Adria Tour «Party time» mit Novak Djokovic – ist die Kritik gerechtfertigt?

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14.6.2020

Kontrovers: Novak Djokovic legt sich bei der Adria Tour ins Zeug. Auf Abstandsregeln wird keine Rücksicht genommen.
Kontrovers: Novak Djokovic legt sich bei der Adria Tour ins Zeug. Auf Abstandsregeln wird keine Rücksicht genommen.
Bild: Screenshot Twitter

An der Adria Tour scheiden sich die Geister: Ist es in Zeiten von Corona verantwortungslos, ein solches Turnier in dieser Form durchzuführen oder ist es das gute Recht der Organisatoren, die sich an die Vorgaben ihres Landes halten?

Je nach Sichtweise sind es verstörende Bilder, die uns an diesem Wochenende aus Belgrad erreichen. Oder eben Balsam auf die geschundenen Corona-Wunden.

Dicht an dicht stehen und sitzen die Zuschauer im «Novak Tennis Center». Spieler posieren mit Fans für Fotos. Ballkinder rennen den Filzkugeln nach und freuen sich über die Nähe zu den Stars. Das Rahmenprogramm bietet laute Musik, ein DJ und eine populäre Pianistin heizen ein. Lokalmatador Novak Djokovic singt, tanzt und ist an diesem Wochenende vor allen Dingen eines: gut gelaunt. Vereinzelt sind Masken zu sehen, aber das generelle Ambiente der Adria Tour lässt nicht im Entferntesten erahnen, dass es sich um einen Show-Wettkampf während der Corona-Pandemie handelt.

Mit Dominic Thiem, Alexander Zverev und Grigor Dimitrov kann sich auch das Teilnehmerfeld der Veranstaltung, deren Einnahmen wohltätigen Zwecken zugute kommen, sehen lassen. Schon bei deren Ankunft wurde klar: Der Event macht auf Normalität. Umarmungen hier, Händeschütteln dort. Zverev sagt: «Der Anlass bedeutet mir viel. Als wir die Tour gestartet haben, wussten wir nicht, ob wir Zuschauer haben dürfen, jetzt dürfen wir.» Und Dominic Thiem meint zum Ambiente in Belgrad: «Ein voller Center Court ist ein Traum für jeden Spieler.»

«Ich kann nicht glauben, was ich hier sehe»

Es war damit zu rechnen, dass die demonstrative Nonchalance von Spielern und Organisatoren Kritik provozieren würde. Ungeachtet der Tatsache, dass man in Serbien viel tiefere Corona-Fallzahlen zu beklagen hat als andernorts. 



Nicht nur innerhalb Europas, gerade auch in Übersee mehren sich aber negative Stimmen. Der bekannte Tennis-Journalist Nick McCarvel löste mit einem Tweet zahlreiche emotionale Reaktionen aus, als er schrieb: «Die Bilder der Adria Tour sind schockierend. Spieler fordern Sicherheitsvorkehrungen für die US Open und sagen, dass sie vielleicht nicht spielen werden. Sie sind aber offensichtlich damit einverstanden, in einem vollen Stadion anzutreten, Umarmungen zu geben, das Mikrofon zu teilen und für Selfies zu posieren. Ich kann nicht glauben, was ich hier sehe.»

Damit stach McCarvel in ein Wespennest. Aufgebrachte User argumentieren, dass man die Situation in Serbien nicht mit jener in den USA vergleichen könne. Schon seit einem Monat lockern die Behörden im Balkanstaat schrittweise die Einschränkungen, die im Zuge der Corona-Krise eingeführt wurden. Man habe die Situation im Gegensatz zu anderen Ländern im Griff, so der Tenor. «Pro eine Million Einwohner hat Serbien 36 Todesopfer zu beklagen. Die USA 348», schreibt eine Userin und untermauert ihre Aussage damit statistisch. 

Andere User vergleichen den «harmlosen» Anlass in Belgrad mit den weltweiten Protesten im Zuge der «Black-Lives-Matter-Bewegung». «Das war viel schockierender», schreibt etwa @jita65 bei Twitter. 

Ein weiterer User merkt ebenfalls an, dass man New York («Das Epizentrum») und Belgrad nicht vergleichen könne. «Es werden keine Regeln gebrochen.»

User @dar_aus ärgert sich dagegen über Novak Djokovic. Er sei ein «Heuchler». Auf der einen Seite behaupte er, eine Teilnahme an den US Open würden ein Gesundheitsrisiko mit sich bringen. «Auf der anderen Seite ignoriert er das Social Distancing bei diesem Turnier.»

Djokovic hatte vor einigen Tagen gesagt, dass er im Herbst angesichts der Probleme in den USA voraussichtlich nicht nach New York reisen und sich dagegen auf die French Open vorbereiten werde. «Natürlich wollen wir alle so schnell wie möglich auf den Court zurückkehren – vor und an den US Open», erklärte er. Aber es müsse eine Übereinkunft zwischen Spielern und Organisatoren geben. Davon ist man augenscheinlich weit entfernt und man dürfte sich auch übers Wochenende nicht näher gekommen sein. 

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