Das müssen Sie wissen Ohne zu spielen: So kämpfen Federer und Nadal um die Nr. 1

sda

26.3.2018

Seit dem Final von Schanghai im letzten Oktober ist der Kampf der beiden Altmeister Roger Federer und Rafael Nadal um die Nummer 1 in der Weltrangliste ein Fernduell. Das wird auch in den nächsten mindestens zwei Monaten so bleiben – mit vertauschten Rollen.

Für sechs Wochen wird er also zurück auf dem Thron gewesen sein, Roger Federer, der älteste Weltranglisten-Erste. Zwei verlorene entscheidende Tiebreaks bremsten den Höhenflug des 36-jährigen Baslers in den letzten Tagen nach 17 Siegen in Folge zum Jahresauftakt abrupt. Ab April wird wieder Rafael Nadal als Nummer 1 geführt, obwohl der Spanier seit dem Australian Open verletzt aussetzt.

Den Ausschlag zugunsten Nadals gibt primär Federers Auftaktniederlage in Miami gegen Thanasi Kokkinakis. Aber auch die 400 Punkte, die ihm vor einer Woche durch die drei vergebenen Matchbälle im Final von Indian Wells durch die Lappen gingen, fallen ins Gewicht. Im Vorjahr hatte Federer in den Sonnenstaaten das sogenannte «Sunshine Double» gewonnen und so nach dem Triumph beim Comeback am Australian Open die Basis für den erfolgreichen Gipfelsturm elf Monate später gelegt. Nun wird der Sieger in Miami zum ersten Mal seit 2010 nicht Roger Federer, Novak Djokovic oder Andy Murray heissen.

Nadal muss mehr als 4500 Punkte verteidigen

Ein Rollentausch in den April- und Mai-Wochen ist nun durchaus denkbar. Nur 100 Punkte wird die Differenz im ersten April-Ranking betragen. Derweil Federer wie im Vorjahr auf sämtliche Sandturniere verzichtet und demnach und erst im Juni wieder ins Turniergeschehen eingreift, geht es für Nadal bis dahin ans Eingemachte. Saftige 4680 Punkte hat er zu verteidigen. Der Spanier hat 2017 der Reihe nach die Turniere von Monte Carlo (Masters-1000), Barcelona (500) und Madrid (1000) gewonnen, dazu – zum zehnten Mal – das French Open. Einzig in Rom (1000) triumphierte der Sandkönig nicht, geschlagen im Viertelfinal von Dominic Thiem.

Während Nadal hofft, rechtzeitig auf seiner bevorzugten Unterlage wieder bei Kräften zu sein, geht Federer den umgekehrten Weg und taucht für mehrere Wochen ab. «Ich brauche eine längere Pause und einen grossen Trainingsblock», kündigte der Schweizer nach dem Scheitern in der 2. Runde von Miami an, sein Tennis sei auch schon in Indian Wells nicht perfekt gewesen. Darum: «Es liegt viel Arbeit vor mir.»

Die Niederlage gegen Thanasi Kokkinakis, den unerschrockenen, aber durch Verletzungen weit zurückgeworfenen Herausforderer aus Adelaide, dessen Spielweise Federer erst von gemeinsamen Trainings kannte – sie kam überraschend. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 verlor Roger Federer in Miami sein Auftaktspiel, zum ersten Mal seit 2014 ging er zweimal in Folge als Verlierer vom Platz, und erst zum zweiten Mal seit 2002 (Mario Ancic in Wimbledon) verlor er gegen einen Spieler von ausserhalb der Top 150. Das erste Mal war im Vorjahr Tommy Haas in Stuttgart gewesen bei dessen Abschiedstournee.

Nicht Federers Tag

Gewiss, der lange verletzt gewesene Thanasi Kokkinakis ist besser als sein Ranking (ATP 175). Auf dem Weg zu seinem bisher grössten Sieg bewies der 21-jährige Qualifikant Nervenstärke und wuchs dank cleverer Taktik und viel Topspin bei der Vorhand über sich hinaus. Doch Federer hatte die Niederlage auch sich selbst zuzuschreiben, schien er den Australier doch im ersten Satz im Griff zu haben, obwohl er schon da unter seinem Niveau der letzten Monate spielte. Letztlich zeigte die Partie, wie nahe im Tennis ein dominanter Sieg und eine Niederlage beisammen liegen.

Federer hatte das Unheil kommen sehen: «Ich fühlte mich einfach nicht wohl. Ich spürte den Ball nicht, antizipierte schlecht, und auch die Beinarbeit war nicht gut.» Bei den wichtigen Punkten seien die Dinge ausserdem gegen ihn gelaufen: «Immer wenn ich eine Chance hatte, passierte etwas Schlechtes, traf ich einen schlechten Entscheid oder er einen guten. Es begann Anfang des zweiten Satzes, als er mir das erste Break geradezu schenken wollte, ich die Einladung aber nicht annehmen konnte. In der Folge hatte ich zehn schlechte Minuten, die mich den Satz und vielleicht auch den Match kosteten.» Er kassierte das Break zum 1:3, später vergab er im Entscheidungssatz Breakbälle zum 4:2.

Seine Analyse war auch diesmal treffend, und Federer wusste auch schon, wo es die Hebel anzusetzen gilt. Die Weltrangliste spielt bei den Planspielen keine Rolle: «Sie ist egal, zu diesem Zeitpunkt völlig unwichtig. Jetzt zählt Anderes.» Klar: die Pause und der grosse Trainingsblock. Warum auch sollte er 2018 etwas anders machen als im grandiosen letzten Jahr? 3245 Punkte hatte er 2017 im Jahresranking nach Miami. Nun sind es 3110 – 1305 mehr als sein erster Verfolger Del Potro und 2750 mehr als Nadal.

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