Obwohl er zwischenzeitlich nur noch ein Racket zur Verfügung hat, stürmt Nick Kyrgios in Washington zum Turniersieg. Bei Matchball holt er sich jeweils Hilfe aus dem Publikum – und gewinnt so auch die Herzen der Fans.
Auf dem Weg zu seinem sechsten ATP-Titel eliminiert Nick Kyrgios mit Stefanos Tsitsipas und Daniil Medvedev gleich zwei Spieler aus den Top Ten, muss im gesamten Turnier nur einen Satz abgeben und schlägt in sechs Partien ganze 110 Asse. Der Australier zeigt sich aber nicht nur beim Aufschlag in einer beeindruckenden Verfassung, brilliert mit seinen «Trick-Shots» regelmässig, ohne allerdings die Effizienz zu verlieren.
«Wir wissen alle, wie Nick spielen kann, wenn er Lust hat. Ich denke, in dieser Woche hatte er Lust», stellt Finalgegner Daniil Medvedev nach dem verlorenen Endspiel anerkennend fest. In der Tat zeigt sich der 24-Jährige über die ganze Woche in bester Spiellaune und scheint so richtig Spass am Tennis spielen zu haben.
Wie ein Eishockeyspieler
Kein Wunder, läuft der Australier in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten auch abseits des Spielgeschehens so richtig heiss und sorgt beinahe im Minutentakt für Unterhaltung. Als Kontrahent Tsitsipas im Halbfinal neue Schuhe aus der eigenen Box braucht, eilt Kyrgios zu Hilfe und überreicht diese dem Griechen eigenhändig.
Im gleichen Match feiert er einen Punktgewinn mit den Zuschauern in der ersten Reihe, indem er einen nach dem anderen abklatscht – genau wie ein Eishockeyspieler nach einem Treffer die Teamkollegen auf der Bank.
Tipps von den Zuschauern
Im Viertelfinal gegen Norbert Gombos kommt Kyrgios bei eigenem Matchball auf die Idee, einen Zuschauer zu fragen, wo er seinen Aufschlag platzieren soll. Es funktioniert, der Australier gewinnt den Punkt und das Spiel. Deshalb versucht er es auch in Halbfinal und im Final – mit Erfolg. Dabei ist sich Kyrgios auch nicht zu schade, sich anschliessend für die Hilfe zu bedanken.
Viel Lob von Murray
Dass er trotz der Showeinlagen zwischen den Ballwechseln auf höchstem Niveau Tennis spielt, untermauert sein grosses Talent. «Wenn er sich mental auf die Spiele einlässt, ist er ein brillanter Tennisspieler. Weil er ein aufregendes Spiel hat, eine grosse Persönlichkeit ist und anders ist» kommt beispielsweise Andy Murray ins Schwärmen: «Die Leute geniessen es, sowas zu sehen – und ich auch.» Anders ist denn auch seine Vorbereitung auf mehrere seiner Auftritte in Washington: Kyrgios misst sich mit Kindern im Tischtennis – das neue Erfolgsrezept?
Alles läuft aber auch beim Australier nicht rund in einer «der besten Wochen meines Lebens», wie er nach dem Triumph verrät. Vor dem Endspiel habe er nämlich bemerkt, dass er nur noch ein Racket zu Verfügung habe. Unter anderem, weil er im Verlauf der Woche zwei davon zertrümmert und eines für einen wohltätigen Zweck gespendet hatte. Dank organisatorischem Geschick habe man aber rechtzeitig Nachschub besorgen können.