In Rotterdam fährt Andy Murray nach einer Durststrecke seinen ersten Sieg auf ATP-Stufe seit sechs Monaten ein. Nach dem Befreiungsschlag wendet sich der Schotte an seine Kritiker.
Andy Murray hat sich den Auftakt in die neue Tennissaison mit Sicherheit anders vorgestellt. Ein positiver Coronatest verunmöglicht ihm die Teilnahme an den Australian Open in Melbourne, stattdessen startet der Schotte bei einem Challenger-Turnier in Italien ins neue Tennisjahr.
Etwas überraschend verpasst Murray in Biella allerdings den Turniersieg, im Endspiel gegen Illja Martschenko (ATP 177) verbucht er gar nur vier Spielgewinne. Beim ATP-Turnier in Montpellier eine Woche später setzt es mit der deutlichen Startniederlage gegen Egor Gerasimov (ATP 76) den nächsten Rückschlag ab.
Am gestrigen Montag steht Murray auch in Rotterdam vor dem frühen Aus in der ersten Runde. Gegen Robin Haase (ATP 193) muss der 33-Jährige lange unten durch, rettet sich nach verlorenem Startsatz aber mit Ach und Krach in den entscheidenden dritten Durchgang. Dort kämpft er sich nach einem 0:3-Rückstand doch noch zum Sieg – seinem ersten auf ATP-Stufe seit geschlagenen sechs Monaten.
Murray: «Ich spiele gerade um meine Karriere»
«Es war hart. Das Tennis war zeitweise nicht schön», analysiert Murray nach dem verwandelten Matchball im Platzinterview. «Es gab Momente, in denen ich ein paar schöne Bälle gespielt habe, aber es war sehr inkonstant.» Vor allem physisch fühle er sich aber viel besser als zuletzt. «Körperlich fühle ich mich im Moment gut, aber du weisst nicht, was um die Ecke ist. Und das ist, worüber ich mir mehr Sorgen mache als über mein Tennis», so Murray.
Zudem sendet Murray eine deutliche Botschaft an seine ärgsten Kritiker, die ihn mehrfache bereits abgeschrieben zu haben scheinen. «Jedes Mal wenn ich ein Match verliere, wird mir gesagt, dass ich zurücktreten soll. Dass ich aufhören soll, Tennis zu spielen. Dass ich fertig bin und nichts mehr übrig habe – oder was auch immer», sagt der Schotte und fügt an: «Ich habe das Gefühl, dass ich gerade um meine Karriere spiele, jedes Mal wenn ich auf den Platz trete – was in gewisser Weise eine Motivation ist. Aber es bringt auch ein bisschen zusätzlichen Stress».
Das führe bei ihm teilweise auch zu Zweifel – insbesondere weil er mit einer künstlichen Hüfte unterwegs sei. «Es ist eine grosse Herausforderung für mich und eine, der ich mich direkt stellen werde. Aber es ist gerade nicht einfach, die letzte Monate waren ein ziemlicher Kampf», gesteht Murray. Und einfacher wird es wohl nicht: Im Achtelfinal von Rotterdam droht Murray ein Duell mit dem formstarken Russen Andrej Rublev, der Weltnummer 8. Murray selbst, einst Weltranglistenerster, ist derzeit nur noch im 123. Rang klassiert.