Federer in Paris:
Was dafür und was dagegen spricht

Pro

 

Was für eine Teilnahme in Paris spricht

Roger Federer trainiert am Dienstag in Paris und soll am Mittwoch antreten. Das ist der richtige Entscheid.

Am Ende hatte er wieder Tränen in den Augen, doch als die Stimme zu brechen drohte, war die Siegerehrung in Basel für Roger Federer überstanden. Er wandte einen kleinen Trick an, wie er später verriet, um die Emotionen nicht überhandnehmen zu lassen.

Er sprach zunächst auf Englisch, dann richtete er sich auf Französisch ans Publikum, ehe er die Danksagung auf Deutsch beendete – und erst am Ende kurz stockte und wässrige Augen bekam. Der Moment zeigte deutlich, wie viel Federer das Tennis und der Erfolg, gerade beim Heimturnier, nach wie vor bedeuten. Auch nach unfassbaren 99 Titeln in seiner Profikarriere.

Und doch ist 2018 einiges anders als in früheren Jahren: Federers Spiel hat nicht mehr ganz die Leichtigkeit und Souveränität früherer Jahre. Vieles geht über den Kampf: Das war so beim Sieg in Melbourne oder auch bei der kurzzeitigen Rückeroberung der Weltnummer 1.

Auch in Basel geriet der 37-Jährige mehrfach in Rücklage. Doch er hielt dem Druck stand. Das Erstaunliche dabei: Die Anfälligkeit scheint eher mental als körperlich zu sein. Auf dem Platz ist der Baselbieter immer noch einer der Schnellsten auf der Tour. Er serviert und variiert stärker als viele seiner Konkurrenten.

Federer mag nicht mehr ganz so viele Turniere spielen wie zu besten Zeiten, aber nach dem Steigerungslauf beim Heimturnier scheint es nicht zu vermessen, den Start in Paris zu wagen. Ihm fehlt ein Titel zur magischen Marke von 100 Turniersiegen. Am liebsten würde er sie noch in diesem Jahr realisieren – nicht zuletzt deshalb macht die Teilnahme in Paris, wo er maximal fünf Spiele austragen müsste, Sinn.

(wer)

 

Contra

 

Was gegen eine Teilnahme in Paris spricht

Roger Federer beabsichtigt, beim vorletzten Turnier der Saison an den Start zu gehen. Mit diesem Entscheid hat man aufgrund der Verzichtserklärungen vergangener Jahre nicht gerechnet. Vielleicht sollte ihn der Maestro nochmals überdenken.

Paris und Roger Federer: Das ist vielleicht nicht gerade die innigste Beziehung der Tennisgeschichte. Je einmal triumphierte Federer an der Seine auf Sand (2009) und in der Halle (2011). Paris war sportlich gesehen leider auch Schauplatz vieler Enttäuschungen und bitterer Niederlagen für den fünffachen Weltsportler.

Da sind die zahlreichen und deutlichen Misserfolge gegen Rafael Nadal bei den French Open oder etwa auch das wiederholt mässige Abschneiden in Paris-Bercy. Das hochdotierte Hallenturnier am Saisonende liess Federer in seiner Karriere nicht zuletzt deshalb öfter aus als jedes andere 1000er-Turnier.

Die Absagen hängen aber auch damit zusammen, dass Federer immer, wenn er in Basel gewinnen konnte, körperlich und mental ausgelaugt war. Die Woche beim Heimturnier ist jeweils auch mit grossen Strapazen neben dem Platz verbunden.

Alle haben ihre Ansprüche: Medien, Fans, Freunde und Familie. Deshalb tat er in Vergangenheit jeweils gut daran, die Kräfte für das letzte grosse Turnier des Jahres, die World Tour Finals in London, zu bündeln.

Das wäre vielleicht auch in diesem Jahr der richtige Entscheid, denn die Wertigkeit eines weiteren WM-Titels strahlt stärker als ein zusätzlicher Sieg an einem Masters-Turnier. Zudem weiss man um Federers weitsichtige Saisonplanung, die einem komplexen Puzzle gleicht. Mit einer Teilnahme in Paris würde Federer auch seine Spritzigkeit für London aufs Spiel setzen.


(wer)