Favoritencheck So stehen die Chancen bei den Australian Open für Federer & Co.

Von Syl Battistuzzi

16.1.2020

Trotz misslicher Luftqualität gilt auch in Melbourne die Devise: «The Show must go on.» Vor Turnierbeginn macht «Bluewin» den Favoriten-Check.

Nr  1

Der Titelverteidiger

Novak Djokovic

Der Serbe war 2019 nicht aufzuhalten: Sieg bei den Australian Open und Wimbledon und Halbfinaleinzug bei den French Open. Nur bei den US Open scheiterte er frühzeitig im Achtelfinal – auch verletzungsbedingt – an Stan Wawrinka.

Jetzt will der Schützling von Goran Ivanisevic nicht nur seinen Titel verteidigen, sondern auch die Nummer 1 von Nadal zurückholen. In Melbourne hat Djoker stolze siebenmal die Trophäe geholt. An seinem selbsterklärten Lieblingsturnier hat der 32-Jährige stolze 89 Prozent seiner Spiele gewonnen. Wie man am ATP Cup sehen konnte, kann ihn in Topform derzeit niemand stoppen. Es müsste schon ein kleines Wunder geschehen – oder eine Verletzung – um die erfolgreiche Titelverteidigung zu verhindern.


Nr  2

Der Unbequeme

Daniil Medvedev

2019 etablierte sich der Russe in den Spitzenrängen. Zwar verlor er in Melbourne im Achtelfinale gegen Dominator Djokovic, doch im Herbst kletterte der 23-jährige Russe sogar auf Rang 4 der Weltrangliste und erreichte das US-Open-Final.

Nach sechs Finalteilnahmen in Folge unterlag er dort aber Nadal. Mit seinem unkonventionellen Spiel kann er jedem Gegner wehtun. Medvedev ist wohl der Spieler, welcher Djokovic über fünf Sätzen am meisten weh tun kann.


Nr  3

Das Fragezeichen

Roger Federer

Der Rekord-Grand-Slam-Sieger hat sechsmal die Australian Open gewonnen, letztmals 2018. Doch letztes Jahr verpasste er es (haarscharf), einen weiteren Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Vor den Australian Open pausierte er und spielte nur bei Exhibitions mit. So ist ungewiss, ob er in Down Under rasch auf Betriebstemperaturen kommt.

Er selbst zählt sich als 38-Jähriger naturgemäss nicht zum Topfavoriten. Doch auf Hardcourt ist der Schweizer immer noch brandgefährlich. Wenn Federer in Fahrt kommt, kann er auch als einer der wenigen Allrounder Djokovic in Bedrängnis bringen.


Nr  4

Der Profiteur

Rafael Nadal

2019 verblüffte Rafael Nadal nicht nur als Sandplatz-Spezialist bei den French Open, sondern erreichte auch bei den Australian Open das Finale, in Wimbledon das Halbfinale und triumphierte bei den US Open. Auch beim ATP Cup kam er ins Endspiel, musste sich dort aber Djokovic geschlagen geben. So ist zwar aus dem Mallorquiner ein ausgezeichneter Hartplatzspieler geworden, trotzdem stehen ihm hier seine beiden Erzrivalen Djokovic und Federer vor der Sonne.

2014 siegte die aktuelle Weltnummer 1 das letzte Mal gegen den Schweizer, gegen den Serben ist seine Bilanz noch schlechter: 9 Siege in Serie und 19 Mal ohne Satzverlust dominierte ihn Djokovic klar auf den Hartplätzen. So muss Nadal einerseits darauf hoffen, dass Federer ohne Spielpraxis schwächelt und andererseits Djokovic irgendwie aus dem Tableau gekegelt wird, bevor er auf ihn trifft. Bei den US Open hat «Rafa» bewiesen, dass er eine solche Ausgangslage ausnützen kann.


Nr  5

Der Energiespieler

Stefanos Tsitsipas

Der Stern des Griechen ging letztes Jahr in Melbourne auf, als er Roger Federer im Achtelfinale eliminierte und danach ins Halbfinal stürmte. Anschliessend kam er zwar bei den French Open noch ins Achtelfinal, scheiterte aber sowohl in Wimbledon als auch bei den US Open in der Startrunde. Doch am Jahresende zeigte der 21-Jährige wieder, was in ihm steckt. Er setzte sich beim ATP Finale gegen alle Konkurrenten durch und holte sich so den (inoffiziellen) Titel als Weltmeister.

Mit seinem starken Service und den Allrounderqualitäten ist er für jeden Gegner unbequem. Manchmal stehen dem Hitzkopf jedoch noch die Emotionen im Weg, aber Tsitsipas schöpft daraus auch viel Energie. Mit seinem Spiel kann er auch Dominator Djokovic gefährden – die aktuelle Weltnummer 6 hat eine ausgeglichene Bilanz gegen ihn (2:2), was eine Seltenheit ist auf der Tour.


Nr  6

Der Pechvogel

Dominic Thiem

2019 musste der Österreicher bei den  Australian Open in der zweiten Runde verletzungsbedingt aufgeben, danach stürmte er aber ins French-Open-Final. Auf den guten Auftakt bei der Nordamerika-Tour folgte die enttäuschende Startniederlage bei den US Open, auch in Wimbledon hiess es nach der ersten Runde Koffer packen. Doch Thiem zeigte bei den ATP Finals eindrücklich, dass die Transformation vom Sandplatzspieler zum Allrounder gelungen ist und erreichte das Endspiel, welches er knapp verlor.

Zu seinem Headcoach Nicolas Massu kommt nun auch noch Landsmann Thomas Muster hinzu, welcher vielleicht das entscheidende Mosaikstücken ist. Doch weil er beim ATP Cup nur einen Sieg aus drei Partien holte, fiel er in der Weltrangliste hinter Medvedev auf Nummer 5 zurück. So trifft er nicht erst im Halbfinale auf einen der Big 3, sondern muss im schlimmsten Fall hintereinander Djokovic, Federer und Nadal bezwingen. Selbst für einen Thiem in Bestform sicher eine Herkulesaufgabe.


Nr  7

Der Unkonstante

Stan Wawrinka

Je zweimal Endstation in der zweiten Runde sowie in den Viertelfinals: Dies die Bilanz vom Romand bei den Grand Slams 2019. Doch im Gegensatz zu seiner Konkurrenz schlummert im 34-Jährigen das Wissen, wie man die Big 3 bei den Majors bezwingt. Wawrinka wurde in den letzten Jahren öfters von Verletzungen gestoppt, doch wenn der Marathon-Man in Schwung kommt, ist er nur schwer aufzuhalten.

Doch die Konstanz hat in jüngerer Zeit gelitten. So ist er zwar immer noch für einen Exploit gut, doch zwei Wochen am Stück Tennis auf seinem höchsten Level abzurufen wird ein äusserst schwieriges Unterfangen. Doch einen fitten Wawrinka abzuschreiben, wäre törricht. Drei Grand-Slam-Siege können dies bezeugen.


Nr  8

Der Relaxte

Nick Kyrgios

Der Lokalmatador scheiterte 2019 in Melbourne bereits in der Startrunde, danach lief es bei den anderen Grand Slams auch nicht viel besser. Doch der 24-Jährige hat in den letzten Monaten eine erstaunliche Wandlung durchgemacht: Nachdem er für sein Verhalten eine Rekordstrafe erhielt und nur auf Bewährung auf der ATP Tour mitspielen darf, scheint dem extravaganten «Bad Boy» die auferlegte Disziplin sichtlich gutzutun.

Sein Konzentrationslevel ist markant gestiegen, und beim ATP Cup überzeugte er in seinen Spielen durch seinen Service und die Powerschläge. Wenn der Aufschlag bei ihm läuft, kann er bei seiner Konkurrenz viel Schaden anrichten. Schaden beheben will er dagegen mit seinem Engagement gegen die Buschbrände, wo er an vordester Front für Unterstützung kämpft. Das Publikum könnte den Australier weit tragen – verdient hätte es der Spektakelspieler allemal.


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