Heute vor 28 Jahren Als Toni Rominger seine Kritiker Lügen strafte

SDA

17.5.2020 - 04:04

Tony Rominger gewann am 17. Mai 1992 als erster Schweizer die Spanien-Rundfahrt. Heute lässt es der 59-jährige Zuger als Mitorganisator von Veloferien etwas ruhiger angehen.

Als Tony Rominger im April 1992 zur Vuelta startete, hatte er schon einige schöne Siege in seinem Palmarès stehen. Er gewann unter anderem eine Etappe des Giro d'Italia (1988) oder die Lombardei-Rundfahrt (1989). Auch bei der Tour de Romandie oder der Fernfahrt Paris-Nizza (jeweils 1991) war er schon als Gesamtsieger hervorgegangen.

Den Beweis, dass er eine dreiwöchige Rundfahrt ohne Einbruch überstehen kann, konnte der starke Zeit- und Bergfahrer bis dato allerdings noch nicht erbringen. Egal ob Giro, Tour de France oder Vuelta: Rominger baute nach starkem Beginn jeweils ebenso stark ab. Es hiess deshalb immer, zu einem grossen Rundfahrten-Sieg sei er nicht fähig.

Bei seiner achten Teilnahme an einer Grand Tour sollte alles anders kommen. Dabei verliefen für den Zuger die ersten Tage in Spanien alles andere als optimal. Nach einem Sturz in der 5. Etappe plagten Rominger Schmerzen an der Schulter und im Knie. Entkräftet büsste er im Zeitfahren zum Ende der ersten Woche enorm viel Zeit auf die Konkurrenz ein – der Gesamtsieg war erneut in weite Ferne gerückt.

Doch Rominger steckte die Tiefschläge weg. Er war in den Bergen stärker als alle anderen. Und als am drittletzten Tag erneut ein Zeitfahren anstand, fand er auch in seiner Spezialdisziplin zur alten Stärke zurück. Er deklassiert seine schärfsten Rivalen Pedro Delgado und Jesus Montoya regelrecht und wurde als erster Schweizer Etappensieger und zugleich Leader der Vuelta. «Jetzt kann mich nur noch ein Sturz stoppen», zeigte er sich selbstbewusst.

Rominger behielt Recht. Auch die letzte schwierige Prüfung über drei Pässe meisterte er – mit der Unterstützung seiner spanischen Clas-Mannschaft – mit Bravour. Am 17. Mai 1992 fuhr er als verdienter Gesamtsieger in Madrid ein.

Schweizer Jubeljahre

Für den Schweizer Radsport war es ein Triumph mit historischem Ausmass. Seit Carlo Clerici, der 1954 den Giro d'Italia gewann, war es keinem Schweizer mehr gelungen, eine der drei grossen Landesrundfahrten für sich zu entscheiden.

Mit seinem Gesamtsieg stand Rominger, der in seiner Karriere insgesamt 94 Profisiege feierte und damit sechs mehr als beispielsweise Fabian Cancellara, im Jahr 1992 am Beginn einer Schweizer Erfolgsserie an der Vuelta. 1993 und 1994 schaffte er es erneut zuoberst auf das Podest. Er ist bis heute der einzige Fahrer, der die Spanien-Rundfahrt dreimal in Folge gewinnen konnte. Nur Roberto Heras hat noch einen Vuelta-Triumph mehr auf dem Konto.

Alex Zülle führte 1996 die Schweizer Erfolgsserie an der Spanien-Rundfahrt fort, wobei Laurent Dufaux und Tony Rominger den Schweizer Dreifachsieg perfekt machten. Zülle doppelte 1997 nach. Das war das bisher letzte Mal, das an der Vuelta die Schweizer Nationalhymne gespielt wurde. Auch einen Schweizer Gesamtsieger bei einer Grand Tour gab es seither nicht mehr.

Kein Mann der grossen Töne

Rominger war nie der Typ, der den Rummel um seine Person geniessen konnte. Der Kontakt mit dem Publikum und den Journalisten schien im eher fremd. «Ich ziehe es vor, in Ruhe gelassen zu werden», sagte er etwa nach seinem ersten Vuelta-Sieg.

Seine starken Auftritte waren seinen Absichten natürlich nicht förderlich. 1995 gewann er auch den Giro. Nur der Triumph bei der Tour de France blieb ihm verwehrt. Dies lag vor allem an Miguel Indurain, mit dem sich Rominger in den Bergen einige legendäre Duelle leistete. Der Spanier gewann die Frankreich-Rundfahrt von 1991 bis 1995 fünfmal in Folge. Rominger schaffte es 1993 als Zweiter ebenfalls einmal aufs Podest.

Auch nach seinem Rücktritt im Jahr 1997 riss das Interesse an seiner Person nicht ab. Eine gescheiterte Ehe mit der Schlagersängerin Francine Jordi oder eine ungewollte Vaterschaft waren natürlich ein gefundenes Fressen für die Klatschpresse. Auch seines Berufes wegen geriet Rominger immer wieder in die Schlagzeilen. Nach seiner Profikarriere arbeitete der einstige Stunden-Weltrekordhalter unter anderem als Co-Kommentator im Fernsehen oder als Renndirektor der Tour de Suisse und betreute er Dopingsünder wie Alberto Contador oder Alexander Winokurow. Rominger selbst wurde nie positiv auf Doping getestet, obschon er all seine Erfolge in einer Zeit eingefahren hat, in der gerade EPO weit verbreitet war.

Auch heute noch ist der vierfache Schweizer Sportler des Jahres mit dem Radsport verbunden. Seit 2014 sitzt er in der Geschäftsleitung des Reiseveranstalters «Huerzeler Bicycle Holidays». Das vom ehemaligen Steher-Weltmeister Max Hürzeler gegründete Unternehmen organisiert Veloferien. Rominger ist für die Marketingbelange zuständig und radelt mit Kunden um die halbe Welt, wenn auch etwas gemächlicher als früher.

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