Vor 39 Jahren Die legendäre Tour-de-Suisse-Etappe von 1981: «De Godi isch en Sauhund»

SDA

15.6.2020 - 04:05

Die Aussage ist verbürgt und verbrieft: «Der Schmutz ist für mich gestorben.» Das Gezänk zwischen Beat Breu und Godi Schmutz entzündet sich in einer legendären Tour-de-Suisse-Etappe am 15. Juni 1981.

Heute vor 39 Jahren war die Tour de Suisse fest in Schweizer Hand. Godi Schmutz, Sepp Fuchs, Beat Breu – einer der drei würde sich am 19. Juni – die Schweizer Rundfahrt endete damals noch an einem Freitag – in Zürich als Sieger feiern lassen können.

Die 6. Etappe am Montag, 15. Juni, führte von Genf nach Brig. Aber man fuhr an dem Tag nicht einfach der Rhone und dem Rottu entlang das Wallis hinauf. Vielmehr sollte der Aufstieg von Sitten auf 1'500 Meter nach Crans-Montana das Teilstück animieren.

Schmutz' schmutziger Trick

Für den Bergfloh Beat Breu wäre es eine fabelhafte Gelegenheit gewesen, die gefährlichsten Widersacher abzuhängen. Die Sekunden oder Minuten, die er hätte herausklettern können, hätte er in der Abfahrt ins Tal eventuell verteidigt. Aber Breu hatte nicht mit Godi Schmutz gerechnet, jedenfalls nicht mit dessen schmutzigem Trick. Breu und Schmutz gehörten wie Fuchs dem gleichen Team an. Schmutz fuhr im Aufstieg zu Breu und sagte ihm, der Sportliche Leiter Auguste Girard habe entschieden, dass man aus taktischen Gründen nicht angreifen solle. Der gutmütige kleine St. Galler glaubte es. Girard selber wusste nichts von einer solchen Stallorder, wie sich später herausstellte.

Dafür griff dann, wieder unten im Tal, Godi Schmutz in einer Fluchtgruppe selber an, eine tatsächliche Stallorder missachtend. Breu, als Abfahrer und Roller kein Hirsch, drohte plötzlich viel Zeit zu verlieren, was Girard verhindern wollte. Deshalb hätte Schmutz Richtung Visp und Brig defensiv fahren sollen. Aber in einem TV-Zusammenschnitt war deutlich zu hören, wie Schmutz seinem Teamkollegen und Fluchtgefährten Erwin Lienhard zurief: «Fahre, fahre!» Für Schmutz lohnte sich das Ränkespiel vorerst. In Brig konnte er das Goldene Trikot des Leaders von Breu übernehmen. Mit einem Vorsprung von 83 Sekunden im Gesamtklassement.

Im Teamhotel in Brig, dem «Ambassador», trommelte Auguste Girard am Abend seine Fahrer zusammen. Jeder musste seine Sicht der Dinge darlegen. Für den Rest der Tour hatte Godi Schmutz die eigene Mannschaft gegen sich. Schmutz gab zu Protokoll: «Angeblich sind wir drei Captains. Ich bin jedenfalls nicht abgesetzt worden. Ich habe nichts anderes getan, als meine Chance wahrzunehmen. Natürlich bin ich ehrgeizig.»

Sepp Fuchs, mit damals 32 Jahren der älteste der drei Protagonisten, sagte: «Unter Profis ist Velofahren ein Mannschaftssport. Wer das nicht einsieht, wird in diesem Beruf nicht akzeptiert. Wenn Breu und Schmutz jetzt aufeinander losgehen, werde ich diese Tour vor Zürich beenden.»

«Wer von uns gewinnt, ist zweitrangig»

Dem Edelhelfer Stefan Mutter ging die ganze Sache, der Zwist in der eigenen Equipe, nahe. Er fand, es sei höchste Zeit, dass Girard Tacheles redete. «Die legere Atmosphäre in unserer Sportgruppe hat mir lange viel Spass gemacht. Aber jetzt musste etwas geschehen. Ich hätte mich nicht mehr länger zerrissen, ohne genau zu wissen, wozu. Girard machte allen klar, dass für jeden die Mannschaft im Vordergrund zu stehen hat. Wichtig ist, dass einer von uns diese Tour gewinnt. Wer, kommt erst in zweiter Linie.»

Auguste Girard äusserte sich anderntags so: «Jeder weiss, was gilt. Schmutz hat einen Fehler begangen, aber er ist jetzt unser bestklassierter Fahrer. Also richtet sich die Mannschaft nach ihm.»

Beat Breu sagte nach der nachfolgenden Etappe in Lugano die kurzen, klaren, unvergesslichen Sätze: «Für mich ist Schmutz gestorben.» Und: «De Godi isch en Sauhund.»

Das letzte Wort an jener Tour de Suisse war noch nicht gesprochen. Das Bergzeitfahren von Lugano auf den Monte Brè («Monte Breu») war auf Breus Fähigkeiten zugeschnitten. Er drehte den Spiess um. Auf dem wichtigsten Podest, jenem der Schlusswertung, stand der strahlende Breu in Zürich zuoberst. Für Godi Schmutz gab es keinen Platz auf dem Podest. Er beendete die Tour de Suisse 1981 als Vierter.

Um Beat Breu ranken sich noch viele Geschichten und Anekdoten. Es gibt auch Bonmots wie dieses. Heinz Pütz, dem seinerzeitigen Sportmoderator und -reporter des Schweizer Fernsehens, sei es nicht recht gewesen, wenn Beat Breu ihn mit zweifachem Lispeln begrüsst habe: «Grüezi Herr Pütz.» Deshalb habe er ihm das Du angeboten – was es aber nicht besser gemacht habe: «Sali Heinz.»

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