Zeitgleich fassen Roger Federer und Ivan Ljubicic 1998 Fuss auf der ATP-Tour und liefern sich in der Folge einige packende Duelle. Seit 2016 gehen die Weggefährten gemeinsam auf Titeljagd – und harmonieren prächtig.
Genau wie Roger Federer spielt der nur zweieinhalb Jahre ältere Ivan Ljubicic 1998 seine erste Profi-Saison auf der ATP-Tour. Zwei Jahre später kommt es in Marseille zum ersten von insgesamt 16 Direktduellen zwischen den beiden Weggefährten. Obwohl Federer 13 Siege einfährt – 2005 gewinnt er innert zwei Monaten gar drei Endspiele gegen Ljubicic –, muss er gegen seinen heutigen Trainer zwei schmerzhafte Heimniederlagen einstecken.
2001 verliert Federer in Gstaad diskussionslos 2:6 und 1:6, zwei Jahre später muss sich der Schweizer an den Swiss Indoors in Basel in drei umkämpften Sätzen geschlagen geben. Es ist gleichzeitig die letzte Niederlage gegen den Kroaten für Federer, der die restlichen Aufeinandertreffen allesamt für sich entscheidet. 2012 beendet die ehemalige Weltnummer drei seine Karriere im Alter von 33 Jahren, Ljubicic gewinnt während seiner Aktivzeit 10 ATP-Titel.
Der harzige Start
Kurz nach seinem Rücktritt widmet sich der Mann aus Banja Luka dem Trainerjob und betreut von 2013 bis Ende 2015 den Kanadier Milos Raonic. Seit Januar 2016 gehört er Federers Trainerteam an – trotz einem Seuchenjahr zum Auftakt der Zusammenarbeit. Denn Federer muss sich kurz nach den Australian Open, wo er im Halbfinal an Djokovic hängen bleibt, am Knie operieren lassen. Im Anschluss spielt der Baselbieter nur noch fünf Turniere, nach der Niederlage in Wimbledon gegen Ljubicics ehemaligen Schützling Raonic bricht Federer die Saison vorzeitig ab.
In der sensationellen Comeback-Saison 2017 kann Ljubicic seinen Mehrwert für Federer dann unter Beweis stellen. Der Schweizer triumphiert an den Australian Open nach halbjähriger Wettkampfspause – viele Experten sehen Ljubicic als den entscheidenden Erfolgsfaktor. «Ohne ihn wäre er nicht in der Lage gewesen, auf der Rückhandseite so aggressiv zu spielen», sagt etwa der Spitzencoach Sven Groeneveld. Federer selbst äusserte sich in der Vergangenheit wie folgt: «Er ist sehr gescheit und ein natürlicher Leader.»
Ljubicic: «Stehe ihm 52 Wochen im Jahr zur Verfügung»
So passt ins Bild, dass der Kroate Gründer zweier Agenturen ist (Ljubicic LLC und LJ Sports Group) und Spieler wie Borna Coric (ATP 33) oder Tomas Berdych (Rücktritt) betreut(e). Für den Moment liegt der Fokus bei Ljubicic aber voll auf Federer, wie er im Gespräch mit dem «Tagesanzeiger» betont: «Er ist meine erste, zweite und dritte Priorität. Ich stehe ihm 52 Wochen im Jahr zur Verfügung, und das wird so bleiben, solange er weiterspielen will.»
Der 40-Jährige gehört zu den Tennis-Fanatikern. Dieser Sport sei seine erste Liebe und er werde nie genug davon kriegen – insbesondere von der Zusammenarbeit mit dem 20-fachen Grand-Slam-Champion. «Ich bin dankbar für die Möglichkeiten, die ich dadurch erhalten habe. Und keine war grösser als das Privileg, mit Roger zu arbeiten.»
Mittlerweile gehört Ljubicic seit fünf Jahren zu Team Federer. Da muss es nicht nur auf dem Tennisplatz harmonisch zu und her gehen, wie Federer jüngst betont: «Wir haben es lustig untereinander, und das ist wertvoll, denn wir verbringen viel Zeit zusammen.» Wie viel Zeit ihnen noch bleibt, weiss niemand. Es ist aber durchaus denkbar, dass Ljubicics Trainerkarriere zeitgleich endet wie Federers Aktivzeit. Denn auf die Frage, ob er nach Federer noch jemand anderes trainieren will, sagt Ljubicic bloss: «Momentan kann ich mir das nicht vorstellen.»