Jubiläum Federer – Djokovic zum 50. Mal: Drama, Spektakel, Erzrivalen

Von Luca Betschart

29.1.2020

Treffen am Donnerstag in Melbourne zum 50. Mal aufeinander: Roger Federer und Novak Djokovic.
Treffen am Donnerstag in Melbourne zum 50. Mal aufeinander: Roger Federer und Novak Djokovic.
Bilder: Getty

Im Halbfinal der Australian Open kommt es zum Gipfeltreffen zwischen Roger Federer und Novak Djokovic. «Bluewin» blickt auf die denkwürdigsten Aufeinandertreffen zurück.

Nach seinem 102. Einzelsieg in Melbourne trifft Federer in seinem 46. Grand-Slam-Halbfinal am Donnerstag auf Novak Djokovic (Live-Ticker ab 9:30 Uhr). In das 50. Duell der beiden, die zusammen 13 der letzten 16 Titel in Melbourne gewonnen haben, steigt Federer für einmal als klarer Aussenseiter. Während Novak Djokovic in dieser Saison in elf Partien noch ungeschlagen ist, kämpfte sich Federer mit Ach und Krach in die Halbfinals, ohne dabei einen Spieler aus den Top 40 schlagen zu müssen. Zudem stellt sich die Frage, wie fit Federer antreten kann.


Die letzten Duelle sprechen auch nicht für den Schweizer Herausforderer, der zwar an den ATP-Finals in London im vergangenen Jahr Djokovic besiegte, die letzten fünf Begegnungen gegen den Serben an Grand-Slam-Turnieren aber alle verlor, zuletzt 2019 im epischen Wimbledon-Final nach zwei vergebenen Matchbällen. Aber schön der Reihe nach. Hier das aktuelle Head-to-Head:

Leicht im Rückstand: Federer hat 23 Siege in 49 Duellen gegen Novak Djokovic vorzuweisen.
Leicht im Rückstand: Federer hat 23 Siege in 49 Duellen gegen Novak Djokovic vorzuweisen.
Bild: atp.com

Bevor es weitergeht – wie tippen Sie?


   1.

Das erste Duell

Monte Carlo 2006

Vor mehr als 13 Jahren begegnen sich Federer und Djokovic beim Sandplatzturnier in Monte Carlo zum ersten Mal auf der Tour und liefern sich sogleich einen harten Schlagabtausch über drei Sätze. Der aufstrebende Serbe kann dem Dominator der vorhergehenden Jahre den zweiten Satz abnehmen, muss sich letztlich aber mit 3:6, 6:2 und 3:6 geschlagen geben. Dennoch deutet der damals 18-Jährige an, dass er Federer in Zukunft durchaus Probleme bereiten kann. Die Rivalität ist geboren.


   2.

Der perfekte Tweener

US Open 2009

In New York strebt der topgesetzte Federer 2009 seinen sechsten (!) Triumph in Folge an und spielt sich ohne grosse Probleme in den Semifinal. Dort wartet einmal mehr Novak Djokovic. Es ist inzwischen schon das 13. Duell, erst viermal muss Federer bis dahin als Verlierer vom Platz. In einer äusserst ausgeglichenen Partie gelingt es dem Schweizer, jeweils in den wichtigen Momenten eine Schippe draufzulegen. Den ersten Satz holt er sich im Tiebreak, im zweiten Satz breakt er Djokovic im letztmöglichen Moment zum 7:5.

Im dritten Satz kann er beim Stand von 4:4 Breakbälle abwehren, um kurz darauf selbst zuzuschlagen – und wie! Bei 0:30 kann der Schweizer einen gut gespielten Lob seines Kontrahenten nicht nur erlaufen, sondern den Punkt gegen den aufgerückten Djokovic mit einem perfekt geschlagenen «Tweener»-Passierball noch gewinnen. Das Stadion steht Kopf. Danach realisiert Federer das Break und serviert den Match souverän nach Hause. Im Endspiel allerdings unterliegt er dann Juan Martin del Potro. Federer wartet noch heute auf seinen sechsten US-Open-Titel.


   3.

Der perfekte Return

US Open 2011

10. September 2011: Mit nur einem Satzverlust zieht Roger Federer in Flushing Meadows erneut in den Halbfinal ein. Dort trifft er erneut auf Novak Djokovic. Mit dem Serben hat der Schweizer noch eine Rechnung aus dem Vorjahr offen, als er trotz zwei Matchbällen in fünf Sätzen verliert (7:5, 1:6, 7:5, 2:6, 5:7) und die Segel streichen muss. Federer beginnt stark, holt sich die ersten beiden Sätze 7:6 und 6:4 – und scheint sich für die Niederlage im Vorjahr revanchieren zu können. Dann meldet sich Djokovic aber eindrücklich zurück und macht den 0:2-Satzrückstand im Eiltempo wett.

Im fünften Satz begegnen sich die beiden dann auf Augenhöhe und nach über drei Stunden Spielzeit hat Federer beim Stand von 7:6, 6:4, 3:6, 2:6, 5:3 und 40:15 zwei Matchbälle. Dann der Wendepunkt: Djokovic retourniert Federers Aufschlag mit vollem Risiko und schlägt einen Returnwinner der Extraklasse – für John McEnroe «einer der grössten Schläge der Geschichte». Mithilfe der Netzkante wehrt der Serbe auch den zweiten Matchball ab und holt sich das Break zurück. Im Anschluss gewinnt Federer kein einziges Game mehr und muss Djokovic – wie bereits im Vorjahr – nach vergebenen Matchbällen zum Sieg gratulieren.


   4.

Die Rückeroberung

Wimbledon 2012

Ein Jahr zuvor gewinnt Novak Djokovic in Wimbledon erstmals und zählt auch 2012 zum engsten Favoritenkreis. Dazu gehört aber auch Federer, der inzwischen bei sechs Wimbledon-Titeln angekommen ist und sich sein «Wohnzimmer» in diesem Jahr unbedingt zurückerobern will. Ohnehin wartet der Schweizer zu diesem Zeitpunkt seit mehr als zwei Jahren auf einen Titel an einem Major. Hoch motiviert legt Federer los wie die Feuerwehr und liefert mit Ausnahme eines Durchhängers im zweiten Satz eine erstklassige Leistung ab. Der Maestro gewinnt 6:3, 3:6, 6:4 und 6:3 und zieht ins Endspiel ein. Dort lässt er sich auch von Andy Murray nicht stoppen – Wimbledon-Titel Nummer sieben ist Tatsache.


   5.

Die vielleicht bitterste Niederlage

Wimbledon 2019

Die Wunden sind noch frisch und bei manchen Federer-Fans wohl noch nicht ganz verheilt. Dennoch darf der epische Wimbledon-Final des letzten Sommers in dieser Auswahl nicht fehlen. Nach dem Halbfinal-Sieg über Rafael Nadal spielt der Baselbieter auch im längsten Wimbledon-Final der Geschichte gegen Djokovic gross auf und hat das Spiel gegen den Titelverteidiger zu grossen Teilen im Griff.

Zwar verliert Federer den ersten und dritten Umgang im Tiebreak, er meldet sich allerdings zweimal zurück und zwingt den Serben in den fünften. Als Federer im Entscheidungssatz, in dem er zwischenzeitlich mit 2:4 in Rücklage gerät, den Servicedurchbruch zum 8:7 realisiert, ist der neunte Wimbledon-Triumph ganz nah. Und als er im folgenden Aufschlagsspiel 40:15 vorlegen kann und zwei Matchbälle hat, scheint der Mist geführt. Den Rest der Geschichte kennen wir: Federer kann beide Matchbälle nicht nutzen und verliert beim Stand von 12:12 auch das dritte Tiebreak des Tages – und damit nach beinahe fünf Stunden auch die Partie.


   6.

Die Revanche

World Tour Finals 2019

Rund vier Monate später treffen sich Federer und Djokovic erneut in London. Diesmal geht es im letzten Gruppenspiel an den World Tour Finals um den Halbfinal-Einzug. Federer gewinnt erstmals seit vier Jahren wieder – und dies mit einer nahezu perfekten Darbietung.

Der Baselbieter dominiert seinen Rivalen mit elektrisierender Leichtigkeit und nimmt Revanche für die so schmerzhafte Finalniederlage in Wimbledon. Nach der Gala des Maestros zollt auch der Serbe seinem Gegner nichts als Respekt.

Es ist mal wieder einer dieser Abende, an denen Federer absolut nicht aussieht wie ein Tennisspieler auf der Zielgeraden seiner Laufbahn. Er schwebt leichtfüssig über den Platz, serviert krachend und präzise, spielt variantenreich und beinahe fehlerlos. Federer dominiert die Partie vom ersten bis zum letzten Ballwechsel. Fortsetzung folgt? Am Donnerstag ab 9:30 Uhr Schweizer Zeit haben wir Gewissheit.


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