – ein wenig wie Federer», so seine Selbsteinschätzung.  

Carlos Alcaraz begeistert die Tennis-Fans.
Carlos Alcaraz begeistert die Tennis-Fans.
Bild: Getty

Mit Federer hat er auch schon trainiert, 2019 in Wimbledon. «Es war eine einzigartige Erfahrung für mich. Am Anfang war ich ein bisschen nervös, weil uns viele Leute zusahen, aber je länger das Training dauerte, desto entspannter wurde ich – und am Ende habe ich es sehr genossen», meint Alcaraz. Federer-Coach Severin Lüthi war ebenfalls sehr angetan. Nach der Trainings-Session wurde er gefragt, was ihn am meisten beeindruckt habe beim Teenager. «Sein Fokus und die Intensität, die er an den Tag legt. Das ist für dieses Alter unglaublich» lobte Lüthi schon damals. 

Der Weg ganz nach oben ist vorgezeichnet

Mit den Turniersiegen in Umag im Vorjahr und dieses Jahr Rio de Janeiro – damit ist Alcaraz gleichzeitig auch jüngste Sieger eines ATP-500-Turniers – hat er auch schon zwei Titel – beide auf Sand – einheimsen können. Als Allrounder kann er aber überall glänzen, natürlich auch bei allen Grand Slams. Sein Lieblingsturnier ist dabei Wimbledon.

Sein bestes Resultat bei den Majors erreichte er im letzten Herbst an den US Open, wo er erst im Viertelfinal ausschied. Zuvor fegte er einen gewissen Stefanos Tsitsipas vom Platz. Der Grieche zeigte sich danach schwer beeindruckt vom 1,85 und 72 Kilogramm schweren Youngster: «Ich habe noch niemanden gesehen, der so hart auf den Ball einschlägt». Neben seiner krachenden Vorhand ist Alcaraz zudem äussert schnell auf den Beinen und deckt den Court hervorragend ab. Zudem ist er ein klassisches Mentalitätsmonster, welches nur so von Energie strotzt. 

Mit Juan Carlos Ferrero, ehemalige Nummer 1 und Grand-Slam-Gewinner (French Open 2003), hat er einen Coach, der genau weiss, wie man an die Spitze kommt und was es dafür braucht. Alcaraz spielt gerne Golf und Fussball (grosser Real-Madrid-Fan) oder zockt an der Konsole. Doch die grosse Liebe bleibt Tennis.

Sein Vater war früher einer der Top-50-Spieler Spaniens, beendete aber aufgrund finanzieller Probleme frühzeitig seine Karriere und wurde Trainer. Sein Sohn Carlos hingegen – daneben gibt es noch die Brüder Alvaro, Jaime und Sergio – genoss die finanzielle Unterstützung von einem Freund der Familie. Inzwischen ist die Familie mit Carlos' Erfolgen glücklicherweise nicht mehr auf einen Mäzen angewiesen.

Doch die sportlichen Ziele sind ihm eh wichtiger. So meinte er einst an einer Pressekonferenz über seine Ambitionen: «Die Nummer eins der Welt zu sein, Grand-Slam-Sieger, olympischer Medaillengewinner – ich bin ein Junge, der grosse Träume hat.» Kurzum: Die Konkurrenz darf sich warm anziehen.