Roger Federer knackt in Dubai dank dem Sieg über Stefanos Tsitsipas die magische Marke von 100 Turniersiegen. Ein Meilenstein, der nur schwer einzuordnen ist.
Dank einer ganz starken Leistung im Endspiel gegen Stefanos Tsitsipas knackt Roger Federer in Dubai als zweiter Tennisspieler überhaupt die Marke von 100 Turniersiegen auf ATP-Stufe. Der Baselbieter setzt damit einen weiteren Meilenstein in einer überragenden Karriere, der allerdings auch für Federer nur schwer zu fassen ist.
Nach der Partie macht Federer im Interview mit «SRF» deutlich, was es für einen Turniersieg im Profitennis alles braucht. «Titel gewinnst du nicht auf die Schnelle. Das ist ein langer, harter Weg. Damit du innerhalb von sechs Tagen fünf Spiele gewinnen kannst, musst du fit und im Kopf stark sein. Das Vertrauen muss da sein und du musst im richtigen Moment die richtigen Dinge tun. Das immer alles zusammenpasst ist einfach sehr schwierig.»
Deshalb gehört sein Dank den Personen, die ihn seit so langer Zeit auf der Tour begleiten und untersützten, wo sie können. «Grosses Dankeschön an alle, die mich unterstützt haben. Aber vor allem an die, die schon so lange dabei sind, geht ein ganz herzlicher Dank. Allen voran meinen Eltern und meiner Frau, Konditionstrainer Pierre und Seve, die schon lang lang dabei sind.»
«Ich wollte nicht ein Spieler ohne Titelgewinn werden»
Als Federer vor 18 (!) Jahren in Mailand im dritten Final der Karriere den ersten Titel feiern konnte, hätte er sich nicht erträumen lassen, dass er eines Tages Turniersiege im dreistelligen Bereich innehat. «Ich wollte meinen dritten Final unbedingt gewinnen, musste dann in den dritten Satz und war sehr nervös zum Schluss. Ich dachte nur: ‹Oh Gott, ich hoffe nur dass ich jemals einen Titel in meiner Karriere gewinne›. Nicht dass ich einer dieser Spieler sein werde, die nie einen Titel gewannen. Das ist ganz ehrlich, so habe ich mich gefühlt in diesem Moment.»
Umso grösser war dann die Erleichterung nach dem verwandelten Matchball gegen den Franzosen Julien Boutter. «Ich dachte mir: Jetzt ist gut, jetzt habe ich einen Titel geholt auf der Tour. Dementsprechend bin ich jetzt völlig perplex, dass ich es so viele Jahre später auf 100 schaffte.»
Ein Meilenstein, der schwer einzuordnen ist
100 Titel in 18 Jahren – eine Leistung, die nicht nur für Federer selbst schwer einzuordnen ist. Coach Severin Lüthi versucht es trotzdem: «100 Titel kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Wenn man sich überlegt, wie man das macht, müsste man ja 10 Titel pro Saison über zehn Jahre oder fünf Titel über 20 Jahre gewinnen. Es ist wirklich wahnsinnig, was er da wieder erreicht hat. Man kann das nicht hoch genug einschätzen.»
Und SRF-Experte Heinz Günthard ist überzeugt, dass Federers 100. Triumph auf ATP-Stufe nicht der letzte war: «Über so viele Jahr so erfolgreich zu spielen bei dieser Konkurrenz – das ist wahrscheinlich noch mehr Wert als die 109 Titel von Jimmy Connors, der zu seiner Zeit noch gegen die etwas schwächere Konkurrenz spielte. Und das Interessante ist ja die Art und Weise, wie er gespielt hat. Das deutet darauf hin, dass der 100. Titel nicht der letzte war.»
Geht die Rekordjagd weiter?
Günthard kann sich vorstellen, dass Federer in Zukunft gar den Rekord von Connors brechen kann. «Er macht mir schon einen nimmersatten Eindruck, das mein ich positiv. Er ist so motiviert wie am ersten Tag und auch gesund – diese Kombination macht ihn sehr gefährlich für die Konkurrenz. Wenn er noch zwei Jahre gesund bleibt, dann bin ich sehr optimistisch, dass er diesen Rekord auch noch brechen kann. Aber das ist noch relativ weit weg.»
Das sieht auch Federer so. «Neun Titel tönt nahe, ist es aber nicht. Letztes Jahr habe ich vier Titel gewinnen. Da begann ich auszurechnen: ich müsste so gute Jahre haben wie letztes Jahr plus zwei Jahre auf diesem Level spielen.»
In erster Linie will sich der 37-Jährige aber über den eigens gesetzen Meilenstein freuen – und bleibt auch nach dem 100. Titel erstaunlich bescheiden: «Ich möchte mich jetzt über die 100 freuen und nichts anderes. Es ist logisch, dass die Medien wollen, dass ich das jetzt anpeile – weil jeder Rekord muss ja gebrochen werden. Bei mir ist das nicht der Fall, ich bin einfach nur zufrieden dass ich überhaupt noch Tennis spielen kann.»