Vor einem Jahr verlor Roger Federer in Miami noch in der Startrunde. Gestern schrammte der Schweizer gegen den starken Radu Albot nur knapp an einer Niederlage vorbei und zeigte sich danach dementsprechend erleichtert.
Radu Albot war aggressiv, kam oft ans Netz und zeigte eine beeindruckende Leistung, die Roger Federer bei seinem Auftakt in Miami an den Rand der Niederlage brachte. Doch der Schweizer konnte schlussendlich doch deb Kopf aus der Schlinge ziehen und setzte sich in zwei Stunden und zehn Minuten mit 4:6, 7:5 und 6:3 durch. Die Statistik wies am Ende 38 Gewinnschläge bei 41 unerwungenen Fehler für den 37-Jährigen aus. Die Negativ-Bilanz ist ein ungewohntes Bild beim sonst so zuverlässigen Baselbieter.
Immerhin: Federer blieb mit dem Sieg die Erfahrung erspart, gleich zweimal hintereinander in der Startrunde beim gleichen Turnier auszuscheiden. 2018 rang Thanasi Kokkinakis im entscheidenden Tie-Break Federer nieder. Der frech aufspielende Albot spielte ebenfalls gross auf, gewann den Startsatz und versuchte die Geschichte des erfolgreichen Aussenseiters zu wiederholen.
«Ich erwartete einen Spieler mit einer tollen Einstellung. Ein aggressiver Grundlinienspieler, der sich gut bewegt. Er hat keine Angst, ans Netz zu gehen. Das Problem ist, dass ich noch nie mit ihm geübt habe. Ich habe ihn noch nie wirklich live Spielen sehen», so Federer über Radu.
Ohne diese Erfahrung wäre es also für den Schweizer umso wichtiger gewesen, die taktischen Informationen über seinen Gegner jeweils präsent zu haben. Doch für einmal scheint auch Perfektionist Federer bei der Matchvorbereitung nicht ganz auf der Höhe gewesen zu sein. Im Platzinterview mit «Sky» gab er schmunzelnd zu: «Ich habe noch ein, zwei Sachen vergessen, die mir der Coach über ihn gesagt hat.»
Nun wartet Wawrinka-Bezwinger Krajinovic
Doch auf die leichte Schulter hat die aktuelle Weltnummer 5 seinen Gegner nicht genommen: «Ich dachte mir, dass es schwer wird. Ich habe viel Respekt vor Spielern, die nicht die Grösse haben (Anm.d.Red.: Radu ist 1,75 Meter gross), die einen anderen Weg finden müssen, um zu gewinnen. Er ist wirklich ein grossartiger Spieler. Ich war beeindruckt.»
Der Moldawier ist tatsächlich so etwas wie der Mann der Stunde. Der 29-Jährige gewann Ende Februar die Delray Beach Open, sein erster Turniersieg auf der ATP-Tour. Er verbesserte sich damit auf Weltranglistenposition 46, neuer Karrierebestwert für ihn. Dementsprechend furchtlos trat Radu auf, der an der Pressekonferenz zwar über Federer schwärmte, aber gleichzeitig festhielt: «Auch Federer ist ein Mensch, mit Stärken und Schwächen. Wenn man auf die richtige Art und Weise spielt, kann man gewinnen.»
Mit dieser Einstellung machte Radu dem Schweizer in der Tat das Leben schwer. Federer gestand nach dem Spiel: «Ich bin froh, dass ich heute Abend einen Weg zum Sieg finden konnte.»
In der nächsten Runde trifft Federer auf Filip Krajinovic. Gegen den Serben führt er in den Direktbegegnungen mit 2:0. Doch Krajinovic hat mit Stan Wawrinka bereits einen Schweizer aus dem Turnier ausgeschaltet. Mit einem Sieg könnte Krajinovic auch die (umstrittene) These seines Landsmanns Janko Tipsarevic untermauern, der sich unlängst auf die Frage nach dem besten Tennis-Spieler aller Zeiten in einem Interview klar positionierte: «Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich dies mit grösster Gewissheit sagen kann: Wenn du alle Spitzenspieler auf ihrem Höhepunkt beurteilst, sprich wo sie ihr bestes Tennis aller Zeiten spielen, ist — mit Ausnahme von Rafa auf Sand — Novak Djokovic der beste Spieler aller Zeiten.»
Vielleicht gilt es noch zu erwähnen, dass Tipsarevic und Djokovic gut miteinander befreundet sind. Federer wird also dieser Aussage gewiss nicht allzu viel Bedeutung beimessen oder sich gar gross daran stören. Nichtsdestotrotz wäre es für ihn sicher eine Genugtuung, wenn er sich für seinen Freund Wawrinka an Krajinovic rächen könnte.