Start in Cincinnati «Der grösste Triumph» – Murray gibt Comeback im Einzel

SB10

12.8.2019

Andy Murray hat sein Lachen wieder gefunden.
Andy Murray hat sein Lachen wieder gefunden.
Bild: Keystone

Der frühere Weltranglisten-Erste Andy Murray gibt ein unerwartet frühes Comeback im Tennis-Einzel. Der Schotte tritt nach langem Leidensweg mit frischer Energie auf den Court und wird das Tennis mehr denn je geniessen.

Der 32-jährige Schotte tritt mit einer Wildcard in der kommenden Woche beim Masters-Turnier in Cincinnati an, wie er am Freitag auf seiner Facebook-Seite ankündigte.

Nach einem Auftritt mit der US-Amerikanerin Serena Williams im Mixed-Wettbewerb von Wimbledon im Juli hatte der dreimalige Grand-Slam-Sieger noch gesagt, dass er wenig Hoffnung auf eine baldige Rückkehr im Einzel habe. Zuletzt war er nur im Doppel oder Mixed angetreten.

Das schlimme Geständnis 

Im Januar kurz vor Beginn der Australian Open sah die Welt von Murray wesentlich düsterer aus. Ein weinender Murray  wünschte sich an der Pressekonferenz: «Ich möchte ohne Schmerzen Socken anziehen können und die Schuhe binden, einfach nur ein Leben ohne Schmerzen, mit einer guten Lebensqualität.»

Die langwierigen Hüftbeschwerden schienen ihn defintiv zum Rücktritt zu zwingen. «Ich habe seit zwanzig Monaten grosse Schmerzen», gestand er. Auch eine Operation im Sommer 2017 brachte nicht die erhoffte Linderung.

«Ich würde es lieben zu spielen», betonte Murray, er müsse jedoch mit Weitsicht planen. «Ich möchte nicht noch eine grosse Operation in ein paar Jahren durchmachen müssen.» Bis Wimbledon wolle er noch durchhalten, dort wo alles begann, soll es auch enden, meinte er fatalistisch.

In der Startrunde in Melbourne zeigte Murray dann, wieso er einer der Publikumslieblinge auf der Tour geworden ist. Er kämpfte mit einem Löwenherz gegen Roberto Bautista Agut, verlor schliesslich jedoch in fünf Sätzen. Im frenetisch bejubelten Platzinterview liess er danach die Fans wieder ein wenig hoffen: «Vielleicht sehe ich euch wieder».

Die letzte Operation hatte nun offenbar die gewünschte Wirkung. Mit dem frisch gewonnen Enthusiasmus griff Murray nach der erzwungenen Schaffenspause wieder zum Schläger. Ähnlich wie bei Roger Federer, der 2016 lange verletzt ausfiel, schien die Zwangspause Murray vor allem auch psychisch gut getan zu haben.

Auch an den US Open am Start?

Kein Wunder, schliesslich muss er niemanden mehr etwas beweisen: Murray gelang es, in die Phalanx der wohl drei besten Spieler aller Zeiten einzubrechen: Aus den «Big Three» mit Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic wurde die «Big Four». Seine Bilanz kann sich sehen lassen: Sieger der ATP-Finals, zwei olympische Goldmedaillen im Einzel, drei Grand-Slams (2 Mal Wimbeldon, 1 Mal US Open), 14 Titel bei Masters-1000-Turnieren, 41 Wochen lang Nummer 1 und insgesamt 45 Turniersiege. Als Belohnung wurde er zum Ritter ernannt und darf nun den Titel «Sir» tragen.

Zu seinen besten Zeiten war der Mann mit dem trockenen Humor einer der schnellsten Spieler auf der Tour, und machte mit seinen powervollen Schlägen (vor allem die Backhand war gefürchtet) und dem variantenreichen Spiel jedem Gegner das Leben schwer.

Jetzt geniesst er die Zeit auf dem Court und will wahrscheinlich einfach schauen, wie weit ihn seine Freude zum Tennis im Ernstkampf noch tragen kann. «Der grösste Triumph ist schon, dass ich überhaupt wieder Tennis spielen kann», sagt Murray. «Ich könnte selbst nicht erstaunter sein, im Januar fühlte sich für mich alles noch so an wie das Ende der Welt.» Nun sei alles besser, als er selbst jemals gedacht hätte. «Ich fühle mich nicht mehr miserabel am Morgen nach den Matches, sondern ziemlich gut.»

Natürlich kann man von Murray nach der langer Absenz nicht erwarten, dass er gleich wieder um Titel mitspielt. Doch die Tennis-Welt ist froh, eines ihrer Aushängeschilder wieder an Bord zu haben. In Cincinnati trifft die Weltnummer 324 in der ersten Runde auf Richard Gasquet (ATP 56). Mit Dominic Thiem (ATP 4) wartet dann in der zweiten Runde bereits ein ganz grosser Brocken. Vielleicht ist Murray bald auch schon wieder an einem Grand-Slam-Turnier zu sehen. Schliesslich gilt das Hartplatz-Turnier in Cincinnati auch als Vorbereitung auf die US Open in New York. 

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